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Das Bourne-Attentat

Das Bourne-Attentat

Titel: Das Bourne-Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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brauche mehr Geld«, sagte Jelena eines Nachts, als sie im Bett lagen.
    »Wofür? Ich habe dir doch genug gegeben.«
    »Es wird immer schlimmer hier, die Mädchen weinen die ganze Zeit, sie werden geschlagen und dann verschwinden sie. Früher habe ich mich mit den Mädchen angefreundet, damit mir nicht so langweilig ist und damit ich auch am Tag etwas zu tun habe, aber das ist heute sinnlos. Nach einer Woche sind sie sowieso wieder weg.«
    Arkadin war auch aufgefallen, dass Kuzin immer mehr und mehr Mädchen brauchte. »Ich verstehe nicht, warum du deswegen mehr Geld brauchst.«
    »Wenn ich schon keine Freundinnen haben kann«, antwortete Jelena, »dann will ich Drogen.«
    »Ich habe dir doch gesagt – keine Drogen«, erwiderte Arkadin, während er sich von ihr wegdrehte und aufsetzte.
    »Wenn du mich liebst, dann bringst du mich von hier weg.«
    »Liebe?« Er drehte sich zu ihr um und sah sie an. »Wer hat etwas von Liebe gesagt?«
    Sie begann zu weinen. »Ich will mit dir leben, Leonid. Ich will für immer mit dir zusammen sein.«
    Arkadin spürte etwas Unbekanntes, das ihm die Kehle zuschnürte. »Gott«, sagte er und nahm seine Kleider, »woher hast du solche Ideen?«
    Er ließ sie weinen und ging los, um neue Mädchen zu beschaffen. Bevor er zur Haustür kam, trat Stas Kuzin zu ihm.
    »Wenn Jelena weint, ist das schlecht für die anderen Mädchen«, zischte er ihm zu. »Schlecht fürs Geschäft.«
    »Sie will mit mir leben«, sagte Arkadin. »Kannst du dir das vorstellen?«
    Kuzin lachte – ein Geräusch, als würde man mit Nägeln über eine Tafel kratzen. »Ich frage mich, was schlimmer wäre, das Gekeife der Frau, die wissen will, wo du die ganze Nacht warst, oder das Geschrei der Bälger, die dich nicht schlafen lassen.«
    Sie lachten beide über die Bemerkung, und Arkadin dachte sich nichts mehr dabei. In den nächsten drei Tagen arbeitete er viel und suchte Nischni Tagil systematisch nach Mädchen ab, die für das Bordell infrage kamen. Danach schlief er zwanzig Stunden durch und machte sich dann auf den Weg zu Jelenas Zimmer. Er traf ein anderes Mädchen dort an, eines, das er erst kürzlich von der Straße entführt hatte und das jetzt in Jelenas Bett schlief.
    »Wo ist Jelena?«, fragte er und schlug die Bettdecke zurück.
    Sie sah ihn an und blinzelte wie eine Fledermaus in der Sonne. »Wer ist Jelena?«, fragte das Mädchen schlaftrunken.
    Arkadin ging hinaus und schritt direkt in Stas Kuzins Büro. Der stämmige Mann saß hinter einem grauen Metallschreibtisch und telefonierte, doch er winkte Arkadin herein und bedeutete ihm, sich zu setzen, während er das Gespräch zu Ende führte. Arkadin blieb lieber stehen; er schnappte sich einen Holzsessel und stützte sich auf die Rückenlehne.
    Nach einer Weile legte Kuzin den Hörer auf. »Was kann ich für dich tun, mein Freund?«
    »Wo ist Jelena?«
    »Wer?«, fragte Kuzin und zog die Augenbrauen zusammen, dass er fast wie ein Zyklop aussah. »Oh, ja, die Heulsuse.« Er lächelte. »Sie wird dich nicht mehr belästigen.«
    »Was soll das heißen?«
    »Warum fragst du, wenn du die Antwort sowieso weißt?« Kuzins Telefon klingelte, und er hob ab. »Bleib dran, verdammt«, blaffte er in den Hörer. Dann sah er seinen Partner an. »Heute Abend gehen wir essen und feiern deine Freiheit, Leonid Danilowitsch. Wir schlagen uns die Nacht um die Ohren, was?«
    Dann wandte er sich seinem Anruf zu.
    Arkadin fühlte sich wie erstarrt, so als wäre er für den Rest seines Lebens dazu verdammt, diesen Augenblick immer wieder zu erleben. Stumm ging er wie ein Roboter aus dem Büro, aus dem Bordell, aus dem Haus, das ihm zusammen mit Kuzin gehörte. Ohne nachzudenken, stieg er in seinen Wagen und fuhr nach Norden in den Tannenwald. Es war keine Sonne am Himmel zu sehen, da waren nur die Schornsteine am Horizont. Ein orangeroter Schimmer lag in der verpesteten Luft, so als würde alles in Flammen stehen.
    Arkadin bog von der Straße ab, hielt an und ging den Weg entlang, den der Van zuvor genommen hatte. Irgendwann wurde ihm bewusst, dass er lief, so schnell er konnte, während der Verwesungsgestank, der ihn empfing, immer stärker wurde.
    Vor der Grube blieb er abrupt stehen. An manchen Stellen war ungelöschter Kalk ausgestreut worden, um den Verwesungsprozess zu beschleunigen; trotzdem war deutlich zu erkennen, was in der Grube lag. Seine Augen wanderten über die Leichen, bis er sie fand. Jelena lag mitten unter den anderen; einige sehr große Ratten arbeiteten sich

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