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Das Boese in uns

Das Boese in uns

Titel: Das Boese in uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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wenn du zu Gott betest. Zerbrich dir nicht den Kopf, mein Kind. Gott nimmt keinen Anstoß daran.«
    Es war ihr wie ein merkwürdiger Rat erschienen, und um ehrlich zu sein war es ein Rat, den umzusetzen ihr schwergefallen war, doch irgendwann hatte sie sich daran gewöhnt. Manche mochten es blasphemisch finden, aber das war ihr egal - sollten sie ihr den Buckel runterrutschen, wenn sie denn von ihren hohen Rössern herabstiegen. Weil es nämlich funktionierte. Sie sprach ungeniert zu Gott, mit dem Ergebnis, dass sie inzwischen beinahe fünf Jahre ohne Alkohol und Drogen und Sex hinter sich gebracht hatte.
    Sie nahm an, dass Gott wusste, was in ihr vorging. Gott wusste, dass ihre Liebe zu ihm mit jedem Tag wuchs, den sie hinter sich brachte, ohne mit einem Fremden zu vögeln oder sich zu betrinken oder eine Linie zu schnupfen.
    Gott, so nahm sie an, hatte zugesehen, als sie mit siebzehn angefangen hatte herumzumachen und mit achtzehn in den ersten Pornofilmen mitwirkte. Wahrscheinlich hatte er auch ihren Rudelbums mit Schwarzen im hellen Scheinwerferlicht verfolgt (»Dicke schwarze Schwänze in einem engen weißen Loch!« hatte es auf der Videohülle geheißen) und ihren Abstecher in die Sodomie mit Hunden für den Schwarzmarkt.
    Auch das Ende hatte Gott gesehen. Auf den Knien in einem Hotelzimmer, das man nur als grotesk bezeichnen konnte, als ein fettes Arschloch ihr ins Gesicht gespuckt und sie eine »Fleischpuppe« genannt hatte, worauf sie gegrinst und genickt hatte, weil sie Geld gebraucht hatte für Koks. Außerdem hatte es sie angemacht, und das nicht zu knapp.
    Gott war auch dabei gewesen an jenem Tag, als sich alles geändert hatte, dessen war sie ganz sicher. Sie hatte in einem anderen beschissenen Zimmer im Bett gelegen, krank, fiebrig und mit Schüttelfrost, doch der Typ, der sie vögelte, scherte sich keinen Deut darum. Er hatte extra bezahlt, um es ohne Kondom zu tun; er hatte Geschwüre am Schwanz, doch ihr war alles egal. Sie hatte mehr oder weniger akzeptiert, dass sie drauf und dran war, den Löffel abzugeben.
    Er war über ihr, die Zunge hing ihm buchstäblich aus dem Hals, er hechelte wie ein Hund - und dann, mit einem Mal, hatte sich sein Gesicht verändert. Es war zu einer Fratze aus nacktem Hass geworden. Er hatte eine Hand zur Faust geballt und sie geschlagen, wieder und wieder.
    Er hörte nicht auf. Nicht, bevor er ihr die Nase dreimal gebrochen hatte und den Unterkiefer, ehe sie ein paar Zähne verloren hatte, ehe ihre Augen zugeschwollen und ihr linker Arm und ein paar Rippen gebrochen waren. Dann fickte er sie erneut, und sie wurde ohnmächtig.
    Sie erwachte im Krankenhaus, und Vater Yates war bei ihr, saß neben ihr am Bett. Er sagte kein Wort. Er war nur da, hielt ihre Hand in der seinen und blickte auf sie herab.
    Sie war in Tränen ausgebrochen. Sie weinte und weinte, tagelang, mit kurzen Unterbrechungen. Vater Yates und andere von der Kirchengemeinde blieben bei ihr am Krankenbett, bis sie sich so weit erholt hatte, dass sie entlassen werden konnte. Sie predigten nicht und verurteilten sie nicht und sagten auch sonst nicht viel. Sie waren einfach nur für sie da.
    Und so hatte sie endlich begriffen, dass Gott sowohl für die Guten als auch für die Bösen da war, und dass er nicht grausam war, sondern dass er wusste. Gut zu sein war eine Entscheidung. Aufrichtig zu leben war eine. Freier Wille war der Weg zur Erlösung, und Gott würde niemanden zwingen, das Richtige zu tun. Gottes Aufgabe war es, da zu sein, wenn man sich für ihn entschied. Und da zu sein, wenn man sich nicht für ihn entschied.
     
     
    Vater Yates und die Kirche hatten ihr wieder auf die Füße geholfen. Sie hatten ihr geholfen, ihr Leben in Ordnung zu bringen und eine Wohnung zu finden. Sie waren da gewesen zu Anfang, als sie gestrauchelt war. Zweimal.
    Sie erinnert sich an all diese Dinge, wie es häufig der Fall ist, und fügt ihrem Gebet ein paar abschließende Worte hinzu:
    »Danke, Gott, dass du mir hilfst, und dass du meinem schändlichen, verdorbenen Maul Gehör schenkst und meinen schmutzigen Gedanken, und dass du mich sagen lässt, was ich sagen muss, damit ich auf dem rechten Weg bleiben kann. Amen.«
    Schmutzige Worte und böse Gedanken waren ihre Geheimnisse, und man konnte mit solchen Geheimnissen nicht sauber bleiben. Deswegen ließ Gott zu, dass sie ihr Herz ausschüttete, ihre Galle, ohne vor ihr zurückzuschrecken, egal wie vulgär sie dabei wurde.
    Sie steht auf und geht zur Dusche. Sie muss

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