Das Böse in dir
toll.«
Happy Pete, der edle Ritter. Gott sei Dank, denn dieses Mädchen brauchte eindeutig einen Retter. »Gut, es freut mich, dass du auf dem richtigen Weg bist. Hat Michael je einen Selbstmordversuch unternommen, während er hier war?«
Sie schüttelte den Kopf. »Er war hier, weil seine Eltern ihn für selbstmordgefährdet gehalten haben. Er hat seine Mom gehasst. Zu mir hat er gemeint, er würde sie so hassen, dass er sie umbringen könnte.«
Nun, dafür hatte ich Verständnis, wenn das, was sie zu Bud und mir gesagt hatte, tatsächlich ein Hinweis auf ihren Umgang mit ihm war. »Was ist mit Pete? Soweit ich weiß, war er früher auch mal Patient hier?«
»Ja, das ist allgemein bekannt. Doch das war lange vor meiner Zeit. Ich habe aufgeschnappt, dass er jede Menge Probleme in der Familie gehabt hat. Dann ist er ausgeflippt und hat sich selbst die Schuld gegeben. So etwas in dieser Richtung eben. Aber inzwischen ist er spitze drauf.« In ihren Augen loderte Bewunderung.
Oho, dachte ich. Diese kleine Schwärmerei verhieß nichts Gutes. »Kannst du mir sonst noch etwas über Michael erzählen, das mir vielleicht weiterhilft?«
Sie schüttelte den Kopf und nestelte an einem hellbraunen Jadering an ihrem rechten Zeigefinger herum. »Nur, dass er abergläubisch war. Er hat Unmengen von Armbändern gegen den bösen Blick getragen und Leute kommen lassen, die sein Zimmer mit brennendem Salbei ausgeräuchert haben, so wie früher die Indianer. Pete ist zum Teil Apache, wussten Sie das? Sein Großvater war ein echter Schamane.«
»Nein.« Ich glaubte es auch nicht. »Kanntest du diese Li sehr gut?«
»Nein. Sie war zwar nett, aber ziemlich abweisend. Die meiste Zeit ist sie mit Mikey abgehangen. Oder mit Pete.«
»Hatte sie eine romantische Beziehung mit Pete?«
»Meinen Sie, ob zwischen den beiden was gelaufen ist?«
Ich nickte.
»Wahrscheinlich nicht. Ich glaube, er wollte ihr nur helfen. Mit ihr reden, wenn es ihr schlecht ging.«
»Weißt du, was sie für ein Problem hatte?«
»Sie fand es schlimm, dass sie nach China zurückgeschickt werden sollte. Sie sagte, dort gibt es gar nichts, was Spaß macht, und jeder mischt sich in das Leben des anderen ein.«
»Also hattest du doch ein paar private Gespräche mit ihr?«
»Nein. Das hat sie uns alles in der Gruppentherapie erzählt. Im Stuhlkreis sollen wir über persönliche Sachen reden. Am Anfang ist es ziemlich hart, etwas zuzugeben, das eigentlich niemanden was angeht. Aber nach einer Weile wurde es ganz leicht, miteinander zu sprechen. Wenn einer erst mal angefangen hat, machen die anderen auch auf. Irgendwie war es richtig cool, wie das geklappt hat.«
»Ich verstehe.« Leider tat ich das wirklich. Nach dem Tod meines Sohnes in L.A. hatte ich einige Gruppentherapiesitzungen über mich ergehen lassen, allerdings nicht lange, weil ich bald aus dem dortigen Polizeidienst ausgeschieden und nach Missouri gezogen war. Allerdings kann ich nicht behaupten, dass ich jemals aufgemacht hätte. Nicht damals oder sonst irgendwo, nicht einmal Black gegenüber, wenn er den Seelenklempner mimt.
»Gut, Cleo, vielen Dank. Ich gebe dir meine Visitenkarte mit meiner Mobilfunknummer darauf. Du kannst mich anrufen, wenn dir noch etwas einfällt oder wenn du Hilfe brauchst.«
Cleo nahm die Karte, studierte sie und sah mich an. »Danke. Das ist echt nett von Ihnen. Sie sind cool.«
Während ich ihr nachblickte, fragte ich mich, wie es wohl war, in einer solchen Einrichtung zu leben, und ob es den Ärzten wirklich gelang, das Chaos in den Köpfen dieser Jugendlichen in Ordnung zu bringen. Sobald das Mädchen im Gebäude verschwunden war, gesellte sich der nächste Jugendliche zu mir, ein Junge namens Roy Sutter, vierzehn, pickelig und schüchtern, aber ohne Scheu, seinen echten Namen zu nennen. Er hatte hellbraunes, langes, glattes Haar, das er in der Mitte gescheitelt trug, und in beiden Ohren dünne goldene Ohrringe. Der Junge war sehr nett und nervös und erzählte mir, er möge Modellflugzeuge und sei in große Schwierigkeiten geraten, weil er Leim und Sprühlack geschnüffelt habe.
»Das ist ein übles Zeug«, stellte ich fest.
»Ja, Ma’am. Der Arzt sagt, damit hätte ich mich umbringen oder meine Gehirnzellen verschmoren können. Wir haben uns einmal einen Film über einen Typen angeschaut, der in St. Louis in einem Pappkarton auf der Straße lebt. Er hatte Sprühlack geschnüffelt, bis der Großteil seines Gehirns zerstört war. Beim Interview vor der Kamera
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