Das Böse unter der Sonne
gedämpft durch den Spalt. Weston hatte eine starke Taschenlampe mitgebracht, deren Strahl jetzt das Innere beleuchtete.
«Sehr praktisch», meinte Weston. «Von außen ist nichts zu sehen. Man würde hier nie eine Höhle vermuten.» Er leuchtete gründlich den Boden ab. Hercule Poirot zog schnuppernd die Luft ein. Als Weston es bemerkte, sagte er:
«Die Luft ist gut, es riecht nicht nach toten Fischen oder Tang. Aber natürlich liegt die Höhle über der Flutgrenze.» Aber für Poirots feine Nase war die Luft nicht nur gut. Sie duftete sogar. Und er kannte zwei Leute, die diesen Duft als Parfüm benützten.
Weston ließ seine Taschenlampe sinken. «Ich kann nichts Verdächtiges finden», sagte er.
Poirots Blick wanderte zu einem Sims über seinem Kopf. «Ob dort oben wohl etwas liegt?», fragte er.
«Wenn wir dort etwas finden», sagte Weston, «so muss es jemand absichtlich hingelegt haben. Am besten sehen wir nach.»
Poirot wandte sich an Lane. «Sie sind der größte von uns, Monsieur. Dürfen wir Sie bitten, nachzuprüfen, ob dort oben etwas ist?»
Lane reckte sich, doch er reichte nicht weit genug hinein. Da entdeckte er eine Vertiefung in der Wand. Er schob den einen Fuß hinein und zog sich hoch. «He!», rief er. «Da ist eine Schachtel!»
Ein oder zwei Minuten später standen sie draußen im Sonnenschein und untersuchten den Fund, den der Geistliche gemacht hatte.
«Vorsicht!», sagte Weston. «Fassen Sie sie nicht überall an. Vielleicht finden wir Fingerabdrücke.»
Es war eine dunkelgrüne Blechschachtel, auf der «Sandwiches» stand.
«Wurde vermutlich bei irgendeinem Picknick vergessen», bemerkte Phillips. Er legte sein Taschentuch über den Deckel und öffnete ihn.
Kleine Behälter mit der Aufschrift «Salz», «Pfeffer», «Senf» standen darin. Außerdem zwei größere quadratische Dosen, offensichtlich für Sandwiches gedacht. Phillips, der Polizeibeamte in Zivil, schraubte den Deckel vom Salzstreuer. Er war voll bis zum Rand. Er schraubte den nächsten Deckel ab und bemerkte dann: «Auch im Pfefferstreuer ist Salz.» Der Senftopf enthielt ebenfalls Salz.
Plötzlich erschien ein wachsamer Ausdruck auf seinem Gesicht. Er öffnete eine der größeren quadratischen Dosen. Auch in dieser war das gleiche körnige weiße Pulver.
Zögernd tauchte Phillips den Zeigefinger hinein und leckte ihn ab. Aufgeregt rief er: «Das ist kein Salz, Sir. Niemals! Es schmeckt bitter. Meiner Meinung nach ist das Rauschgift.»
«Ein ganz neuer Aspekt», sagte Oberst Weston und seufzte. Sie waren wieder ins Hotel zurückgekehrt. «Wenn eine Rauschgiftbande in diesen Fall verwickelt ist», fuhr er fort, «gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zuerst einmal kann die Tote zu dem Schmuggelring gehört haben. Halten Sie das für möglich?»
«Es wäre durchaus möglich», erwiderte Poirot vorsichtig. «Vielleicht war sie süchtig?»
Poirot schüttelte den Kopf. «Das möchte ich bezweifeln», sagte er. «Sie hatte gute Nerven, war von strahlender Gesundheit, und Einstichstellen habe ich auch nicht bemerkt. Obwohl das nichts besagt. Manche Leute schnupfen das Zeug. Nein, ich glaube nicht, dass sie Rauschgift nahm.»
«In diesem Fall», sagte Weston, «ist sie vielleicht durch Zufall draufgekommen und wurde von den Leuten, die dahinterstecken, zum Schweigen gebracht. Wir werden bald erfahren, was für Zeug es ist. Ich habe es Neasdon geschickt. Wenn wir einer Rauschgiftbande auf der Spur sind, werden seine Leute sich nicht lange mit Kleinigkeiten aufhalten…»
Er schwieg, weil sich die Tür öffnete. Mr Horace Blatt trat mit energischen Schritten ins Zimmer. Offensichtlich war ihm sehr heiß. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und sagte mit seiner lauten, dröhnenden Stimme:
«Ich bin gerade erst zurückgekommen und habe die Neuigkeit gehört. Sie sind der Polizeichef? Man sagte mir, dass Sie hier drin seien. Ich heiße Blatt – Horace Blatt. Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein? Vermutlich nicht. Ich war seit heute Morgen draußen auf dem Wasser. Habe alles verpasst. Wenn schon mal an diesem abgelegenen Fleckchen Erde was passiert, dann bin ich nicht da! Genau wie im Leben, nicht wahr? Hallo, Poirot, habe Sie nicht gleich bemerkt. Sie sind also auch dabei? Ja, natürlich, das ist wohl selbstverständlich. Sherlock Holmes im Wettlauf mit der Ortspolizei, was? Ha, ha! Es macht mir Spaß, Ihnen ein wenig beim Schnüffeln zuzusehen.»
Mr Blatt ging in einem Stuhl vor Anker und holte sein
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