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Das Bourne-Attentat

Das Bourne-Attentat

Titel: Das Bourne-Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Oberst mir bestätigen.«
    Boris nickte mit ernster Miene. »Sogar Tscherkesow fürchtet ihn, und unser Präsident genauso. Ich persönlich kenne niemanden im FSB-1 oder FSB-2, der bereit wäre, es mit ihm aufzunehmen. Er ist wie ein großer weißer Hai, der König der Killer.«
    »Übertreibt ihr da jetzt nicht ein bisschen?«
    Maslow beugte sich vor, die Ellbogen auf die Knie gestützt. »Hören Sie, mein Freund, wie immer Ihr richtiger Name ist, aber dieser Mann ist in Nischni Tagil aufgewachsen. Kennen Sie die Stadt? Nein? Dann will ich Ihnen ein paar Dinge erzählen. Diese Stadt östlich von hier im südlichen Ural ist die Hölle auf Erden. Die Luft ist verpestet vom Rauch der Eisenhütten. Arm ist gar kein Ausdruck, mit dem man die Bewohner beschreiben könnte. Sie schütten ihren teuflischen selbst gebrannten Wodka in sich hinein, bis sie umkippen. Die Polizei, wenn man sie so nennen will, ist genauso brutal und sadistisch wie die Leute, die dort leben. So wie ein Gulag seine Wachtürme hat, so ist Nischni Tagil von Hochsicherheitsgefängnissen umgeben. Nachdem die Gefängnisinsassen nicht einmal Geld für den Zug bekommen, wenn sie entlassen werden, bleiben sie in der Stadt. Sie als Amerikaner können sich gar nicht vorstellen, was für eine Brutalität dort herrscht. Nur die ärgsten Verbrecher trauen sich nach zehn Uhr abends noch auf die Straße.«
    Maslow wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von den Wangen. »Und dort ist Arkadin aufgewachsen. In diesem Sumpf hat er sich einen Namen gemacht, indem er Leute aus ihren Wohnungen in den alten Häusern aus der Sowjetzeit warf; die Wohnungen verkaufte er dann an Kriminelle, die das Geld dafür den normalen Bürgern gestohlen hatten.
    Aber was immer Arkadin in seiner Jugend in Nischni Tagil widerfahren ist – und ich behaupte nicht, dass ich weiß, was das gewesen sein mag –, es verfolgt ihn jedenfalls wie ein Dämon. Ich sage Ihnen, einen Menschen wie ihn haben Sie noch nie getroffen. Und glauben Sie mir, das ist auch besser so.«
    »Ich weiß, wo er ist«, sagte Bourne. »Ich werde ihn finden.«
    »Oh Gott.« Maslow schüttelte den Kopf. »Sie müssen eine echte Todessehnsucht haben.«
    »Sie kennen meinen Freund hier nicht«, wandte Boris ein.
    Maslow musterte Bourne. »Ich glaube, ich will ihn gar nicht besser kennen.« Er stand auf. »Er hat den Gestank des Todes an sich.«

Kapitel neunundzwanzig
     
    Der Mann, der am Flughafen München aus dem Flugzeug stieg und so wie alle anderen Passagiere durch den Zoll ging, sah überhaupt nicht wie Semjon Ikupow aus. Sein Name war Franz Richter, sein Reisepass wies ihn als deutschen Staatsbürger aus, doch unter der Schminke und den kleinen Gesichtsveränderungen war er doch niemand anders als Semjon Ikupow.
    Trotzdem fühlte sich Ikupow nackt und ungeschützt, den suchenden Blicken seiner Feinde ausgesetzt, die, wie er wusste, überall lauerten. Sie warteten geduldig auf ihn, so wie sein eigener Tod. Seit er das Flugzeug bestiegen hatte, wurde er von bösen Vorahnungen geplagt. Er hatte dieses Gefühl während des Fluges nicht abschütteln können, und es wollte ihm auch jetzt nicht gelingen. Es kam ihm so vor, als wäre er nach München gekommen, um seinem eigenen Tod ins Gesicht zu sehen.
    Sein Fahrer erwartete ihn bei der Gepäckausgabe. Der schwer bewaffnete Mann nahm den Koffer vom Gepäckförderband und führte Ikupow durch das überfüllte Flughafengebäude hinaus in den Münchner Abend, der genauso grau war wie der Morgen. Es war nicht so kalt wie in der Schweiz, aber dafür feuchter, so dass ihm die Kälte genauso durch und durch ging wie seine Vorahnung.
    Es empfand weniger Angst, sondern eher Traurigkeit. Eine gewisse Traurigkeit darüber, dass er den Ausgang dieses Kampfes vielleicht nicht mehr erleben würde, dass sein verhasster Feind triumphieren könnte, dass das Gedenken an seinen Vater beschmutzt und der Mord an ihm ungesühnt bleiben könnte.
    Gewiss, es hatte herbe Verluste auf beiden Seiten gegeben, dachte er, als er sich auf den Rücksitz des taubengrauen Mercedes setzte. Das Endspiel hatte begonnen, und er hatte das beklemmende Gefühl, dass ihm das Schachmatt drohte. Widerstrebend musste er sich eingestehen, dass ihn der Feind immer wieder ausmanövriert hatte. Vielleicht war er einfach nicht imstande, die große Vision weiterzuführen, die sein Vater für die Östliche Bruderschaft entwickelt hatte. Vielleicht war die Pervertierung der alten Ideale schon zu weit fortgeschritten.

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