Das Böse in dir
ich.
»Schon, aber der Inhaber ist ein Freund von mir. Also sind wir eben Mitbewerber. Ich habe versucht, ihm das Hotel abzukaufen, aber er beißt nicht an.« Black grinste zwar, doch ich war nicht sicher, ob das als Scherz gemeint war. Er liebte seine Hotels abgöttisch.
Als ich mich umsah, war ich zugegebenermaßen beeindruckt. Rechts von mir standen einige ausladende Möbelstücke, zum Großteil mit Leder oder Samt bezogen. Am anderen Ende des Raums erkannte ich einen Kamin, vor dem Tische und Stühle angeordnet waren, und einen Marmortresen. Während Black nach rechts zur Rezeption schlenderte, ging ich weiter in die Vorhalle hinein.
Gut, der Laden war wirklich eine Wucht. Rechts von mir befand sich ein kleiner Laden für exklusives Golfzubehör. Allerdings war es der Innenhof, der meinen Blick – und vermutlich auch den der anderen Gäste – am meisten anzog. Ganz unten erhob sich ein riesiger Baum; drei gläserne Aufzüge sausten stetig auf und nieder. Der Baum war zwar künstlich, doch das erkannte man nur, wenn man ganz genau hinschaute. Daneben sah ich ein gemütlich wirkendes kleines Café, weitere Wasserfälle und üppiges Grün. Außerdem einige drei Meter hohe Vogelkäfige, die Wellensittiche beherbergten. Fast so beeindruckend wie die Deko beim Outdoor-Ausstatter Bass Pro Shop, aber nicht ganz. Einige Vögel zwitscherten einander zu. Vermutlich schmiedeten sie Ausbruchspläne, um nach Brasilien zu fliegen, wo sie eigentlich hingehörten. Ich stand am Geländer und blickte die zehn Stockwerke hinauf; jede Etage war mit von Efeu überquellenden Blumenkästen geschmückt.
»Was hältst du von dem Laden?«, fragte Black, der hinter mich getreten war. Da ich wusste, worauf er hinauswollte, tat ich ihm den Gefallen.
»Er kann Cedar Bend nicht das Wasser reichen«, erwiderte ich, ganz die diplomatische Freundin. Offen gestanden gefiel mir Cedar Bend wirklich besser, vielleicht deshalb, weil Black dort wohnte. Allerdings war dieses Hotel eine ernst zu nehmende Konkurrenz.
»Stimmt, aber das Chateau ist auch nicht übel. Auch wenn man hier nicht so ungestört ist wie in der Lodge.«
Ich fragte mich, ob hier ebenfalls ein Prominentenmord stattgefunden hatte. Doch schließlich war das nicht seine Schuld gewesen, und ich hatte den Fall aufgeklärt, also Schwamm drüber.
»Es gibt hier ein ausgezeichnetes Restaurant.« Er wies auf eine stilvolle Tür rechts von uns.
»Oh, das sieht ja fast so schick aus wie bei dir. Vielleicht gibt es dort ja die leckeren Schnecken, die du so magst.«
»Die können wir ja ausprobieren«, erwiderte Black. »Doch während wir hier sind, werden wir den Zimmerservice kommen lassen. Vorausgesetzt, dass wir überhaupt Zeit zum Essen haben.«
Das klang wie Musik in meinen Ohren. Nicht, dass ich ungesellig gewesen wäre, gut, in manchen Situationen schon. Mein Magen brachte knurrend sein Missfallen darüber zum Ausdruck, dass er einem Menschen wie mir gehörte, der ständig die Mahlzeiten ausfallen ließ. Vielleicht hätte ich mir etwas von Harves frittiertem Fisch sichern sollen, den Bud auf der Fahrt vom See in die Stadt in exakt einer Minute vertilgt hatte.
»Bevor wir nach oben fahren, sollten wir nachschauen, ob Collins Seminar noch läuft«, schlug ich vor, ohne auf meine Magengeräusche zu achten. »Auf dem Schild dort auf der Staffelei steht, dass es heute Abend im Heidelberg Room stattfindet.«
»Wenn es denn unbedingt sein muss. Ich habe den gestrigen Abend und den Großteil des heutigen Tages bei solchen Vorträgen verbracht.«
Wir machten kehrt und gingen an dem mit einem Geländer gesicherten Atrium vorbei. Außerdem an der Chateau Boutique, nur für den Fall, dass ich Lust bekommen sollte, Tausende von Dollar für eine Short oder ein Paillettenoberteil auszugeben, was ganz sicher nicht geschehen würde. Schließlich kamen wir in ein riesiges und nicht minder luxuriöses Tagungszentrum mit unzähligen Türen, auf denen protzige Namen wie Versailles, Windsor und Madrid prangten. Die gewaltigen Kronleuchter waren offenbar französischer Landhausstil und erinnerten an auf dem Kopf stehende Zirkuszelte.
Wie sich herausstellte, lief Collins’ Seminar noch, näherte sich allerdings, sehr zu Blacks Erleichterung, seinem Ende. Wir schlüpften durch eine Seitentür in den riesigen Konferenzsaal und setzten uns an einen Tisch mit blütenweißem Tischtuch, der mit teuren Kristallkelchen und Tellern für zehn Personen eingedeckt war. Ein Jammer, dass sich nichts Essbares
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