Das Böse unter der Sonne
Zigarettenetui hervor, das er Oberst Weston anbot. Weston schüttelte den Kopf.
«Ich bin ein unverbesserlicher Pfeifenraucher», sagte er mit einem leichten Lächeln.
«Genau wie ich. Ich rauche zwar auch Zigaretten, aber nichts geht über eine Pfeife.»
«Dann zünden Sie sich doch eine an, Mann!», sagte Oberst Weston, dem ein genialer Einfall gekommen war.
«Ich habe sie im Augenblick nicht bei mir. Aber, bitte, weihen Sie mich doch in die Einzelheiten ein! Bis jetzt weiß ich nur, dass Mrs Marshall ermordet wurde und man sie irgendwo am Strand gefunden hat.»
«In der Feenbucht», erklärte Weston, während er ihn genau beobachtete.
«Und sie wurde erwürgt?», rief Mr Blatt aufgeregt.
«Ja, Mr Blatt!»
«Gemein, wirklich widerlich! Aber wissen Sie, sie war selbst schuld. Eine scharfe Puppe – très moutarde –, was, Monsieur Poirot? Haben Sie eine Ahnung, wer es gewesen ist? Oder sollte ich das lieber nicht fragen?»
«Nun ja», sagte Oberst Weston, «eigentlich sind wir es, die hier die Fragen stellen.»
Mr Blatt wedelte mit seiner Zigarette. «Entschuldigung, Entschuldigung. Das ist meine Schuld. Bitte, fragen Sie.»
«Sie waren segeln. Wann brachen Sie auf?»
«Um Viertel vor zehn Uhr.»
«Nahmen Sie jemand mit?»
«Keine Menschenseele. Ich war ganz allein.»
«Und wohin segelten Sie?»
«Die Küste entlang in Richtung Plymouth. Ich nahm das Mittagessen mit. Es war nicht viel Wind, deshalb kam ich nicht sehr weit.»
Weston stellte noch ein paar weitere Fragen zu diesem Thema und sagte dann: «Sprechen wir über die Marshalls. Wissen Sie irgendetwas, das uns weiterhelfen könnte?»
«Also, meiner Meinung nach handelt es sich um ein Verbrechen aus Leidenschaft. Und dazu kann ich nur eines sagen: Ich war es nicht. Die schöne Arlena hatte nichts für mich übrig. Da war nichts zu machen. Sie hatte ihren eigenen blauäugigen Verehrer. Und wenn Sie mich fragen, dann hat Marshall etwas gemerkt.»
«Haben Sie dafür Beweise?»
«Ich habe beobachtet, wie er den jungen Redfern mehrmals wütend anstarrte. Ein stilles Wasser, dieser Marshall! Er sieht so freundlich und harmlos aus, als würde er die halbe Zeit schlafen, aber in der Geschäftswelt hat er einen ganz anderen Ruf. Ich habe ein paar Dinge über ihn gehört. Einmal wäre er beinahe wegen tätlichen Angriffs vor Gericht gekommen. Allerdings hatte man ihn auch böse reingelegt. Marshall hatte dem Kerl vertraut, und der hatte ihn kalt hängen gelassen. Eine besonders schmutzige Geschichte, soviel ich weiß. Marshall schnappte sich ihn und hätte ihn beinahe umgebracht. Der Bursche ging nicht vor Gericht, weil er Angst hatte, es würde zu viel herauskommen. Denken Sie von dieser Geschichte, was Sie wollen. So hat man sie mir jedenfalls berichtet.»
«Sie halten es also für möglich», sagte Poirot, «dass Captain Marshall seine Frau umbrachte?»
«Ganz und gar nicht. So etwas habe ich nie behauptet. Ich habe Ihnen nur erzählt, dass er zu der Sorte gehört, die zum Berserker werden kann.»
«Mr Blatt», sagte Poirot, «wir haben allen Grund zu der Annahme, dass Mrs Marshall heute Vormittag zur Feenbucht paddelte, weil sie jemand treffen wollte. Haben Sie eine Idee, wer das gewesen sein könnte?»
«Ich habe nicht nur eine Idee. Ich weiß es genau: Redfern!» Mr Blatt blinzelte.
«Es war nicht Mr Redfern!»
Das schien Mr Blatt zu verblüffen. Zögernd meinte er: «Da – da weiß ich nicht… nein, ich kann mir nicht vorstellen…» Dann fand er etwas von seinem früheren Schwung wieder. «Wie ich schon sagte», fuhr er dröhnend fort, « ich war es bestimmt nicht. Mal sehen – Gardener kann es auch nicht gewesen sein, seine Frau lässt ihn kaum aus den Augen! Der alte Idiot Barry? Unsinn! Und der Geistliche kommt wohl kaum in Frage. Obwohl ich ihn öfters dabei erwischte, wie er sie beobachtete. Alles heilige Empörung, aber trotzdem ein Auge für die Kurven, was? Ein Haufen Heuchler, diese Pfarrer. Wenigstens die meisten. Haben Sie die Geschichte gelesen, die vor vier Wochen in der Zeitung stand? Der Pfarrer und die Tochter des Küsters! Das hat einem die Augen geöffnet.» Mr Blatt kicherte.
«Es fällt Ihnen nichts ein, das uns weiterhelfen könnte?», fragte Oberst Weston kühl.
Der andere schüttelte den Kopf. «Nein, gar nichts.» Dann fügte er hinzu: «Das wird eine ziemliche Aufregung geben, meine ich. Für die Presse ist es ein gefundenes Fressen! Aus ist es mit der Vornehmheit und Exklusivität vom ‹Jolly
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