Das Böse unter der Sonne
Roger›.»
«Der Aufenthalt hier hat Ihnen nicht gefallen?», fragte Hercule Poirot.
Mr Blatts rotes Gesicht wurde noch röter. «Um ehrlich zu sein, es hat mir nicht gefallen. Essen und Service sind in Ordnung, die Insel ist schön, es lässt sich herrlich segeln aber es fehlt die Herzlichkeit, wenn Sie wissen, was ich meine. Ich will damit sagen, dass mein Geld genauso gut ist wie das der andern. Wir sind alle hier, um unsere Ferien zu genießen. Warum setzen wir uns dann nicht zusammen und tun das auch? All diese kleinen Gruppen und die Leute, die allein dasitzen und einem höchstens kühl guten Morgen oder guten Abend wünschen und eine kurze Bemerkung über das Wetter machen. Keine Lebensfreude. Ein Haufen hochnäsiger Statisten des Lebens.» Mr Blatt schwieg. Jetzt war er wirklich sehr rot.
Er wischte sich wieder über die Stirn und sagte entschuldigend: «Nehmen Sie es nicht ernst, was ich sage. Ich habe mich nur schrecklich aufgeregt.»
«Und was halten wir von Mr Blatt?», fragte Hercule Poirot, nachdem Blatt gegangen war.
Oberst Weston grinste. «Was halten Sie denn von ihm? Sie waren öfter mit ihm zusammen als ich.»
«Auf ihn passen verschiedene Beschreibungen», sagte Poirot. «Er ist ein ungeschliffener Diamant. Ein Selfmademan, ein Emporkömmling. Je nachdem, unter welchem Blickwinkel man ihn betrachtet, ist er pathetisch, lächerlich, angeberisch. Das ist Ansichtssache. Aber ich glaube, dass er noch etwas anderes ist.»
«Und das wäre?»
Hercule, Poirots Blick wanderte zur Decke. Er murmelte: «Ich glaube, er ist sehr nervös.»
«Ich habe die verschiedenen Zeiten festgestellt», sagte Inspektor Colgate. «Vom Hotel bis zur Leiter in die Feenbucht – drei Minuten. Das heißt, wenn man normal geht, solange man in Sichtweite des Hotels ist, und dann rennt wie der Teufel.»
Weston zog die Brauen hoch. «Das ist kürzer, als ich dachte.»
«Die Leiter hinunter bis zum Strand – eindreiviertel Minuten. Hinauf – zwei Minuten. Das ist die Zeit von Polizist Flint. Er ist ein ziemlicher Sportler. Wenn man wie ein normaler Mensch geht und klettert, braucht man für die ganze Sache fast eine Viertelstunde.»
Weston nickte. «Da ist noch ein anderes Problem, um das wir uns kümmern müssen: die Pfeife.»
«Blatt raucht Pfeife», sagte Colgate. «Marshall auch, der Geistliche ebenfalls. Redfern raucht Zigaretten, der Amerikaner mag nur Zigarren. Major Barry raucht überhaupt nicht. In Marshalls Zimmer liegt eine Pfeife, in Blatts liegen zwei, im Zimmer des Geistlichen fanden wir eine. Das Zimmermädchen behauptet, Marshall hätte zwei. Das zweite Zimmermädchen ist keine Leuchte. Sie weiß nicht, wie viele Pfeifen die andern beiden haben. Sie glaubt, sie hat zwei oder drei bei ihnen gesehen.» Weston nickte. «Noch etwas?»
«Ich habe die Angestellten überprüft. Sie scheinen alle ganz in Ordnung zu sein. Henry, der Barmann, bestätigt Marshalls Aussage. Er hat ihn um zehn Minuten vor elf gesehen. William, der den Strand in Ordnung hält, hat den ganzen Vormittag die Leiter an den Felsen beim Hotel repariert. Er ist auch unverdächtig. George hat den Tennisplatz frisch markiert und dann vor dem Esssaal Pflanzen gesetzt. Keiner der beiden hätte sehen können, ob jemand über den Damm zur Insel kam.»
«Wann war der Damm wieder im Trockenen?»
«Um halb zehn Uhr, Sir.»
Weston zupfte an seinem Schnurrbart. «Es ist gut möglich, dass jemand über den Damm auf die Insel gekommen ist, Colgate. Wir haben eine Neuigkeit für Sie.»
Er berichtete von der Brotschachtel, die sie in der Höhle gefunden hatten.
Es klopfte an die Tür. «Kommen Sie herein!», rief Weston. Es war Captain Marshall. «Würden Sie mir wohl sagen, was für Vorbereitungen ich wegen der Beerdigung treffen kann?», fragte er.
«Ich glaube, dass wir die gerichtliche Voruntersuchung für übermorgen ansetzen können, Captain Marshall.»
«Vielen Dank.»
«Entschuldigen Sie, Sir», sagte Inspektor Colgate. «Darf ich Ihnen die hier zurückgeben?» Er reichte Marshall die drei Briefe.
Kenneth Marshall lächelte etwas spöttisch. «Die Polizei hat also geprüft, wie schnell ich Schreibmaschine schreiben kann? Ich hoffe, ich bin jetzt von jedem Verdacht reingewaschen.»
«Ja, Captain Marshall», antwortete Oberst Weston freundlich, «ich glaube, wir können Ihnen ein gutes Führungszeugnis geben. Um diese Briefe zu tippen, braucht man eine Stunde. Außerdem hörte Sie das Zimmermädchen bis fünf Minuten vor
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