Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
Glas und eine halb volle Flasche vor sich. Den schwarzbärtigen Hünen sah er nirgendwo.
Einer der Kartenspieler stand auf und wünschte der Tischgesellschaft eine gute Nacht. Edward trat herunter neben die Stute, und als der Mann herauskam und ein großes Pferd mit Blesse bestieg, sagte er. »Verzeihung, Mister, könn’ Sie mir vielleicht sagen, wem dies Pferd hier gehört?«
Der Mann machte es sich in seinem Sattel bequem und blickte zu ihm hinunter.
»Würde dem Besitzer gerne ein Angebot für sie machen«, sagte Edward.
Der Mann trug eine Satteljacke von gutem Schnitt und einen makellosen weißen Hut. Sein Pferd schüttelte den Kopf, und er klopfte ihm beruhigend auf den Hals. »Nimm’s mir nicht übel, Junge«, sagte er, »aber du siehst nicht so aus, als könntest du auch nur den Preis für ein abgestandenes Glas Bier hinlegen. Ich denke, du solltest wissen, dass man in dieser Gegend einen Pferdedieb schneller aufhängt, als er ›Herr im Himmel‹ sagen kann.«
»Ich bin kein verdammter Pferdedieb.«
»Natürlich nicht. Aber wo wir gerade beim Thema sind: Keinem wünsch ich mehr, dass ihm sein Pferd gestohlen wird, als Marcus Loom. Wenn ich eine Stunde übrighätte, würd ich dir erzählen, was ich von diesem Hurensohn halte.«
»Gehört das Pferd hier diesem Marcus Loom? Ist er da drin?«
»Ja, ist er. Der Gauner mit dem roten Halstuch und dem langen Schnauzbart in der verlogenen Visage. Viel Glück, mein Junge.« Er wendete sein Pferd und dirigierte es die Straße hinunter.
Edward sah sich noch einmal im Raum um und hatte keine Mühe, Marcus Loom ausfindig zu machen. Er trug ein dünnes rotes Halstuch und einen dunklen Anzug mit breitkrempigem Spielerhut. Er saß mit dem Rücken zur hinteren Wand und teilte gerade lachend Karten für ein neues Spiel aus.
Draußen entdeckte Edward eine Kiste aus Kiefernholz, die an der Ecke des Gebäudes lehnte. Er trat sie mit dem Fuß ein und brach ein Kantholz heraus, drei Fuß lang und über zwei Inches im Quadrat. Er lehnte es gegen die Wand gleich neben dem Eingang und legte seine Deckenrolle daneben, dann stieß er die Türen auf. Die Männer an der Bar beobachteten, wie er direkt zum hinteren Tisch ging und dann dort stehen blieb und Marcus Loom ansah, während der Spieler seine Karten begutachtete. Die anderen drei Spieler blickten zu Edward auf und wirkten eher neugierig als beunruhigt über seine plötzliche Anwesenheit. Nur einer von ihnen trug eine Pistole an der Hüfte, soweit er sehen konnte.
Marcus Loom warf eine Karte weg, sagte: »
Dealer takes one
« und nahm sich eine Karte. Er prüfte sie und steckte sie vorsichtig in sein Blatt. Dann legte er behutsam die Karten mit dem Gesicht nach unten auf den Filz und lehnte sich mit einer Hand unterm Tisch zurück und blickte zu Edward auf.
»Tut mir leid, wenn ich beim Spielen störe«, sagte Edward, »aber mir wurde gesagt, Sie sind der, der mein Pferd reitet.«
Marcus Loom starrte ihn einen Augenblick lang an, als hätte man ihn in einer fremden Sprache angesprochen. Lächelte dann und sagte: »Wie bitte, Kleiner?« Er sah zu den anderen und zwinkerte. Einer kicherte.
»Die Stute da draußen gehört mir. Sie wurde mir bei der Fähre am Sabine unter den Füßen weggestohlen. Ich hab überall nach ihr gesucht, und jetzt habe ich sie gefunden und sage Ihnen nur Bescheid, dass ich sie mir wiederhole. Schätze, der Sattel gehört Ihnen, den lass ich auf der Veranda.«
Er wandte sich um und steuerte auf die Türen zu und hatte den halben Weg zurückgelegt, als Marcus Loom sagte: »Fass das Pferd an, Junge, und ich mach Hackfleisch aus dir.« Als er an dem Tisch mit dem schlafenden Betrunkenen vorbeikam, schnappte er sich die Whiskeyflasche und steckte sie sich in seine Jackentasche.
Er trat hinaus und warf einen Blick zurück und sah Marcus Loom, der sich mit finsterer Miene Richtung Türen bewegte, einen Bündelrevolver in der Hand. Er nahm das Kantholz, packte es fest mit beiden Händen und baute sich neben der Tür auf. Sie flog auf, und Marcus Loom trat heraus, die Pistole vor sich, die Augen auf die Stute gerichtet. Edward holte aus und schlug ihm ins Gesicht, und der dumpfe Schlag war vermutlich noch in der nächsten Straße zu hören. Als der Spieler gegen den Türrahmen prallte, ging der Bündelrevolver mit einem grellen gelben Blitz los, und die Pferde scheuten und zerrten an ihren Zügeln, die um die Anbindestange geschlungen waren. Marcus Loom ging mit schiefem Hut und blutüberströmter
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