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Das Böse unter der Sonne

Das Böse unter der Sonne

Titel: Das Böse unter der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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«Ja, vielleicht überraschte es mich tatsächlich nicht. Aber ich war schockiert. Nur – sie gehörte zu den Frauen, die…»
    «Sie gehörte zu der Art von Frauen», ergänzte Poirot «der so etwas passieren könnte. Ja, Madame, das ist die glaubwürdigste und wahrste Bemerkung, die heute Vormittag in diesem Raum ausgesprochen wurde. Wenn wir alle – hm – persönlichen Gefühle beiseite lassen, was hielten Sie von der toten Mrs Marshall?»
    «Ist es wirklich wichtig, dass wir uns darüber unterhalten?», fragte Christine Redfern ruhig.
    «Ich glaube doch.»
    «Also, was soll ich sagen?» Ihr blasses Gesicht überzog sich plötzlich mit einer sanften Röte. Ihre Vorsicht verschwand. Sie entspannte sich. Für einen kurzen Augenblick konnte man erkennen, was für eine Frau sie in Wirklichkeit war. «Sie gehörte zu den Menschen», sagte sie, «die in meinen Augen völlig wertlos sind! Sie tat nichts, was ihre Existenz rechtfertigte. Sie hatte kein Herz, keinen Verstand. Sie dachte nur an Männer, an Kleider und Bewunderung. Überflüssig, ein Parasit der Gesellschaft. Sie gefiel den Männern, nehme ich an – ja, natürlich gefiel sie ihnen. Und sie lebte nur für diese Art von Leben. Und deshalb, glaube ich, war ich nicht besonders überrascht, dass sie ein so trauriges Ende nahm. Sie war der Typ Frau, der bei allen schmutzigen Dingen mitmacht – Erpressung, Eifersucht, Gewalt. Sie – sie brachte immer das Schlechteste im Menschen zum Vorschein.»
    Sie schwieg, etwas außer Atem. Ihre zu kurze Oberlippe zog sich verächtlich nach oben. Oberst Weston dachte verblüfft, dass er keine Frau kannte, die so genau das Gegenteil von Arlena Marshall war wie Mrs Redfern. Das Leben mit ihr musste farblos und langweilig sein. Kein Wunder, dass ein Mann wie Redfern sich zu Frauen vom Schlage Arlena Marshalls besonders hingezogen fühlte.
    Noch während er das dachte, wurde ihm plötzlich bewusst, dass Christine Redfern ein Wort gesagt hatte, das ihm besonders im Gedächtnis geblieben war. Das Wort «Erpressung». Er straffte sich und fragte: «Warum, Mrs Redfern, haben Sie im Zusammenhang mit der Toten das Wort ‹Erpressung› gebraucht?»

7
     
    C hristine Redfern starrte ihn an, ohne offenbar zu begreifen, was er meinte. Fast mechanisch antwortete sie: «Ich nehme an, weil sie tatsächlich erpresst wurde. Sie war der Typ, der so was direkt herausforderte.»
    «Wissen Sie das genau? Dass sie erpresst wurde?», fragte Weston ernst.
    Wieder stieg Christine ein schwaches Rot in die Wangen. Etwas verlegen meinte sie: «Tatsächlich weiß ich es zufällig genau. Ich – ich habe es gehört.»
    «Können Sie das genauer ausführen, Mrs Redfern?»
    Christine Redfern wurde noch röter. «Ich wollte – ich wollte nicht lauschen. Es war reiner Zufall. Es ist zwei, nein, drei Tage her. Wir spielten abends Bridge.» Sie blickte Poirot an. «Erinnern Sie sich? Mein Mann und ich, Sie, Monsieur Poirot, und Miss Darnley. Ich war der Dummy. Die Luft im Spielzimmer war so stickig, und deshalb schlüpfte ich aus der Terrassentür, um etwas frische Luft zu schöpfen. Ich schlenderte den Pfad Richtung Strand hinunter, da hörte ich plötzlich Stimmen. Die eine gehörte Arlena Marshall, ich erkannte sie sofort. Sie sagte: ‹Es hat keinen Zweck, mich zu drängen. Im Augenblick habe ich nicht mehr Geld zur Verfügung. Mein Mann könnte misstrauisch werden.› Dann sagte eine männliche Stimme. ‹Ich lasse mich nicht mit Ausflüchten abspeisen. Sie werden das Geld ausspucken!› Und Arlena Marshall rief: ‹Sie gemeiner Erpresser!› Und der Mann antwortete: ‹Gemein oder nicht, meine Dame, Sie werden zahlen!›»
    Christine schwieg.
    «Ich kehrte um», sagte sie dann. «Und ein paar Augenblicke später lief Arlena Marshall an mir vorbei. Sie sah – ja, sie sah verängstigt aus.»
    «Und der Mann? Wissen Sie, wer es war?», fragte Weston. Christine Redfern schüttelte den Kopf. «Er flüsterte die ganze Zeit. Ich verstand kaum, was er sagte.»
    «Die Stimme kam Ihnen nicht bekannt vor?»
    Sie überlegte wieder und schüttelte den Kopf. «Nein, ich erkannte sie nicht. Sie war wütend und leise. Es hätte jeder sein können, irgendjemand.»
    «Vielen Dank, Mrs Redfern», sagte Oberst Weston.
     
    Nachdem sich die Tür hinter Mrs Redfern geschlossen hatte, sagte Inspektor Colgate: «Na, allmählich kommen wir weiter.»
    «Finden Sie?», fragte Weston.
    «Nun, das war doch deutlich, Sir. Daran ist nicht zu rütteln: Jemand in diesem Hotel

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