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Das Böse im Blut: Roman (German Edition)

Das Böse im Blut: Roman (German Edition)

Titel: Das Böse im Blut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Carlos Blake
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Dreckskerl heranschleichen solle, um ihm den Schädel mit einem Felsen oder einem Ast zu spalten, entschied aber, die Frau, die ihm das Leben gerettet hatte, nicht zur Witwe zu machen. Ohne den Holländer wären sie und das Mädchen noch schlechter dran.
    Er kochte vor Wut. Er wollte verflucht sein, wenn er noch länger von guten Samaritern abhängig sein würde. Er kundschaftete Farmen aus sicherer Entfernung aus, stellte fest, ob Hunde oder jemand mit einer Waffe in der Nähe waren, prägte sich das nächste Gebüsch zu den Hühnerställen ein. Er stahl aus Maisfeldern und Gärten. Stahl einen Pfirsichkuchen, der zum Abkühlen am Küchenfenster stand, verschlang dann das ganze Ding in einem Eichenhain, wobei er sich den Mund verbrannte und danach eine Stunde lang unter Bauchschmerzen litt. Machte sich mit einem Abhäutemesser davon, das jemand unvorsichtigerweise auf einem Hackblock liegen gelassen hatte. Rannte mit einem schreienden und Federn verlierenden Huhn in Deckung in einen Wald, während vom Hühnerstall hinter ihm Gewehrsalven und Flüche hallten. Er war meilenweit vom Schauplatz der Tat entfernt, als er den Vogel endlich ausnahm, ihn an einem Stock briet und bis auf die Knochen aufaß.
    In frostigen Nächten machte er sich ein großes Feuer, saß dann mit der Decke über der Schulter davor und dachte nach, während er unter dem aufgehenden Mond die flackernden Flammen beobachtete. Wahrscheinlich war John schon in Nacogdoches eingetroffen und wartete auf ihn. Er lächelte bei dem Gedanken daran, wie sein Bruder lachen würde, wenn er ihm erzählte, was er alles hatte durchstehen müssen. Er war sicher, Johnny liebte dieses Land. Texas war alles, was man ihnen versprochen hatte. Die Kiefern waren groß und dick und in unvorstellbarem Überfluss vorhanden. Johnny würde mit Sicherheit ein flussnahes Stück Wald erwerben und keine Zeit verlieren wollen, sich ganz und gar einem Leben des Fällens, Sägens und Verkaufens hinzugeben. Er würde wahrscheinlich schnell ein Haus bauen, sich eine Frau nehmen und Söhne zeugen, der gute Johnny. Das war das natürliche Verlangen einer gewöhnlichen Seele. Dass er selbst dieses Verlangen nicht verspürte, hatte Edward schon seit Langem als den Makel eines rastlosen Wesens hingenommen, der sich vielleicht nie beheben ließ. Jeden Abend heftete sich sein Blick auf den weiten Himmel im Westen, der rot wie Blut loderte.
    5 An einem späten, kühlen, grauen Nachmittag betrat er die ehrwürdige Stadt Nacogdoches. Durch dieses Tor von Texas kamen die unterschiedlichsten verzweifelten Männer. Hier hatten Verschwörungen, Freibeuter-Expeditionen und Rebellionen ihren Ausgang genommen. Hier hatte die Republik Fredonia kurz und strahlend geleuchtet.
    Er erschien dort als ein schlurfender Schemen, seine Kleidung zerrissen und schmutzig, seine Stiefel rot von getrocknetem Schlamm, die Sohlen beinahe aufgelöst. Seine Füße waren wund, und die Haare hingen in Zotteln unter seinem ramponierten Hut hervor. Er trug seine Decke unterm Arm gerollt und das Abhäutemesser in seinem Stiefelrand. Doch er war guter Dinge, voller Vorfreude darauf, John zu finden, sich in Flora Bannions Etablissement mit den Mädchen auszuleben, schon bald sauber und frisch eingekleidet zu sein und ein Beefsteak mit einem Krug Bier hinunterzuspülen.
    Er kam an einem gepflegten, von Eichen beschatteten Friedhof vorbei, wo ein Totengräber seine Arbeit unterbrach, um ihn zu mustern. Nur sein Oberkörper war über der Erde sichtbar, und seine Augen lagen unter seiner Hutkrempe verborgen. Edward versuchte, ihn mit seinem Blick zum Wegsehen zu zwingen, doch der Totengräber blieb, die gelben Zähne bleckend, auf seiner Schaufel gelehnt und blickte ihm seelenruhig so lange hinterher, bis er die Straße ein gutes Stück hinuntergegangen war.
    Auf der Calle del Norte herrschte dichtes Gedränge von Wagen, Reitern und Passanten. Edward musste sehr achtgeben. Mitten auf der Straße brach plötzlich ein Hundekampf aus, und ein verängstigtes Maultier trat nach den Kämpfenden, worauf einer jaulend auf drei Beinen forthumpelte. Ein Banjo klimperte in einem schummrigen Saloon und eine Fiddle folgte seiner Melodie. Er starrte sehnsüchtig auf den dunklen Türeingang und lechzte nach etwas zu trinken. Dann sah er einen Mann, der auf einem gekippten Stuhl vor einem Kurzwarengeschäft saß und Zeitung las. Er ging hinüber und spähte auf die erste Seite. In der Schlagzeile ging es um Mexiko und Präsident Polk, das Datum

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