Das Bourne Imperium
stieß der junge Geschäftsmann hervor und deutete auf Davids Aktenkoffer. »Bu jing ya!«
»Ihr Kunde spricht fließend chinesisch, Mr. Song.« Der Fahrer wandte sich David zu. »Wie Sie hören, Sir, nimmt Mr. Song an Ihrem Koffer Anstoß.«
»Den gebe ich nicht aus der Hand«, sagte Webb.
»Dann ist ein ernsthaftes Gespräch über Geschäfte ausgeschlossen«, erwiderte Wu Song in makellosem Englisch.
»Warum? Ihr Wachmann hat ihn überprüft. Er enthält keine Waffen, und selbst wenn – sobald ich auch bloß versuche, ihn aufzumachen, liege ich vermutlich schon flach, ehe der Deckel offen ist.«
»Kunststoff?«, sagte Wu Song in fragendem Ton. »Kunststoffmikrofone und ein Tonbandgerät, dessen Metallgehalt so niedrig ist, dass selbst komplizierte Geräte sie nicht entdecken können?«
»Sie leiden ja an Verfolgungswahn.«
»In Ihrem Lande würde man sagen, das bringt das Geschäft so mit sich.«
»Sie beherrschen meine Sprache ausgezeichnet.«
»Columbia University, Examensjahrgang dreiundsiebzig.«
»Hauptfach Waffenkunde?«
»Nein, Marketing.«
»Aiya!«, schrie Pak-fei, aber zu spät. Im schnellen Wortwechsel waren die Wächter unbemerkt näher gekommen und hatten sich blitzschnell auf Webb und den Fahrer gestürzt.
Jason Bourne wirbelte herum, ließ den Arm des Angreifers von seiner Schulter abrutschen, klemmte ihn unter den eigenen Arm, drehte sich auf der Stelle, zwang den Mann zu Boden und schmetterte ihm den Aktenkoffer ins Gesicht. Die Bewegungen fielen ihm wieder ein. Die Gewalt war wieder da, so wie sie einst auf einer Mittelmeerinsel zu einem verwirrten, unter Amnesie leidenden Mann zurückgekehrt war. So viel vergessen, so viel unerklärt, aber erinnert. Der Mann fiel benommen zu Boden, während sein Partner sich wütend Webb zuwandte, nachdem er Pak-fei niedergeschlagen hatte. Er sprang ihn mit einem Satz an, die Hände schräg vor dem Körper; seine breite Brust und seine Schultern waren wie zwei Rammen. David ließ den Aktenkoffer fallen, wich nach rechts aus und wirbelte dann wieder herum, sein linker Fuß zuckte hoch und traf den Chinesen mit solcher Gewalt in den Unterleib, dass der Mann sich schreiend zusammenkrümmte. Im nächsten Augenblick trat Webbs rechter Fuß zu, und seine Fußspitze bohrte sich dem Angreifer unmittelbar unter der Kinnlade in die Kehle. Der Mann wälzte sich, nach Luft schnappend, am Boden, eine Hand am Unterleib, die andere am Hals. Jetzt versuchte der erste Wachmann aufzustehen; Bourne schmetterte ihm das Knie in die Brust,
sodass er ein paar Meter weit durch den Raum flog und bewusstlos unter einem Schaukasten zu Boden sank.
Der junge Waffenhändler von der Columbia-Universität war wie benommen. Sein Blick sprach Bände: Er wurde hier Zeuge des Undenkbaren und rechnete jeden Augenblick damit, dass das, was er sah, sich umkehrte, dass seine Wachleute die Sieger waren. Und dann wurde ihm plötzlich klar, dass das nicht geschehen würde; er rannte voller Panik auf die Tür zu und erreichte sie in dem Moment, in dem Webb ihn eingeholt hatte. Davids Hand packte die gepolsterten Schultern und riss den Geschäftsmann zurück. Wu Song stolperte über die eigenen Füße und stürzte; er hob bittend die Hände.
»Nein, bitte! Nicht! Ich kann körperliche Gewalt nicht ertragen! Nehmen Sie sich, was Sie wollen!«
»Sie können was nicht ertragen?«
»Sie haben es doch gehört, mir wird davon schlecht!«
»Und was, zum Teufel, ist das hier?«, schrie David und machte eine Handbewegung, die den ganzen Raum einschloss.
»Angebot und Nachfrage, sonst nichts. Nehmen Sie sich, was Sie wollen, aber rühren Sie mich nicht an. Bitte!«
Angeekelt trat Webb neben den gestürzten Fahrer, der sich jetzt langsam auf die Knie aufrichtete. Aus seinen Mundwinkeln rann Blut. »Was ich nehme, bezahle ich auch«, sagte er zu dem Waffenhändler, während er den Fahrer am Arm packte und ihm beim Aufstehen half. »Sind Sie unverletzt?«
»Sie handeln sich viel Ärger ein, Sir«, erwiderte Pak-fei mit zitternden Händen und angsterfülltem Blick.
»Für das hier können Sie nichts. Und Wu Song weiß das, nicht wahr, Wu?«
»Ich habe Sie hierhergebracht!«, beharrte der Fahrer.
»Weil ich etwas kaufen wollte«, fügte David schnell hinzu. »Bringen wir es hinter uns. Aber zuerst fesseln Sie diese zwei Schläger. Nehmen Sie die Vorhänge. Reißen Sie sie herunter!«
Pak-fei warf dem jungen Waffenhändler einen flehenden
Blick zu. »Beim allmächtigen Heiland der Christen, tun
Weitere Kostenlose Bücher