Das böse Spiel der Natalie Hargrove (German Edition)
die Schrift vor meinen Augen verschwamm und ich wieder klar denken konnte.
Es hatte etwas Zersetzendes, dass meine enge Freundin Baxters im Bin-Laden-Stil übermittelte Informationen der ganzen Schule mitteilte, besonders nach dem kleinen Gespräch, das sie und ich am Tag zuvor in der Bucht geführt hatten. Ich hatte geglaubt, ich hätte unmissverständlich klargemacht, dass die Kommunikationslinien zwischen Baxter und uns beiden jederzeit offen gehalten werden sollten. Was aus Baxter wurde, musste nicht unbedingt die ganze Schule mitbekommen.
Ich merkte gar nicht, dass ich meinen Füller so heftig auf das Papier drückte, dass sich ein dicker schwarzer Tintenklecks mitten auf Kates Schrift ausbreitete.
Na gut, sie wollte ihrem Freund beistehen – okay. Die wichtige Frage war nur, was aus dieser Nachricht werden würde, sobald mehr Leute sie sahen. Wenigstens hatte ich sie früh genug bekommen, um ihr eine andere Richtung geben zu können. Ich musste sie nur ein bisschen abmildern – und diesmal etwas diskreter sein, was die Autorenschaft betraf.
Seit wann ist Baxter Quinn nüchtern genug, um mitzukriegen, was los ist? Wahrscheinliches Alibi: S…besoffen. Vermutliche Verdächtige: Pillen, von B.Q. selbst am Abend verkauft.
Ich faltete den Zettel zusammen und reichte ihn weiter in dem Bewusstsein, dass Kate ihn wahrscheinlich irgendwann aus dem Verkehr ziehen würde. Aber ich hoffte, sie würde erkennen, dass ich auf lange Sicht gesehen nur in ihrem Interesse handelte. Je eher Baxter aus unser aller Leben verschwand, desto besser.
Wenn alles gut ging, würde der bissige Sarkasmus meiner Antwort das Gerücht im Keim ersticken. Doch noch bevor ich mich nach meiner gelungenen Handhabung dieses Problems entspannen konnte, gelangte die dritte Nachricht des Morgens auf meinen Tisch.
Wahrheit oder Lüge: Offenbar ist jeder scharf darauf, noch einmal von dem heißen Cop befragt zu werden, der an dem Fall dran ist.
Was sollte das denn heißen? Ich schaute die Bankreihe entlang, um zu sehen, woher der Zettel gekommen war, aber alle in meiner näheren Umgebung hatten den Blick starr auf die Tafel gerichtet, an der Madame Virge unregelmäßige Verben konjugierte. Als sie die Kreide weglegte, sah sie auf die Uhr und nahm einen Papierstreifen von ihrem Tisch.
»Ich habe Anweisung, das hier jetzt zu verlesen«, begann sie. Wir sahen alle auf, weil sie ausnahmsweise mal nicht in ihrer Muttersprache redete, sondern so, dass wir tatsächlich verstanden, was sie sagte. »Aber glaubt bloß nicht, dass ich ab jetzt immer Englisch sprechen würde.«
Die Klasse stöhnte kollektiv und Madame Virge räusperte sich und las:
»Achtung: Alle, die unseren neuen für die Schule zuständigen Polizeibeamten Officer Parker noch nicht kennengelernt haben, werden in der Stillarbeitsstunde in Direktor Glass’ Büro gerufen werden. Jeder Schüler hat zu erscheinen.«
Hmm, ich hatte erst in der dritten Stunde Stillarbeit, aber bei Mike war es die erste gewesen. Warum hatte er mir keine SMS geschickt, um mich zu informieren?
»A .J.«, zischte ich Amy Jane zu, als es zur Pause klingelte, »hattest du deine Freistunde schon? Was ist das mit dem neuen Cop?«
Amy Jane verzog schmollend das Gesicht. »Ich hab erst in der letzten Stunde. Mist – es heißt, er sei total scharf.«
Ich biss mir auf die Unterlippe und beeilte mich, aus der Klasse zu kommen. Ich würde nicht warten, bis ich zu diesem neuen Polizisten gerufen würde, ob er nun heiß war oder nicht. Als es zur nächsten Stunde klingelte, klopfte ich an die Tür von Direktor Glass.
»Herein«, antwortete eine mir unbekannte Stimme.
Durch die Glasscheibe des Büros sah ich einen uniformierten Mann hinter dem Schreibtisch des Direktors am Bücherregal lehnen. Er sah aus wie eine schlankere Version von Paul Rudd. Als ich die Tür aufmachte, fiel mir als Erstes sein Polizeiabzeichen auf, das glänzte, als würde es jeden Tag poliert werden. Dann glitt mein Blick zu seiner Hose, die seine Hüften so eng umspannte, dass ich mich fragte, ob das nicht gegen die Kleiderordnung verstieß. Er hatte dunkles Haar, das er vorne hochgegelt hatte, und hob die dichten Augenbrauen, während er auf einen der Stühle im Büro wies und sagte:
»Nimm Platz. Ich nehme an, du bist die Palmetto-Prinzessin, Natalie Hargrove.«
»Gute Nachrichten verbreiten sich schnell«, stellte ich fest. »Und ich nehme an, Sie sind Officer Parker.«
Ich setzte mich und beobachtete dabei, dass er mies genug war, sich
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