Das Böse in dir
Hast du mich verstanden?«
»Ja.«
»Und du wirst dich nicht daran erinnern, dass ich dich damit beauftragt habe und dass du die Frau geschubst hast. Du musst darauf achten, dass dich niemand sieht und dass du wieder in deinem Zimmer im Bett liegst, bevor sie sie finden. Hast du verstanden?«
»Ja. Kein Problem.«
Tee wurde von einem unbeschreiblichen Glücksgefühl ergriffen, einem Gefühl der Macht, wie er es noch nie erlebt hatte. Mein Gott, wenn das klappte, was es wahrscheinlich nicht tun würde – aber vielleicht ja doch. Nicht auszudenken, wozu er dann in der Lage sein und welchen Einfluss er so auf andere Menschen ausüben konnte. Das war eine Goldmine, eine Goldmine, die ihn reich machen würde. Er beschloss, sich eine Weile zu gedulden, um festzustellen, wie Jeff sich verhielt und ob er Anzeichen davon zeigte, dass er sich an die Anweisung erinnerte oder Angst hatte. Wenn alles funktionierte, würde er dafür sorgen, dass der Junge die Frau in zwei Tagen über den Jordan gehen ließ.
Ein Lächeln der Vorfreude auf den Lippen, holte er Jeff wieder aus der Trance.
»Also? Was ist passiert?«, fragte Jeff.
»Nicht viel. Aber du hast es gut gemacht.«
»Klar, warum auch nicht?«
Jeff drehte sich mit dem Gesicht zur Wand und schlief, immer noch schwer und benommen vom Drogeneinfluss, auf der Stelle ein. Tee legte sich in Buddys Bett und malte sich das Ableben von Maggie, der Hexe, in allen Einzelheiten aus. Es war selten, dass ein Erwachsener Tee nicht mochte, denn er gab sich große Mühe, sich einzuschmeicheln. Nur bei Maggie biss er auf Granit. Sie konnte ihn nicht ausstehen, beobachtete ihn mit Argusaugen und schien ihn zu durchschauen, so als wisse sie, dass er meistens etwas Böses im Schilde führte. Und diesmal stimmte es auch. Und sie würde dabei die Hauptrolle spielen.
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Siebzehn
Auf der Heimfahrt von Oak Haven nahm ich ohne nachzudenken den Umweg über die Landstraßen nördlich vom See. Und dann bog ich zu meiner eigenen Überraschung in die Staubstraße ein, die zu Joe McKays Haus führte. Fragen Sie nicht, warum. Ich hatte es wirklich nicht geplant; es geschah einfach von selbst. Als ich das letzte Mal mit knirschenden Reifen über diesen zugewucherten Kiespfad gerollt war, hatte ich neben Black im Humvee gesessen. Joe McKay hatte bei unserem Anblick sofort die Beine in die Hand genommen, was uns direkt zu einigen in schwarze Plastiksäcke verpackten verwesenden Leichen geführt hatte. Heute brauchte ich mir in dieser Hinsicht keine Sorgen zu machen. Mich ängstigte eher, warum ich plötzlich das Bedürfnis hatte, ihm einen Besuch abzustatten. Das Seltsame war, dass ich mich überhaupt nicht an die bewusste Entscheidung erinnerte, einen Hellseher mit einer Stippvisite zu beehren.
Joe McKay wohnte in einem alten Farmhaus. Ich stellte fest, dass er es seit unserer Verfolgungsjagd durch sein Maisfeld ziemlich aufgemöbelt hatte. Er hatte es ausgerechnet himmelblau gestrichen. Genauer gesagt, war er noch immer damit beschäftigt, als ich anhielt und den Motor abschaltete. Er stand auf einer Leiter neben der Veranda, und ich konnte nicht umhin zu bemerken, dass er das Hemd ausgezogen hatte. Nach seinen Muskeln zu urteilen, hatte er mindestens eine Million Hanteln gestemmt. Das lange Haar hatte er zu einem Pferdeschwanz im Nacken zusammengefasst, und seine Grübchen waren deutlich zu sehen.
Als ich ausstieg, kam er von der Leiter herunter. Elizabeth spielte in einem Sandkasten, einige Meter entfernt im Schatten einer großen, knorrigen Eiche. Sie trug ein rosa gestreiftes Sommerkleid und kleine weiße Sandalen. McKay hatte eine seiner Baseballkappen so eng wie möglich zusammengezogen und sie ihr auf den Kopf gesetzt, vermutlich, um ihr Gesicht vor einem Sonnenbrand zu schützen. Doch da darauf zwei rote Kardinale auf einem Baseballschläger prangten, fand die Kappe Gnade vor meinen Augen – wie vor denen aller anderen Einwohner von Missouri.
»Gut, Officer, ich ergebe mich.« McKay stützte sich mit den Handflächen an die Hauswand und nahm die Beine auseinander, als solle er durchsucht werden. »Tasten Sie mich ab, aber bitte gründlich.«
»Ha, ha, ha, McKay.«
Grinsend drehte er sich um und ging auf mein Auto zu. Er schwitzte, und seine nackte Brust glänzte in der Sonne. Aus Rücksicht auf Blacks Gefühle, und weil sich mein Puls leicht beschleunigte, wandte ich mich ab.
»Wow, Claire, ich hätte nicht gedacht, dass ich diesen Tag noch erlebe.
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