Das Bourne Duell
so geplant, es war der einzige Grund, warum er bereit war, Treadstone zu unterstützen, und ich habe ihm in die Hände gespielt.«
»Das ist ein verdammt hoher Preis für einen Ring«, meinte Marks. »Es muss ein sehr seltenes, wertvolles oder wichtiges Stück sein.«
»Ich werde mir noch einmal das Foto von der Gravur ansehen«, sagte Willard nachdenklich. »Das ist der einzige Weg, wie wir vielleicht mehr über den Ring herausfinden können. Von Liss werden wir sicher nichts erfahren.«
Sie waren über die Mall geschlendert, vom Washington Monument in Richtung Lincoln Memorial, die Hände in den Manteltaschen vergraben, den Kopf eingezogen, um sich vor dem Wind zu schützen, doch im letzten Moment hatten sie beschlossen, noch kurz beim Vietnam Veterans Memorial vorbeizuschauen. Unterwegs hatten sie, jeder für sich, nach eventuellen Beschattern Ausschau gehalten. Sie trauten niemandem mehr, am wenigsten Oliver Liss.
Sie blieben stehen, und Willard betrachtete die dunkle Memorial Wall und schloss die Augen. Plötzlich huschte ein leises Lächeln über seine Lippen. »Er glaubt, er hat mich schachmatt gesetzt, aber ich habe eine Dame, über die er keine Kontrolle hat.«
Marks schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.«
Willard schlug die Augen auf. »Soraya Moore.«
Marks sah ihn erschrocken an. »O nein.«
»Ich hab dir gesagt, dass du sie anwerben sollst, und du hast es getan.«
Zwei Veteranen in Uniform – der eine schob den anderen im Rollstuhl – kamen über die lange Rampe herunter und blieben vor den Namen auf der Mauer stehen. Der Veteran im Rollstuhl hatte keine Beine mehr. Er gab seinem Freund einen Blumenstrauß und eine kleine amerikanische Flagge an einem Holzständer. Sein Freund legte beides vor der Mauer nieder, wo die Namen ihrer Landsleute für alle Zeiten eingraviert waren.
Willard hatte ein Funkeln in den Augen, als er sich von der Szene abwandte. »Ich habe einen ersten Auftrag für sie. Sie muss Leonid Arkadin finden.«
»Du hast gesagt, du hast ihn verloren«, wandte Marks ein. »Wo soll sie ihn denn suchen?«
»Das ist ihr Problem«, erwiderte Willard. »Sie ist ein kluges Mädchen, ich habe ihre Laufbahn verfolgt, seit sie sich bei Typhon einen Namen gemacht hat.« Er lächelte. »Hab ein bisschen Vertrauen, Peter. Sie versteht ihr Handwerk, außerdem hat sie von Natur aus einen Vorteil gegenüber dir und mir. Sie ist eine sehr gut aussehende Frau, hoch attraktiv, und das bedeutet, dass Arkadin sie wittern wird, wenn sie auch nur in seine Nähe kommt.«
Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren in seinen gewohnten Bahnen. »Ich will, dass sie ihm nahekommt, Peter. Dann kann sie mir sagen, was er macht und warum er es tut.«
Die beiden Veteranen hingen mit gesenkten Köpfen ihren Erinnerungen nach, während die Touristen um sie herum immer mehr wurden. Manche, vielleicht Angehörige von Gefallenen, strichen mit der Hand über einen Namen. Eine japanische Reiseführerin hielt ein
gelbes Fähnchen hoch, um ihre Gruppe um sich zu versammeln.
Marks fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Also, das geht mir zu weit. Ich komme mir vor wie ein … wie ein Zuhälter.«
Willard machte ein Gesicht, als würde er in eine Zitrone beißen. »Du benimmst dich wie ein Pfadfinder. In der CI haben sie dir das sicher nicht beigebracht. Der Alte hätte dir den Kopf abgerissen.«
»Soraya und ich, wir sind Freunde, Fred. Schon sehr lange.«
»In diesem Geschäft gibt es keine Freunde, Peter, nur Unterdrückte. Ich bin Liss’ Sklave, und du bist meiner, und sie muss tun, was du ihr sagst. So läuft das nun einmal.«
Marks sah genauso mürrisch drein wie Willard nach ihrem Frühstück mit Liss.
»Du sagst ihr, was sie zu tun hat, bevor wir zum Flughafen fahren …« Willard sah auf seine Uhr. »Du hast also nicht ganz sechs Stunden Zeit, um dich auf London vorzubereiten und die Sache zu regeln.« Er sah ihn mit einem breiten Grinsen an. »Mehr als genug für einen cleveren Burschen wie dich, meinst du nicht auch?«
SIEBEN
»Ich muss jetzt gehen«, sagte Bourne. »Wir brauchen beide ein bisschen Schlaf.«
»Ich will nicht schlafen«, erwiderte Chrissie. »Bad dreams in the night« , sang sie mit einem tristen Lächeln und legte fragend den Kopf auf die Seite. »Kate Bush. Kennen Sie ihre Songs?«
»Das ist aus ›Wuthering Heights‹, nicht wahr?«
»Ja, meine Tochter Scarlett ist ein großer Fan von ihr. In Oxford hört man nicht viel Kate Bush, das kann ich
Weitere Kostenlose Bücher