Das Bourne Ultimatum
»Ja?«
»Sie werden beschattet, wohin Sie auch gehen«, sagte die Stimme des Schakals.
»Von wem?«
»Ihren eigenen Leuten.«
»Ich glaube Ihnen nicht.«
»Ich habe es den ganzen Tag über beobachtet. Möchten Sie, dass ich Ihnen die Orte beschreibe, an denen Sie in den letzten dreißig Stunden gewesen sind? Angefangen mit den Drinks in einem Cafe an der Kalinin, einem Kiosk an der Arbat, im Slawjankij zu Mittag, einem Nachmittagsspaziergang über die...?«
»Hören Sie auf! Wo sind Sie?«
»Kommen Sie nach draußen vor das Lastotschka. Langsam und vorsichtig. Ich werde es Ihnen beweisen.« Die Leitung war tot.
Rodtschenko legte auf und winkte dem Kellner, um zu zahlen. Er ließ das Geld auf der Rechnung liegen, wünschte eine gute Nacht, ging durch das schwach beleuchtete Foyer zum Eingang und trat hinaus auf die Straße. Es war beinah 1.30 Uhr morgens, und abgesehen von ein paar Kämpfern, die zu viel Wodka getrunken hatten, war die Straße menschenleer Augenblicke später trat eine aufrechte Gestalt im Schein der Straßenlaterne rechts aus einer Ladenzeile hervor, vielleicht dreißig Meter von Rodtschenko entfernt. Es war der Schakal, wieder im schwarzen Umhang mit dem weißen Kragen. Er bedeutete dem General, ihn zu begleiten, während er langsam zu einem dunkelbraunen Wagen ging, der auf der anderen Seite der Straße geparkt war. Rodtschenko holte den Attentäter ein, der jetzt am Rinnstein hinter dem Wagen stand.
Plötzlich schaltete der Schakal eine Taschenlampe ein, deren kräftiger Strahl durch das offene Fenster des Wagens schoss. Der alte Soldat hörte einen Moment lang auf zu atmen, seine schwerlidrigen Augen überschauten die entsetzliche Szenerie, die vor ihm lag. Hinter dem Lenkrad lag ein KGB-Agent, über den Sitz gekrümmt, die Kehle durchschnitten, ein Strom von Blut durchtränkte seine Kleidung. Gleich hinter dem Fenster war der zweite Beamte, die Hand- und Fußgelenke mit Draht gefesselt, ein dickes Seil, um sein Gesicht
gewickelt, erlaubte ihm nur ein röchelndes, keuchendes Husten. Er lebte, die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen.
»Der Fahrer wurde in Nowgorod ausgebildet«, sagte der General ohne Kritik in seiner Stimme.
»Ich weiß«, erwiderte Carlos. »Ich habe seine Papiere. Die Ausbildung ist auch nicht mehr das, was sie mal war, Genosse.«
»Der andere ist Krupkins Verbindungsmann in Moskau. Der Sohn eines guten Freundes, so weit ich weiß.«
»Der gehört jetzt mir.«
»Was haben Sie vor?«, fragte Rodtschenko und starrte den Schakal an. »Einen Fehler korrigieren«, antwortete Carlos, als er seine Waffe mit dem aufgeschraubten Schalldämpfer hob und dem General drei Kugeln in den Hals schoss.
37.
Der nächtliche Himmel war finster, Sturmwolken wirbelten über Moskau, kollidierten, versprachen Regen, Blitz und Donner. Die braune Limousine fuhr eilig die Landstraße hinunter, raste an überwucherten Feldern vorbei, während der Fahrer sich manisch ans Lenkrad krallte und gelegentlich zu seinem gefesselten Gefangenen hinübersah, einem jungen Mann, mit hervortretenden, entsetzten Augen, der an seinen drahtverschnürten Händen und Füßen riss und dessen mit einem Seil umwickeltes Gesicht ihm furchtbare Schmerzen bereitete.
Auf dem Rücksitz lagen die Leichen von General Grigorij Rodtschenko und dem Nowgorod-Absolventen des KGB, der das Beschattungsteam des alten Soldaten geleitet hatte. Plötzlich, ohne den Wagen abzubremsen oder zuvor irgendeinen Hinweis auf sein Vorhaben zu geben, sah der Schakal, was er suchte, und bog mit einem Schwenk von der Straße ab. Reifen quietschten, die Limousine stürzte in ein Feld mit hohem Gras und kam Sekunden später zu einem ohrenbetäubend abrupten Halt, der die Toten im Fond gegen die Rückseiten der Vordersitze schlagen ließ. Carlos öffnete seine Tür und taumelte hinaus. Er zerrte die blutgetränkten Leichen aus ihrer gepolsterten Gruft und schleppte sie ins hohe Gras, wobei er den General teilweise auf dem Komitet-Offizier liegenließ und sich ihre Lebenssäfte mischten, bevor sie in den Boden sickerten.
Er ging zurück zum Wagen und zog den jungen KGB-Agenten mit einer Hand brutal vom Vordersitz, das Jagdmesser in der anderen.
»Wir haben eine Menge zu reden, du und ich«, sagte der Schakal auf russisch. »Und du wärst dumm, wenn du mir irgendetwas verschweigen würdest... Aber das wirst du
auch nicht, du bist zu jung, zu weich.« Carlos stieß den Mann zu Boden, er zog seine Taschenlampe hervor und kniete neben seinem
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