Das Bourne Imperium
gemacht«, sagte der Chinese. »Vielleicht reicht das.«
»Es reicht. So, und was ist jetzt mit meiner Frau ?«
»Ich bin nicht taub. Ich bin nicht zu solchen Informationen privilegiert.«
»Dann holen Sie jemanden an den Apparat, der das ist. Jetzt! «
»Sie werden andere treffen, die mehr wissen.«
»Wann?«
»Wir melden uns wieder bei Ihnen. In welchem Zimmer sind Sie?«
»Ich werde Sie anrufen. Sie haben fünfzehn Minuten Zeit.«
»Sie erteilen mir Befehle?«
»Ich weiß, wo Sie sind – welches Fenster, welches Büro –, Sie gehen recht ungeschickt mit Ihrem Gewehr um. Sie hätten den Lauf schwärzen müssen; die Sonne spiegelt sich im Metall, das weiß jedes Kind. In dreißig Sekunden werde ich hundert Fuß von Ihrer Türe entfernt sein, aber Sie werden nicht wissen, wo ich bin, und Sie können nicht weg vom Telefon.«
»Ich glaube Ihnen nicht!«
»Probieren Sie es doch aus. Jetzt beobachten Sie nicht mich, sondern ich Sie. Sie haben fünfzehn Minuten Zeit, und wenn ich wieder anrufe, möchte ich mit meiner Frau sprechen.«
»Sie ist nicht hier!«
»Wenn ich glaubte, dass sie das wäre, dann wären Sie jetzt tot. Dann hätte ich Ihnen den Kopf abgeschnitten und zum Fenster hinausgeworfen zu dem anderen Müll im Hafen. Wenn Sie meinen, ich übertreibe, dann erkundigen Sie sich doch. Fragen Sie Leute, die mit mir zu tun hatten. Fragen Sie Ihren Taipan, den Yao Ming, den es nicht gibt.«
»Ich kann Ihre Frau doch nicht herbeizaubern, Jason Bourne«, schrie der Mann verängstigt.
»Dann besorgen Sie sich eine Nummer, wo ich sie erreichen kann. Entweder höre ich ihre Stimme – und sie spricht mit mir – oder es gibt nichts. Bloß Ihre kopflose Leiche und ein schwarzes Tuch um Ihren blutenden Hals. Fünfzehn Minuten! «
David hängte den Hörer auf und wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Jetzt hatte er es getan. Der Verstand und die Worte waren die Jason Bournes gewesen – er hatte sich in eine Zeit zurückbegeben, an die er sich nur vage erinnerte, und hatte instinktiv gewusst, was zu tun und was zu sagen war und wie zu drohen. Daraus war eine Lehre zu ziehen. Der Schein war stärker als die Realität. Oder gab es irgendwo in ihm eine Realität, die nach draußen drängte, die die Kontrolle übernehmen wollte, die David Webb aufforderte, dem Mann in seinem Inneren zu vertrauen?
Er verließ die unerträglich überfüllte Arkade und bog nach rechts, auf den ähnlich überfüllten Bürgersteig. Die Goldene Meile von Tsim Sha Tsui bereitete sich auf ihre nächtlichen Spiele vor, und er würde das Gleiche tun. Er konnte jetzt zum Hotel zurückkehren; Liang würde meilenweit entfernt sein, möglicherweise gerade damit beschäftigt, einen Flug nach Taiwan zu buchen, falls an dem, was er in seiner Angst herausgeplappert hatte, auch nur eine
Spur von Wahrheit war. Webb würde den Lastenaufzug benutzen, um in sein Zimmer zu kommen, für den Fall, dass andere ihn in der Hotelhalle erwarteten, obwohl er das bezweifelte. Der Schießstand, der in Wirklichkeit ein leeres Büro im New World Centre war, war kein Befehlsposten, und der Schütze war kein Befehlshaber, sondern nur ein Verbindungsmann, den jetzt Todesangst quälte.
Mit jedem Schritt, den David die Nathan Road hinunterging, wurde sein Atem kürzer und das Pochen in seiner Brust lauter. In zwölf Minuten würde er Maries Stimme hören. O Gott , wie er sich das wünschte! Er musste sie hören! Die Aussicht darauf war das Einzige, was ihn bei Verstand hielt, das Einzige, worauf es jetzt ankam.
»Ihre fünfzehn Minuten sind um«, sagte Webb. Er saß auf der Bettkante, versuchte, seinen Herzschlag unter Kontrolle zu bekommen, und fragte sich dabei, ob man sein Echo ebenso hören konnte, wie er es jetzt hörte. Er hoffte, dass seine Stimme davon nicht zitterte.
»Rufen Sie fünf-zwo, sechs, fünf, drei.«
»Fünf?« David kannte das Amt. »Dann ist sie in Hongkong, nicht in Kowloon?«
»Man wird sie sofort an einen anderen Ort bringen.«
»Ich rufe Sie wieder an, nachdem ich mit ihr gesprochen habe.«
»Das ist nicht nötig, Jason Bourne. Dort sind gut informierte Männer, die mit Ihnen sprechen werden. Mein Auftrag ist erledigt, und Sie haben mich nie gesehen.«
»Ich brauche Sie gar nicht zu sehen. Man wird eine Aufnahme von Ihnen machen, wenn Sie das Büro verlassen, aber Sie werden nicht wissen, wer sie macht oder von wo aus. Wahrscheinlich werden Sie eine Anzahl Leute sehen – im Gang oder im Lift oder in der Halle –, aber
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