Das Boese in uns
verlangen.«
»Meine Güte«, sagt Callie, die jetzt erst begreift, was ich sage. »Diese armen Menschen werden sich auf uns stürzen wie Ameisen.«
»Nicht nur die Angehörigen«, stellt Alan fest. »Auch die Irren.«
Alan hat recht: Mordfälle, die hohe Wellen schlagen und von den Medien verfolgt werden, ziehen Irre an wie verdorbenes Fleisch die Schmeißfliegen. Massenweise erscheinen Leute und legen Geständnisse ab. Je ungewöhnlicher das Verbrechen, desto länger die Schlange, in der sie anstehen. Ich reibe mir die Stirn, während ich immer noch auf und ab gehe.
»Wir müssen diese Clips von der Seite entfernen lassen«, sage ich.
»Ja«, pflichtet Callie mir bei.
»Wartet mal«, sagt James, beugt sich über seine Tastatur und tippt Adressen von Webseiten ein, eine nach der anderen, jede in einem neuen Browser-Fenster. Nach ein paar Sekunden lehnt er sich zurück und schüttelt den Kopf. »Das dachte ich mir.« »Was?«, frage ich.
»Der Schlüsselbegriff ist viral«, antwortet er. »User-Tube ist die beliebteste Seite für das Tauschen von Videoclips, aber es ist bei weitem nicht die einzige. Ich habe die URLs von zehn weiteren Seiten eingetippt. Seht selbst.«
Wir alle beugen uns vor, während James durch die verschiedenen Fenster blättert, die er geöffnet hat. Jedes ist gefüllt mit Reihen von Miniaturbildern von Videoclips.
»Das sind die ...?«, frage ich.
»Genau. Das sind die Clips des Predigers. Weitergepostet von Usern zu anderen, ähnlichen Webseiten überall auf der Welt.« Er zuckt die Schultern. »Das große Fressen fängt im Web viel schneller an als in der wirklichen Welt.«
Alan reibt sich mit beiden Händen das Gesicht. »Heilige Scheiße«, flüstert er.
»Und?«, frage ich. »Willst du mir damit sagen, dass es keinen Sinn macht, wenn wir die Clips von User-Tube herunterlöschen?«
»Nein. User-Tube ist die beliebteste Webseite für das Tauschen von Videoclips im Internet. Wenn wir die Clips löschen, hat das zwar eine augenblickliche Auswirkung - doch es verhindert nicht ihre weitere Ausbreitung. Es verringert lediglich ihre Präsenz im Netz.«
»Wie das?«, fragt Alan.
James zuckt die Schultern. »Die Clips sind inzwischen überall. Auch auf den Festplatten von Usern. Sie sind auf CDs gebrannt und auf DVDs. Betrachter verschicken sie per E-Mail, teilen sie in Foren und Newsgroups. Es gibt tonnenweise Videoseiten außerhalb der Vereinigten Staaten. Sie werden nicht auf das hören, was wir ihnen sagen. Selbst einige von denen, die in den Vereinigten Staaten zu Hause sind, werden sich weigern, die Clips ohne Gerichtsbeschluss zu löschen. Außerdem ist die Hierarchie von User-Tube entscheidend. Der Inhalt wird von Benutzern hochgeladen. Für jeden Clip, den wir löschen, werden Dutzende von Benutzern ihn erneut posten, entweder im Namen der Redefreiheit oder des Voyeurismus. Es ist das perfekte Medium für jemanden wie den Prediger.«
Alan wirft verzweifelt die Hände hoch. »Was zur Hölle sollen wir dann tun?«
»Wir lassen sie löschen. Wir lassen unsere Computerspezialisten mit User-Tube zusammenarbeiten und überwachen jeden Versuch des Predigers, weitere Clips hochzuladen. Sie fangen die Clips ab und informieren uns. Außerdem werden sie mit den anderen Webseiten in Verbindung treten, von denen wir wissen, dass sie sich kooperativ verhalten. Darüber hinaus...« Er schüttelt den Kopf. »Zuerst einmal müssen wir akzeptieren, dass der Zug bereits abgefahren ist. Die Clips sind im Netz. Ganze Familien werden sie sehen, und wir können nichts, absolut nichts dagegen tun.«
Ich starre ihn sekundenlang an. »Ich muss AD Jones anrufen«, sage ich dann. »Wir werden zusätzliche Leute brauchen.«
James nickt. »Eine Sondereinheit.« »Genau.«
Alan stöhnt. »Großartig. Eine Bande von Neulingen, die über ihre eigenen Füße stolpern und versuchen, mir meinen Schreibtisch zu stehlen.«
»Wir werden die Leute hauptsächlich einsetzen, um die Telefone zu besetzen und beim Sammeln von Informationen zu helfen. Das Verfolgen von Spuren sowie die eigentliche Untersuchung bleiben vorerst in unseren Händen.«
»Sie machen die Drecksarbeit, wir heimsen den Ruhm ein.« Callie lacht. »Das gefällt mir.«
»Aber alles schön der Reihe nach«, sage ich zu meiner Mannschaft. »Wir müssen diese Clips überwachen. Er hat uns die Namen von Rosemary und Dexter genannt. Vielleicht hat er bei allen Taten die gleiche Vorgehensweise benutzt. Wir müssen eine Liste anfertigen und
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