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Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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Lizzie auch.«
    Wurzeln. Ich wünschte, ich hätte auch welche gehabt. Aber Fehlanzeige. Außerdem wünschte ich, ich hätte meinen kleinen Jungen zurück, damit er auch auf meinem Schoß sitzen und Pepsi hätte trinken können. Doch auch das war nicht möglich. Es schnürte mir so die Kehle zu, dass ich kaum noch Luft bekam. Ich stand auf.
    McKay musterte mich stirnrunzelnd und fragte sich offenbar, was mit mir los war. »Ganz ruhig. Du machst mich ganz nervös. Habe ich dir was getan?«
    »Nein. Ich muss wieder an die Arbeit. Hier draußen verplempere ich meine Zeit.«
    »Danke.«
    »War nicht persönlich gemeint. Ich trete mit meinem Fall auf der Stelle.«
    »Setz dich. Gib mir deine Hand. Lass mich helfen.«
    Ich sah ihn an und fragte mich, ob ich mich aus diesem Grund hierher verirrt hatte. Weil ich hellseherische Unterstützung brauchte. Die hatte ich wirklich bitter nötig. Vielleicht konnte er mich ja wirklich auf die richtige Spur führen. Schaden würde es sicherlich nicht. Also setzte ich mich wieder und hielt ihm die Hand hin, die er mit seinen großen, von der Arbeit schwieligen Handflächen umfasste. Dann schloss er die ­Augen. Ich kannte die Prozedur schon.
    Kurz darauf öffnete er die Augen wieder und ließ meine Hand los. »Du musst auf der Hut sein.«
    »Oh? Was hast du gesehen?«
    »Nichts Gutes. Ich hatte kurz das Bild vor Augen, wie du im Wasser zappelst. Es war dunkel. Nacht. Aber mehr war da nicht. Sonst, Mann, das sage ich dir jetzt nur ungern, habe ich nur ein Foto von deinem kleinen Jungen gesehen. Glasklar, in einem weißen Rahmen mit Winnie-Puh-Muster. Und ich habe eine große Anspannung in deinem Körper gespürt. Brütest du vielleicht etwas aus? Eine Sommergrippe?«
    Im ersten Moment starrte ich ihn entgeistert an und versuchte dann, seine Worte durch einen Scherz zu entschärfen. »Seit wann heißt es denn Dr. McKay? Black nervt mich schon genug mit solchem Zeug.«
    »Du solltest auf ihn hören. Möglicherweise hast du ja irgendein gesundheitliches Problem. Manchmal steckt so etwas dahinter, wenn ich eine solche Anspannung wahrnehme.«
    »Organisch oder von außen zugefügt?«
    »Entweder oder. Vielleicht auch alles beide, wie ich dich kenne. Was macht übrigens der Fuß?«
    Bei meinem letzten Fall hatte ich eine leichte Schussverletzung am Fuß davongetragen. Und eine in der Schulter, beides eigentlich nur Kratzer. »Alles verheilt und in bester Ordnung.«
    »Sehr gut.«
    »Nun, ich muss jetzt los. Kümmere dich um Lizzie, versprochen?«
    »Sie ist mein Leben.« Ich wusste, dass er den schlichten Satz ernst meinte. McKay war ein guter Vater, ein besserer als die meisten.
    »Okay, ich bin dann mal weg. Bis bald.«
    »Das nächste Mal musst du zum Abendessen kommen. Ich backe dir dann wieder einen leckeren Apfelkuchen.«
    »Versuchst wohl immer noch, Mrs Smith Konkurrenz zu machen, was?«
    »Darauf kannst du wetten.«
    Während ich zum Auto ging, hob er Lizzie auf eine Hüfte und trug sie zur Veranda. Sie war müde, brauchte ihren Mittagschlaf, lehnte den Kopf an seine Schulter und ließ die Beinchen zu beiden Seiten herunterbaumeln. Wieder stürmten Erinnerungen auf mich ein. Kurz schloss ich die Augen, um sie zu vertreiben. Dann gab ich Gas, wendete den Explorer und verschwand, so schnell ich konnte.
    Auf dem Heimweg konnte ich an nichts anderes als an Zachary denken. Die Wälle und Schleusen, die ich errichtet hatte, um sein Gesicht wegzuschieben, wurden eingerissen, und meine Schutzmechanismen hielten dem Ansturm nicht stand. Sein niedliches Gesichtchen, der Albtraum, ihn in seinem winzigen Sarg zu sehen, die langen schwarzen Wimpern an Augen, die mir für immer verschlossen sein würden, die weichen blonden Locken, die ihm in die Stirn fielen, die abgewetzte blaue Decke mit dem Winnie-Puh-Muster über ihm, der kleine braune Teddy, unter seinen rechten Arm geschoben, wie er ihn immer mit sich herumtrug. Und der Bilderrahmen, den McKay so haargenau beschrieben hatte.
    Und ich dachte an mein Grauen und das abgrundtiefe Schuldgefühl, als ich davongegangen war und ihn auf diesem riesigen, schattigen, einsamen Friedhof im Westen von Los Angeles ganz allein gelassen hatte. Seit jenem Tag war ich nicht mehr dort gewesen; nie hatte ich mir gestattet, mir vorzustellen, dass er dort begraben lag. Nun wurde ich den Gedanken einfach nicht mehr los, und das Herz in meiner Brust schwoll auf die Größe eines Basketballs an.
    Als ich endlich den Kiesweg zu meinem Haus erreichte, legte ich einen

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