Das Bourne Ultimatum
sind es nur tausend Dollar oder zwei oder vielleicht auch zwanzig, oder auch gratis, wer weiß? Ich werde fair sein, weil ich Sie brauche, capisce?«
»Das ist sehr interessant.«
»Wissen Sie, was mein Spezialist sagt? Er meint, wir könnten damit einen neuen Geschäftszweig aufbauen, in Heimarbeit, wie er es nennt. Man schnappt sich ein Dutzend von diesen Schrumpfköpfen, alle mit besten Beziehungen zur Regierung, zum Senat oder selbst zum Weißen Haus...«
»Ich verstehe vollkommen«, unterbrach der Anwalt und stand auf, »aber ich muss jetzt weg... Bringen Sie mir eine Liste, Louis.« Der Gast ging in das kleine Marmorfoyer.
»Haben Sie keinen hübschen Diplomatenkoffer, signor avvocato?« , sagte der Capo und erhob sich vom Sofa.
»Damit ich den nicht sehr delikaten Mechanismus vor Ihrer Tür in Aufruhr bringe?«
»Tja, die Welt draußen ist so gewalttätig.«
»Darüber möchte ich gar nichts wissen.«
Der Anwalt der Wall Street verließ das Haus, und beim Klang der sich schließenden Tür rannte Louis quer durch den Raum zu dem Queen-Anne-Schreibtisch und griff nach dem französischen Elfenbeintelefon. Wie immer warf er das große, schmale Instrument erst zweimal um, bevor er mit einer Hand die Gabel festhielt und mit der anderen wählte. »Verdammter Wirrkopf!«, murmelte er. »Gottverdammter Dekorateur!... Mario?«
»Hallo, Lou«, sagte eine angenehme Stimme in New Rochelle. »Ich wette, du rufst an, um Anthony zum Geburtstag zu gratulieren, he?«
»Was?«
»Mein Sohn, Anthony. Er wird heute fünfzehn, hast du das vergessen? Die ganze Familie sitzt draußen im Garten, und
wir vermissen dich, Cousin. Und Lou, der Garten dieses Jahr! Ich bin ein wirklicher Künstler.«
»Vielleicht bist du noch was anderes.«
»Was?«
»Kauf Anthony ein Geschenk und schick mir die Rechnung. Vielleicht auch’ne Braut. Reif dafür wär er.«
»Lou, du bist unmöglich. Es gibt da noch ein paar Dinge...«
»Jetzt gibt es nur ein Ding, Mario, und ich will von dir die Wahrheit wissen, oder ich lass dir die Zunge rausreißen!«
Es gab eine kurze Pause in New Rochelle, bevor der angenehm klingende Henker wieder sprach. »Ich verdiene es nicht, dass man so mit mir spricht, cugino. «
»Vielleicht nicht... Aus der Wohnung des Generals in Manassas wurde ein Buch geklaut, ein sehr wertvolles Buch.«
»Haben sie herausgefunden, dass es fehlt, wie?«
»Heilige Scheiße, hast du es?«
»Ich hatte es, Lou. Es sollte ein Geschenk für dich werden, aber ich habe es verloren.«
»Du hast es verloren? Was, zum Teufel, hast du gemacht, es in einem Taxi liegen lassen?«
»Nein. Ich rannte um mein Leben, als dieser Verrückte mit den Leuchtraketen, wie heißt er, Webb, in der Auffahrt auf mich schoss. Er erwischte mich, ich fiel hin, und das lausige Buch fiel mir aus der Hand - gerade als der Polizeiwagen ankam. Er hob’s auf, und ich bin wie der Teufel zum Zaun gerannt.«
»Webb hat es also.«
»Nehme ich an.«
»Christus auf dem Trampolin...!«
»Sonst noch was, Lou? Wir sind gerade dabei, die Kerzen auf der Torte anzuzünden.«
»Ja, Mario, ich brauche dich möglicherweise in Washington.
»Nee, einen Moment mal, cugino , du kennst meine Regeln. Immer etwas Pause zwischen den Geschäftsreisen. Wie lange dauerte Manassas? Sechs Wochen? Und im vergangenen Mai in Key West, drei, beinahe vier Wochen. Ich kann nicht anrufen,
keine Postkarte schreiben - nein, Lou, ich habe Verantwortung Angie und den Kindern gegenüber. Ich will keine Schlüsselkinder großziehen. Sie sollen ein Vorbild haben, verstehst du, was ich meine?«
»Was habe ich nur für einen verdammten Cousin!« Louis warf den Hörer hin und griff sofort wieder danach, als er über die Tischplatte flog und sich im Elfenbein ein Riss zeigte. »Der beste Killer auf dem Markt und gleichzeitig eine Flasche«, murmelte der capo supremo, während er wie besessen wählte. Als abgenommen wurde, verschwand der Zorn aus seiner Stimme, das heißt, er war nicht mehr zu hören: »Hallo, Frankie-Boy, wie geht es meinem besten Freund?«
»Oh, hi, Lou«, kam zögernd eine schmachtende Stimme aus einem teuren Appartement in Greenwich Village. »Kann ich dich in zwei Minuten zurückrufen? Ich bringe gerade meine Mutter in ein Taxi, mit dem sie zurück nach Jersey will. Okay?«
»Sicher, mein Kind. Zwei Minuten.« Mutter? Verdammter Hurensohn! Il pinguino! Louis ging zu seiner Spiegelmarmorbar, wo rosa Engel über den Whiskyflaschen schwebten. Er schenkte sich einen Drink ein
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