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Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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auf den Tellern befand. Hinter unserem Tisch prangte ein gewaltiges, etwa sieben Meter hohes und fast ebenso breites Wandgemälde. Es stellte ein Schloss an einem Gewässer dar.
    »Alle Konferenzräume sind mit Kopien von Bildern europäischer Schlösser ausgestattet«, erklärte Black. »Das hier ist das Chateau de Chillon in der Schweiz. Du weißt schon, wie in dem Epos von Lord Byron, Der Gefangene von Chillon.«
    »Das habe ich mir fast gedacht«, erwiderte ich, um ihm eine Freude zu machen. Allerdings galt meine Aufmerksamkeit eher Collins, der auf einem Podium vor einer großen Leinwand stand und eine PowerPoint-Präsentation hielt. Da das Licht der vier großen Zelt-Kronleuchter, identisch mit denen im Flur, gedämpft worden war, nahm niemand von unserer Besser-spät-als-nie-Ankunft Notiz. Ich beugte mich vor und setzte eine Miene auf, als hätte ich zumindest einen Hauch von Interesse an Psychiatrie. In Wirklichkeit aber wollte ich mir ein Bild von dem Mann machen, der da im Scheinwerferlicht über die Hypnose schwadronierte.
    Der gute Doktor war schätzungsweise Anfang dreißig, vielleicht sogar erst Ende zwanzig. Er trug einen marineblauen Blazer und eine Khakihose und schien unter seinem weißen Hemd und der roten Krawatte durchtrainert und muskulös zu sein, als triebe er viel Sport. Außerdem war er sehr sonnengebräunt, was sein von der Sonne ausgebleichtes braunes Haar heller wirken ließ. Ich hatte ihn mir viel älter vorgestellt. Allerdings hatte ich, bevor ich Black kennenlernte, ohnehin gedacht, dass alle Seelenklempner weiße Bärte hatten und aussahen wie Sigmund Freud. Collins’ Vortrag behandelte sein Spezialgebiet, also Hypnotherapie zur Behandlung von suizidaler Psychose, was meiner Ansicht nach ziemlich gut zu unserem Thema passte. Nur, dass es nicht unbedingt leicht verdauliche Kost war.
    Black lehnte sich mit verschränkten Armen zurück. Er wirkte interessierter als ich, was jedoch kein Wunder war. Schließlich war er vom Fach und informierte sich regelmäßig über solchen Hokuspokus, der angeblich die Seele heilte. Ich hingegen geriet beim Zuhören vor Langeweile allmählich in einen tranceähnlichen Zustand, denn das Referat war viel zu fachspezifisch und befasste sich darüber hinaus mit Dingen, die mir ganz sicher gegen den Strich gegangen wären, wenn ich sie denn verstanden hätte. Außerdem zog sich der Vortrag eine Ewigkeit hin. Ich beugte mich zu Blacks Ohr hinüber. »Weiß er überhaupt, wovon er redet?«
    »O ja. Er ist ziemlich gut. Ich habe von seinem neuen Buch gehört, es aber noch nicht gelesen. Bevor wir gehen, bitte ich ihn, ein Exemplar für dich zu signieren. Sein Spezialgebiet sind depressive, selbstmordgefährdete Jugendliche.«
    »Mann, wie aufmunternd. Der Typ ist sicher eine Stimmungskanone.«
    »Es ist eben sein Fachgebiet. Was soll ich mehr dazu sagen?«
    »Wie lange dauert es wohl noch?«
    Black zog den Jackenärmel zurück und warf einen Blick auf seine goldene Rolex. »Um neun sollte Schluss sein. Also noch zehn Minuten.«
    »Okay. Wenn er endlich den Mund hält, gehen wir hin, sprechen ihn an, besorgen uns das Buch, falls es nicht das ist, was ich sowieso schon habe, und vereinbaren einen Termin. Ansonsten besteht die Gefahr, dass er mich abwimmelt.«
    »Bitte sag jetzt nicht, dass du sofort mit ihm reden willst.«
    »Nein, ich möchte das Gespräch als Gelegenheit nutzen, noch einmal nach Oak Haven zu fahren, ein wenig dort herumzuschnüffeln und ein paar mehr von Mikey Murphys Freunden aus der Therapiegruppe zu befragen. Ich habe so ein Gefühl, dass irgendein Ereignis dort Mikey dazu gebracht hat, sich an der Brücke aufzuhängen. Vielleicht hat dieser Vorfall ja auch jemand anderem einen Grund gegeben, ihm die Arbeit abzunehmen.«
    Einige Damen am Tisch direkt vor uns drehten sich kaum merklich nach uns um. Offenbar wollten sie uns darauf hinweisen, dass es unhöflich, ja, sogar ungezogen von uns war, so laut über an Brücken baumelnde Menschen zu sprechen. Ich nickte ihnen freundlich zu, stellte die Erörterung von Gruselthemen ein und lauschte, während der Doktor sich dem Ende seiner Präsentation näherte. Zugegebenermaßen war er ein guter Redner. Er hatte eine sanfte Bassstimme, nahm Blickkontakt mit dem Publikum auf und verhielt sich locker und selbstbewusst, wenn auch ein wenig wichtigtuerisch. Allerdings hielt ich ihn trotzdem für einen schrecklichen Langweiler. Ich fragte mich, wie er wohl in Einzelgesprächen mit seinen Klienten auftrat.

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