Das Bourne Ultimatum
Außer der Windschutzscheibe waren die Fenster nicht nur gefärbt, sondern beinahe undurchsichtig. »Machen Sie schon, sehn Sie her!« Der Capo, den Blick auf die Straße gerichtet, verdrehte seinen Kopf grotesk in Richtung Panov. Seine dicken Lippen waren hochgezogen und seine Zähne gebleckt wie bei einem Kind, das vor einem Spiegel Monster spielt.
»Sagen Sie mir, was Sie sehen.«
»Es ist zu dunkel hier drinnen«, erwiderte Mo. Aber das Wichtigste, was er sehen wollte, konnte er durch die Windschutzscheibe erkennen. Sie befanden sich auf einer Landstraße, so schmal und so ländlich, dass es schon einen Schritt daneben nichts als Schlamm gab. Wohin immer er gefahren wurde, es geschah auf extremen Umwegen.
»Öffnen Sie das verdammte Fenster!«, bellte der Wächter, den Kopf immer noch verdreht, wobei sein offenstehender Mund einer Karikatur von Orca glich, einem Wal, der sich übergeben wollte. »Verheimlichen Sie mir nichts. Ich werde diesem Sack jeden Finger brechen! Er kann dann seine verdammten Operationen mit den Ellbogen machen! Ich habe meiner Schwester gesagt, dass er nicht gut ist, dieser Windhund. Liest immer Bücher, keine action, wenn Sie wissen, was ich meine?«
»Wenn Sie mal für ein paar Sekunden zu schreien aufhören, dann kann ich mehr erkennen«, sagte Panov, nachdem er das Fenster auf seiner Seite runtergedreht hatte und nichts als Bäume sah und gewöhnliches Gebüsch auf einer entschieden abgelegenen Straße, die bestimmt nicht auf vielen Karten eingezeichnet war. »Da haben wir es«, fuhr Mo fort und hob seine locker gebundenen Hände zu dem Mund des Capo, ohne jedoch die Straße aus dem Auge zu lassen. »O mein Gott!«, schrie Panov.
»Was?«, schrie der Wächter.
»Eiter. Eitertaschen überall. Oben und unten. Das schlimmste Anzeichen.«
»Oh, Jesses!« Der Wagen schlingerte wie wild, aber damit nicht genug - ein großer Baum, direkt vor ihnen, auf der linken Seite der verlassenen Straße! Morris Panov ließ seine
Arme auf das Steuer fallen und schob sich aus seinem Sitz hoch, als er es nach links drehte. Dann, in letzter Sekunde, bevor der Wagen den Baum traf, warf er sich nach rechts in eine fötale Position, um sich zu schützen.
Der Aufprall war enorm. Zerbrochenes Glas und zerschmettertes Metall, begleitet vom lauten Zischen - überall Dampf, Qualm aus zerbrochenen Zylindern und unter dem Wagen Flammen, die sich im ausgelaufenen Öl ausbreiteten und bald den Tank erreichen würden. Der Wächter stöhnte, halb bei Bewusstsein, mit blutendem Gesicht. Panov zog ihn aus dem Wrack und so weit weg, wie er konnte, bevor die Erschöpfung ihn übermannte. Und dann explodierte der Wagen. Im feuchten Gras ging sein Atem allmählich wieder ruhiger, aber seine Angst war immer noch da. Er entledigte sich der lose gebundenen Fesseln und entfernte die Glassplitter aus dem Gesicht des Chauffeurs, sah nach gebrochenen Knochen, ja, der rechte Arm und das linke Bein, und auf Briefpapier von einem Hotel, von dem Panov nie gehört hatte, das er in der Tasche des Capos gefunden hatte, schrieb er seine Diagnose auf. Unter den Dingen, die er mitnahm, war auch eine Pistole - welche Marke, das wusste er nicht -, aber sie war schwer und zu groß für seine Tasche, weshalb er sie in den Gürtel steckte.
Genug. Hippokrates hatte seine Grenzen. Panov durchsuchte die Kleider des Wächters, erstaunt, wie viel Geld er fand - an die sechstausend Dollar -, und über die verschiedenen Führerscheine - fünf aus fünf verschiedenen Staaten. Er nahm das Geld und die Führerscheine, um sie Alex Conklin zu übergeben, doch ansonsten ließ er die Taschen des Capo unberührt. Es gab Fotos von seiner Familie und seinen Kindern, Großenkeln und verschiedenen Verwandten und darunter auch das Foto eines jungen Chirurgen, den er auf die Uni geschickt hatte. Ciao, amico, dachte Mo, als er sich aufrappelte, seine Kleidung glattstrich, zur Straße hinüberging und versuchte, so respektierlich wie möglich auszusehen.
Als er auf dem glatten Asphalt stand, sagte ihm sein gesunder Menschenverstand, dass er Richtung Norden gehen müsse, in die Richtung, in die der Wagen gefahren war, weil
nach Süden zu gehen nicht nur witzlos, sondern vielleicht sogar gefährlich sein konnte. Plötzlich brach es über ihn herein.
Gütiger Gott! Habe ich getan, was ich gerade tat?
Er begann zu zittern, und seine psychiatrisch geschulte Hälfte sagte ihm, dass es sich um einen posttraumatischen Stress handelte.
Scheiße, du warst es
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