Das böse Spiel der Natalie Hargrove (German Edition)
wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich spürte, wie mir das Herz in der Brust hämmerte, aber ich konnte nur dafür sorgen, dass diese Energie in etwas Produktives umgewandelt wurde.
»Du musst dir ja solche Sorgen machen«, sagte ich kopfschüttelnd, »weil du so gar keine Ahnung hast, wie du ihm helfen kannst. Wenn du nur wüsstest, wo er ist, dann könnten wir vielleicht etwas für ihn tun.«
»Ich kann versuchen, es herauszufinden.« Die Vorstellung von einem Baxter-Projekt schien Kate zu erleichtern. Darla scharrte mit den Füßen.
Ich strich Kate eine lose Haarsträhne hinters Ohr. »Du weißt, dass ich ihm gerne helfe, was immer auch geschieht. Halt mich auf dem Laufenden. Wenn du etwas hörst oder wenn du etwas brauchst, dann komm zu mir.«
»Ja, sicher«, nickte Kate. »Danke.«
»Mädchen!«, rief Dick vom oberen Balkon. »Kommt hoch und seht euch im Haus um!«
Mom tauchte neben ihm auf, beide wirkten erhitzt. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was sie im Schlafzimmer wohl getrieben hatten. Wenn ich sonst daran dachte, wie andere es miteinander taten, fantasierte ich immer davon, wie Mike und ich nackt im Bett lagen, und ein Kribbeln schauerte durch mein Inneres. Mike und ich nannten es das Fantasiekribbeln.
Aber heute war es anders. Wenn ich an Mikes Augen dachte, dann sah ich keine Erregung darin, sondern Angst.
Wenn ich Mikes Augen wieder vor Verlangen blitzen sehen wollte, dann musste ich dafür sorgen, dass wir und unsere Kronen sauber blieben.
Als ich Kate ansah, musste ich wieder an Baxter denken. Mike und ich waren machtlos, solange wir nicht mehr darüber wussten, was der kleine Junkie vorhatte. Erst dann konnten wir seine Pläne durchkreuzen.
12 Sturm und Drang
Montagmorgen verbreiteten sich die Gerüchte wie ein Lauffeuer. Der klassenübergreifende Gerüchtekreislauf der Palmetto funktionierte folgendermaßen: Zu Beginn der Woche schrieb jeder, der über noch so vage Informationen verfügte (die von »X hat es mit Y getrieben« bis zu »Ratet mal, wer die Nacht mal wieder im Knast verbracht hat« reichten), diese auf kleine Zettel und brachte sie unter die Schülerschaft – es gab Bonuspunkte für knackige Kreativität. Das Spannende war dann zu sehen, wie weit sich die Neuigkeiten innerhalb eines Tages verbreiteten – und wie sehr sie verdreht wurden. Da jeder die kursierenden Gerüchte auf seine Weise interpretieren oder ergänzen konnte, war die Gerüchteküche so etwas wie eine Mischung aus Wikipedia und Stiller Post.
Niemand wusste, wer die Gerüchteküche eingeführt hatte oder warum man sie bislang nicht von den altmodischen Zettelchen auf eine modernere Kommunikationsstufe erhoben hatte. Aber jeder an der Schule liebte dieses Spiel (oder liebte es gelegentlich, es zu hassen). Und trotz der Bemühungen der Hasser, die Gerüchteküche abzuschaffen, hatte ich den Eindruck, dass sie uns alle überleben würde.
Ich hatte nicht unbedingt erwartet, dass ich den ersten offiziellen Tag als Palmetto-Prinzessin damit verbringen müsste, Gerüchte abzumildern, die mich selbst betrafen, doch in der ersten Stunde in Europäischer Geschichte war ich gezwungen, die Zettel zu zensieren, die herumgingen.
Wahrheit oder Lüge? Prinzessin Nat und Doppel-D werden bald zusammen in die Bucht ziehen.
Jemand hatte einen Pfeil unter Doppel-D gezeichnet und dazugeschrieben: Deshalb sinken dort also die Grundstückspreise!
Meine erste Eingebung war, einen großen roten Kreis um Lüge zu ziehen und in gefälschter Handschrift zu schreiben: Voreilige Gerüchte. Papiere noch nicht unterzeichnet, der Deal könnte also noch platzen. Da hat jemand zu früh gerührt.
Aber ich blieb cool:
Achtung: Es wird kein Doppel-D geben! Das »Geschenk« des Duke ist ausschließlich für die Hargroves bestimmt. Jeder, der eine Einladung zu meinen Partys will, sollte daran denken. N.H.
In der nächsten Stunde, Französisch, kursierte der zweite Zettel:
Gerüchten zufolge will Baxter Quinn die mörderischen kleinen Anschuldigungen nicht auf sich beruhen lassen. Er hat ein Alibi und seine eigenen Verdächtigen.
Ich legte den Zettel auf meinen Tisch und versuchte angestrengt, in dem Geschreibsel eine andere Handschrift als die von Kate zu entdecken. Doch die charakteristische pinkfarbene Tinte und die halb aus Druck- und halb aus Schreibschrift bestehenden Buchstaben waren unverkennbar. Heimlich steckte ich mir einen Kaugummi in den Mund und zermalmte ihn mit den Zähnen. Dann starrte ich weiter den Zettel an, bis
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