Das Bourne-Attentat
in einem Leichensack.
Kapitel vierzig
»Wo bist du, Jason?«, fragte Moira. »Ich habe schon versucht, dich zu erreichen.«
»Ich bin in München«, sagte er.
»Wie schön! Gott sei Dank bist du in der Nähe. Ich muss dich sehen.« Sie schien ein wenig außer Atem zu sein. »Sag mir, wo du bist, dann komme ich hin.«
Bourne wechselte sein Handy von einem Ohr zum anderen, um seine unmittelbare Umgebung besser beobachten zu können. »Ich bin auf dem Weg zum Englischen Garten.«
»Was machst du in Schwabing?«
»Das ist eine lange Geschichte. Ich erzähle sie dir, wenn wir uns treffen.« Bourne sah auf seine Uhr. »Aber ich treffe mich in zehn Minuten mit Soraya beim Chinesischen Turm. Sie sagt, sie hat neue Informationen über einen geplanten Terroranschlag in den Staaten.«
»Das ist merkwürdig«, sagte Moira. »Ich auch.«
Bourne überquerte die Straße; er beeilte sich, sah sich jedoch weiter aufmerksam um.
»Dann treffen wir uns dort«, fügte Moira hinzu. »Ich kann in fünfzehn Minuten dort sein.«
»Das ist keine gute Idee.« Er wollte nicht, dass sie bei seinem Gespräch mit Soraya dabei war. »Ich rufe dich an, sobald ich fertig bin, dann können wir –« Jetzt erst merkte er, dass da niemand mehr am anderen Ende war. Er wählte Moiras Nummer, wurde jedoch nur mit ihrer Voicemail verbunden. Verdammt, dachte er.
Er erreichte den Rand des Parks, der doppelt so groß war wie der Central Park in New York. In dem Park, der sich zu beiden Seiten der Isar erstreckte, gab es Jogging- und Radwege, Wiesen, Waldstücke und sogar Hügel. Auf einem dieser Hügel befand sich ein Biergarten am sogenannten »Chinesischen Turm«.
Er dachte natürlich an Soraya, als er in die Gegend kam. Es war wirklich merkwürdig, dass sowohl sie als auch Moira aktuelle Informationen über den Anschlag hatten. Er dachte wieder an sein Telefongespräch mit Soraya. Irgendetwas daran hatte ihn beunruhigt, doch er kam einfach nicht drauf, was es war.
Die Horden von Touristen, die hier unterwegs waren, ließen ihn etwas langsamer vorankommen. Beim Chinesischen Turm hatten sich Studenten versammelt, die gegen irgendeine Änderung der Studienpläne demonstrierten.
Er kämpfte sich durch die Menge, vorbei an einer Mutter mit ihrem Kind und an einer großen Familie mit Nike-Schuhen und hässlichen Trainingsanzügen. Das Kind sah ihn an, und Bourne lächelte instinktiv. Dann wandte er sich ab und wischte sich das Blut aus dem Gesicht, wenngleich die Wunden aus dem Kampf mit Arkadin weiterbluteten.
»Nein, du bekommst keine Würstchen«, sagte die Mutter in ausgeprägtem britischem Akzent zu ihrem Kind. »Dir war die ganze Nacht schlecht.«
»Aber Mummy«, protestierte das Kind, »mir geht’s schon wieder ganz prima.«
Ganz prima. Bourne blieb abrupt stehen und rieb sich die Schläfe mit dem Handballen. Ganz prima-, die Worte schössen in seinem Kopf herum wie eine Kugel in einem Pachinko-Automaten.
Soraya.
Hallo, ich bin’s, Soraya. So hatte sie ihren Anruf begonnen.
Dann hatte sie gesagt: Also, ich bin in München.
Und ganz am Ende des Gesprächs hatte sie gesagt: Ja, das wäre ganz prima, wenn du das schaffen könntest.
Bourne wurde in der Menschenmenge hierhin und dorthin getrieben und hatte ein Gefühl, als würde sein Kopf brennen. Irgendetwas war mit diesen Sätzen. Er kannte sie und wusste doch nicht, was sie zu bedeuten hatten. Wie konnte das sein? Er schüttelte den Kopf. Erinnerungen tauchten auf. Ein Licht schimmerte …
Und dann sah er Moira. Sie eilte aus der entgegengesetzten Richtung auf den Chinesischen Turm zu, mit einem entschlossenen, fast grimmigen Gesichtsausdruck. Was war geschehen? Welche Informationen hatte sie für ihn?
Er reckte den Hals und versuchte Soraya in dem Gewühl der Demonstration zu finden. In diesem Augenblick erinnerte er sich.
Ganz prima.
Er und Soraya hatten dieses Gespräch schon einmal geführt – aber wo? In Odessa? Hallo, ich bin’s – diese Worte vor dem Namen bedeuteten, dass sie unter Zwang sprach. Also vor einer Ortsangabe hieß, dass sie nicht wirklich dort war.
Ganz prima bedeutete, dass das Ganze eine Falle war.
Er blickte auf, und sein Herz sank. Moira lief direkt auf die Falle zu.
Als die Tür aufging, erstarrte Willard. Er war auf Händen und Knien, so dass man ihn von der Tür aus nicht hinter dem Schreibtisch sehen konnte. Er hörte Stimmen – eine davon war die von LaValle – und hielt den Atem an.
»Kein Problem«, sagte LaValle. »Mailen Sie mir die
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