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Das Böse unter der Sonne

Das Böse unter der Sonne

Titel: Das Böse unter der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ich Ihnen etwas sage, Madame?», fragte Poirot ernst. «Etwas, das so wahr ist wie die Sterne über uns? Die Arlena Stuarts – oder Arlena Marshalls – dieser Welt zählen nicht.»
    «Unsinn!», protestierte Christine.
    «Ich versichere Ihnen, es ist wahr! Ihre Herrschaft gilt nur dem Augenblick, zählt nur einen kurzen Moment. Was wirklich und allein wichtig ist, sind Güte oder Verstand.»
    «Glauben Sie tatsächlich, dass die Männer sich für Güte oder Verstand interessieren?», fragte Christine verächtlich.
    «Im Grunde genommen, ja», erwiderte Poirot ernst.
    Christine lachte auf. «Ich bin nicht Ihrer Meinung.»
    «Ihr Mann liebt Sie, Madame. Ich weiß es.»
    «Wieso können Sie das wissen?»
    «Doch, glauben Sie mir. Ich habe beobachtet, wie er Sie ansah.»
    Da verlor sie die Fassung. Sie lehnte sich an Poirots Schulter und weinte heftig. «Ich halte es nicht mehr aus…», schluchzte sie. «Ich halte es nicht mehr länger aus…»
    Poirot tätschelte ihr den Arm und meinte begütigend: «Haben Sie Geduld. Nur ein wenig Geduld.»
    Sie richtete sich auf und betupfte sich mit dem Taschentuch die Augen. «Ist schon gut», sagte sie mit erstickter Stimme. «Ich fühle mich besser. Bitte, gehen Sie. Ich möchte – ich möchte allein sein.»
    Poirot gehorchte. Christine blieb sitzen, während er den gewundenen Pfad zum Hotel hinunterging. Er hatte es beinahe erreicht, als er Stimmengemurmel hörte. Er trat vom Weg weg. In den Büschen war ein Spalt, durch den Poirot Arlena sehen konnte. Patrick Redfern stand neben ihr. «Ich bin verrückt nach dir – vollkommen verrückt…», sagte er mit leidenschaftlicher Stimme. «Du magst mich doch? Du magst mich doch ein wenig…»
    Poirot sah Arlena Marshalls Gesicht. Es erinnerte ihn an eine schlaue zufriedene Katze. «Natürlich, mein lieber Patrick», sagte sie leise. «Ich bete dich an. Das weißt du doch.»
    Ausnahmsweise zog sich Poirot jetzt von seinem Lauscherposten zurück. Er trat wieder auf den Weg und ging zum Hotel hinunter.
    Plötzlich tauchte eine Gestalt neben ihm auf. Es war Captain Marshall.
    «Eine herrliche Nacht, nicht wahr? Nach einem so hässlichen Tag.» Er blickte zum Himmel hoch. «Sieht aus, als gäbe es morgen schönes Wetter.»

4
     
    E s war der 25. August. Der Morgen zog hell und wolkenlos herauf, sogar der hartnäckigste Langschläfer wäre versucht gewesen, früh aufzustehen. Im «Jolly Roger» standen verschiedene Gäste früh auf.
    Es war gegen acht Uhr, als Linda, die vor ihrem Frisiertisch saß, ein kleines dickes, in Leder gebundenes Buch mit der aufgeschlagenen Seite nach unten hinlegte und ihr Gesicht im Spiegel betrachtete. Sie presste den Mund zusammen, so dass er kaum mehr als ein Strich zu sein schien, und flüsterte: «Ich tue es, ja, ich tue es!»
    Sie schlüpfte aus dem Nachthemd und zog einen Badeanzug an. Sie hing sich einen Bademantel um die Schultern und band die Strandschuhe zu.
    Lautlos huschte sie aus dem Zimmer. Am Ende des Ganges war eine Tür, die auf eine Außentreppe hinausführte. Über diese Außentreppe gelangte man direkt zu den Felsen unterhalb des Hotels. Ein schmaler, in den Felsen gehauener Zickzackweg mit vielen Stufen reichte von dort bis hinab zum Wasser. Viele Hotelgäste, die vor dem Frühstück rasch schwimmen wollten, benützten ihn, weil sie so schneller am Wasser waren als über den Hauptweg.
    Als Linda auf die Außentreppe trat, kam ihr Vater gerade die Stufen herauf. «Du bist früh auf», bemerkte er. «Gehst du schwimmen?»
    Linda nickte. Sie trennten sich, ohne noch ein Wort zu wechseln.
    Doch statt die Steinstufen zum Strand hinabzugehen, bog Linda am Fuß der Außentreppe nach links, schlenderte um das Hotel herum und lief zum Damm hinunter, der die Insel mit dem Festland verband. Es war Flut, und der Damm stand unter Wasser. Aber am Steg daneben lag ein Boot, mit dem die Gäste hinübergerudert wurden. Der Mann, der sich gewöhnlich um das Boot kümmerte, war nicht zu sehen. Linda sprang ins Boot, machte es los und ruderte allein hinüber.
    Auf der anderen Seite band sie es sorgfältig fest und lief den Hang hinauf; vorbei an der Hotelgarage, bis sie zu dem kleinen Laden kam.
    Die Besitzerin hatte eben die Rollläden hochgezogen und fegte den Fußboden. Bei Lindas Auftauchen sagte sie erstaunt: «Na, Miss, Sie sind aber früh aufgestanden!»
    Linda steckte die Hand in die Bademanteltasche und holte ein paar Geldscheine heraus. Dann machte sie ihre Einkäufe.
     
    Als Linda wieder ihr

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