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Das Böse unter der Sonne

Das Böse unter der Sonne

Titel: Das Böse unter der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Groll gegen sie hegte? Zum Beispiel jemand, dessen Platz Sie einnahmen?»
    Patrick Redfern dachte einige Minuten lang nach. Dann schüttelte er den Kopf. «Ehrlich», sagte er, «ich kenne niemand.»
    Weston trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. «Na, das wär’s dann wohl», sagte er schließlich. «Anscheinend haben wir die Wahl unter drei Möglichkeiten: Es war ein Unbekannter, der zufällig in der Gegend war, ein Verrückter, was für meinen Geschmack zu weit hergeholt ist…»
    «Und doch ist es bei weitem die plausibelste Erklärung», unterbrach ihn Redfern.
    Weston machte eine abwehrende Geste. «Das ist kein Fall von ‹Mord im einsamen Wald›. Diese Bucht ist ziemlich schwierig zu erreichen. Entweder ist der Täter über den Damm gekommen, dann musste er auch am Hotel vorbei, und kletterte die Leiter hinunter in die Bucht, oder er hat sich ein Boot genommen. Für eine Affekthandlung ist beides nicht glaubwürdig.»
    «Sie sagten, es gebe drei Möglichkeiten», bemerkte Redfern.
    «Hm – ja», sagte der Polizeichef. «Das heißt, es gibt zwei Personen auf dieser Insel, die ein Tatmotiv haben. Da ist einmal ihr Mann, und dann noch Ihre Frau, Mr Redfern.» Redfem starrte ihn entgeistert an. Er wirkte wie vom Donner gerührt. «Meine Frau?», rief er. «Christine? Sie wollen doch nicht behaupten, dass Christine irgendetwas mit dem Mordfall zu tun hat?» Er sprang auf. Vor Aufregung begann er zu stottern. «Sie sind verrückt – völlig – verrückt! Christine? Mein Gott, das – das ist unmöglich. Lächerlich!»
    «Trotzdem, Mr Redfern, die Eifersucht ist ein sehr überzeugendes Motiv. Frauen können in ihrer Eifersucht jede Beherrschung verlieren.»
    «Christine ist anders!», entgegnete Redfern ernst. «So etwas würde sie nie tun. Sie war unglücklich, ja. Aber sie gehört nicht zu den Menschen, die – ach, verstehen Sie denn nicht? Es ist nichts Gewalttätiges in ihr.»
    Hercule Poirot nickte nachdenklich. Gewalttätigkeit – davon hatte auch Linda Marshall gesprochen. Und in beiden Fällen war er einer Meinung gewesen.
    «Außerdem», fuhr Redfern etwas ruhiger fort, «außerdem ist es völlig absurd! Arlena war zweimal so kräftig wie Christine. Ich bezweifle, ob Christine eine junge Katze umbringen könnte – geschweige denn eine kräftige Person wie Arlena. – Außerdem hätte Christine nie die Leiter zur Bucht hinunterklettem können. Sie mochte so etwas nicht. Und – ach, die ganze Geschichte ist einfach zu phantastisch!»
    Oberst Weston kratzte sich nachdenklich am Ohr. «Nun», meinte er, «wenn man es so sieht, klingt es wenig überzeugend. Da muss ich Ihnen Recht geben. Aber das erste, nach dem wir immer suchen müssen, ist das Motiv.» Und dann fügte er noch hinzu: «Motiv und Gelegenheit.»
    Nachdem Redfern gegangen war, bemerkte der Polizeichef mit einem leichten Lächeln:
    «Ich hielt es nicht für nötig, dem Burschen zu verraten, dass seine Frau ein Alibi hat. War neugierig, was er zu so einer Möglichkeit sagen würde. Hat ihn ganz schön geschockt, was?»
    «Die Argumente, die er vorbrachte, waren beinahe so gut wie ein Alibi selbst», murmelte Poirot.
    «Ja. Sie war es nicht. Sie hätte so was nie tun können – schon rein körperlich unmöglich, wie Sie sagten. Marshall könnte als Täter in Frage kommen. Aber offensichtlich war er es nicht.»
    Inspektor Colgate hüstelte. «Entschuldigen Sie, Sir, aber ich habe über dieses Alibi nachgedacht. Wenn er nämlich diese Sache plante, Sir, könnte er die Briefe im Voraus geschrieben haben.»
    «Das ist eine gute Idee», meinte Weston. «Wir müssen darüber Näheres…» Er brach ab, weil Christine Redfern hereinkam.
    Sie wirkte wie immer, ruhig und ein wenig zu beherrscht in ihren Bewegungen. Sie trug einen weißen Tennisrock und einen hellblauen Pullover, der ihr helles Haar und ihre etwas blutarme Hübschheit betonte. Und doch, überlegte Hercule Poirot, ist es weder ein dummes noch ein weiches Gesicht. Es verrät viel Entschlossenheit, Mut und gesunden Menschenverstand. Er nickte wohl wollend.
    Nette kleine Person, dachte Weston. Vielleicht ein wenig nichtssagend. Auf jeden Fall viel zu gut für diesen Schürzenjäger von Ehemann. Na ja, der Bursche ist noch jung. Irgendwann im Leben wird jeder mal von einer Frau zum Narren gehalten.
    «Setzen Sie sich doch, Mrs Redfern», sagte er. «Es ist immer ein Haufen Routinearbeit zu erledigen, wissen Sie. Wir müssen alle Leute fragen, wo sie heute Vormittag gewesen sind.

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