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Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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unterstützt er andere Flüchtlinge und besorgt ihnen politisches Asyl. Ich spreche hier von denen, die von der Einwanderungsbehörde abgelehnt worden sind.«
    »Und warum mischt eine kleine Bauchtänzerin wie Sie dabei mit?«
    »Mikey.«
    »Mikey Murphy?«
    »Ja.«
    »Sie waren mal mit ihm zusammen, stimmt das?«
    »Ja, für eine Weile. Bis ich wieder in meinen Heimatstaat gezogen bin.«
    »Okay, erzählen Sie weiter.«
    »Ich bin nach Dyersburg, und zwar wegen eines Typen, von dem ich dachte, dass ich ihn heiraten will. Doch wir haben uns getrennt, ich kam zurück und habe das Studio in Branson eröffnet. Da hat Mikey mich gefragt, ob ich seiner neuen Freundin helfen könnte, in den Staaten zu bleiben.«
    »Warum Sie?«
    »Weil ich sie bereits durch das Studio kannte.«
    Ich wandte mich an Li He. »Warum konnten Sie kein Einwanderungsvisum beantragen?«
    Während sie antwortete, weinte sie immer weiter und wischte sich mit einer schwarzen Papierserviette, auf die ein weißes Yin-Yang-Symbol aufgedruckt war, die Augen ab. In Wirklichkeit war sie noch zierlicher als auf den Fotos. »Weil sie mir nicht erlaubt hätten, zu bleiben. Ich bin seit meinem dritten Lebensjahr dafür ausgebildet worden, mit meinen Eltern in der Show aufzutreten, und gelte deshalb als Investition. Ich muss wieder nach Hause.«
    »Mikey hätte Sie begleiten können. Das Verhältnis zwischen unseren Ländern hat sich inzwischen geändert.«
    »Das hatte Mikey anfangs auch vor«, erwiderte Khur-Vay. »Doch dann beschloss er, dass er doch nicht in China leben wollte.« Sie warf einen langen Blick auf Li He und zögerte, bevor sie weitersprach. »Und sie kann nicht zurück. Sie ist schwanger.«
    Okay, nun verstand ich. »Das Baby ist von Mikey?«
    »Ja«, schluchzte Li He. »Und dann hat ihn jemand umgebracht.«
    »Aber, aber, Liebes«, sagte Khur-Vay zu Li He, tätschelte dem Mädchen den Rücken und wandte sich dann wieder an mich. »Li He ist erst neunzehn. In China zu jung, um eine Heiratsgenehmigung zu bekommen. Frauen müssen mindestens zwanzig sein, Männer einundzwanzig. Und ohne Trauschein gibt es keine Geburtsurkunde. Wenn sie tut, was man von ihr verlangt, und nach China zurückkehrt, und das wäre vor der Geburt, müsste sie das Baby entweder verkaufen, es abtreiben lassen oder eine hohe Geldstrafe bezahlen. So funktioniert das in China. Mikey wollte die Strafe übernehmen, doch nun ist er tot, und sie steht ganz allein da.«
    »Also wird sie einfach hier in den Staaten untertauchen?«
    »Richtig. Yang Wei hat ein Netzwerk geknüpft, so ähnlich wie die Underground Railway zu Zeiten der Sklaverei, aber unter Amerikanern asiatischer Herkunft. Mikey wollte seine Pizzeria verkaufen und ihr folgen, nachdem das Baby da ist und man aufgehört hat, nach ihr zu suchen.«
    »Und Ihre Eltern kennen die Wahrheit nicht?«, fragte ich Li He.
    Noch mehr Tränen. »Nein, wenn die Einwanderungsbehörde erfährt, dass sie wissen, wo ich bin, kriegen sie Schwierigkeiten. Doch jetzt ist Mikey tot, alles ist schiefgegangen, und ich werde hier ganz allein sein.«
    Khur-Vay legte den Arm um die Schultern des zarten Mädchens. »Nein, das wirst du nicht, Li He, das wirst nicht. Yang Wei bringt dich bei einer netten Familie unter, die dir helfen wird, neu anzufangen. Niemand wird wissen, wer du bist und wo du bist. Und niemand wird dir das Baby wegnehmen.«
    Das war ja alles schön und gut, bis auf eine offene Frage: Wer war dann das Mädchen in Mikeys Ofen?
    Als ich sie stellte, löste ich bei den beiden noch mehr Bestürzung aus. »Es könnte meine Mitbewohnerin Mel sein«, sagte Li He. »Seit es passiert ist, kann ich sie nicht mehr erreichen.«
    Ebenso wenig wie wir. »Warum glauben Sie das?«
    »Weil sie mir erzählt hat, sie und Mikey hätten etwas über einen Arzt in Oak Haven herausgefunden, als sie dort Patienten waren, und nun habe sie Angst.«
    »Welchen Arzt?«
    »Das hat sie mir nicht verraten. Damals habe ich mich schon hier versteckt, und es wäre zu gefährlich gewesen, mit jemandem zu telefonieren. Auch nicht mit Mikey. Ich habe mich nicht einmal von ihm verabschieden können.« Wieder Tränen.
    »Also denken Sie nicht, dass sich einer der beiden das Leben genommen hat?«
    »Oh, nein. Mikey hätte mir das niemals angetan. Wir wollten heiraten, sobald Mikey sein Lokal verkauft hatte und zu mir gekommen wäre.«
    »Wir sind nicht sicher, ob das andere Opfer Mel ist«, fügte Khur-Vay hinzu. »Hoffentlich nicht. Wissen Sie schon, um wen es sich

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