Das Bourne-Attentat
Wie auch immer, er hatte jedenfalls viel Boden an seinen Feind verloren, und Ikupow kam zu dem bestürzenden Schluss, dass er nur eine Chance hatte, noch zu gewinnen. Die entscheidenden Faktoren in dem Kampf waren Arkadin, die Pläne für den Anschlag der Schwarzen Legion auf das Empire State Building in New York und nicht zuletzt Jason Bourne. Denn Ikupow musste nun einsehen, dass sein alter Widersacher einfach zu stark war. Ohne die Hilfe der Amerikaner, so fürchtete er, war seine Sache verloren.
Er blickte durch das getönte Fenster auf die Skyline von München hinaus. Es ließ ihn innerlich erbeben, wieder hier zu sein, wo alles begonnen hatte, wo die Östliche Bruderschaft nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs vor dem Kriegstribunal der Alliierten bewahrt wurde.
Damals hatten sich sein Vater Farid Ikupow und Ibrahim Sever die Verantwortung für die Überreste der Ostlegionen geteilt. Bis zur Kapitulation Nazi-Deutschlands leitete Farid, der Intellektuelle der beiden, das Geheimdienstnetzwerk, das die Sowjetunion infiltrierte, während Ibrahim, der Krieger, die Legionen befehligte, die an der Ostfront kämpften.
Sechs Monate vor der deutschen Kapitulation trafen sich die beiden Männer in der Nähe von Berlin. Sie sahen das Ende kommen, auch wenn die wahnsinnige Nazi-Führung nichts davon mitbekam. Und so schmiedeten sie Pläne, wie sie dafür sorgen konnten, dass ihre Leute das Ende des Krieges überlebten. Als Erstes brachte Ibrahim seine Soldaten aus der Schusslinie. Die bürokratische Infrastruktur der Nazis war zu diesem Zeitpunkt bereits empfindlich geschwächt von den Bombardements der Alliierten, und so war es nicht schwer, seine Leute nach Belgien, Dänemark, Griechenland und Italien zu verlegen, wo sie vor dem vernichtenden Ansturm der alliierten Truppen in Sicherheit waren.
Farid und Ibrahim hassten Stalin, weil sie all die Verbrechen gesehen hatten, die er angeordnet hatte, und so verstanden sie die Angst der westlichen Alliierten vor dem Kommunismus. Farid wies sehr überzeugend darauf hin, dass die Alliierten keine Soldaten bräuchten, umso mehr aber ein Geheimdienstnetzwerk, das bereits in der Sowjetunion aktiv war. Er erkannte in aller Klarheit, dass der Kommunismus in krassem Gegensatz zum Kapitalismus stand und dass Amerikaner und Sowjets nur aus einer Notsituation heraus zu Verbündeten geworden waren. Und er spürte, dass diese unfreiwilligen Verbündeten nach dem Krieg bald zu erbitterten Feinden werden würden.
Ibrahim schloss sich der Argumentation seines Freundes an, und so gelang es Farid und Ibrahim tatsächlich meisterhaft, an den deutschen Nachkriegsbehörden vorbei ihre Leute unter Kontrolle zu behalten. So konnten die ehemaligen Ostlegionen im Nachkriegsdeutschland nicht nur überleben, sondern regelrecht gedeihen.
In der Folge kam es jedoch zu gewaltsamen Vorkommnissen, die Farid stutzig machten. Mehrere deutsche Beamte, die sich seiner Argumentation nicht anschließen wollten, wurden plötzlich durch andere ersetzt, die ihnen freundlich gesinnt waren. Das war schon seltsam genug, doch dann fand Farid heraus, dass die ersetzten Beamten gar nicht mehr existierten. Einer nach dem anderen waren sie wie vom Erdboden verschwunden, und niemand sah oder hörte noch etwas von ihnen.
Farid überging die schwächliche deutsche Bürokratie und wandte sich mit seiner Besorgnis gleich an die Amerikaner, doch ihre Reaktion war ein einziges Achselzucken. Niemand schien sich darum zu kümmern, wenn irgendwo Deutsche verschwanden. Sie waren alle zu sehr damit beschäftigt, ihren Anteil an Berlin zu verteidigen.
Zu dieser Zeit trat Ibrahim mit dem Vorschlag an ihn heran, das Hauptquartier der Ostlegionen nach München zu verlegen, um den wachsenden Feindseligkeiten zwischen Amerikanern und Sowjets aus dem Weg zu gehen. Die Gleichgültigkeit der Amerikaner machte es Farid leicht, dem Plan seines Gefährten zuzustimmen.
München war nach dem Krieg eine ausgebombte Stadt mit jeder Menge eingewanderter Muslime. Ibrahim begann sofort, diese Leute für ihre Organisation zu gewinnen, der sie inzwischen einen neuen Namen, nämlich Östliche Bruderschaft, gegeben hatten. Farid stellte fest, dass die amerikanischen Geheimdienstleute in München viel empfänglicher für seine Argumente waren. Ja, sie zeigten großes Interesse an ihm und seinem Netzwerk. Diesen Umstand nützte er und bot ihnen an, dass seine Leute hinter dem Eisernen Vorhang Informationen sammeln würden, wenn die Amerikaner dafür
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