Das Bourne Ultimatum
gut, aber gut genug. Es waren nicht mehr als zwanzig verstreute Gläubige in der Kirche, die meisten im Gebet, während andere in Versenkung das riesige goldene Kreuz über dem Altar anstarrten. Und dann sah er, wonach er suchte, und wusste, dass alles planmäßig lief. Ein Priester in einem schwarzen Gewand lief das linke Kirchenschiff hinunter und verschwand hinter den roten Vorhängen der Apsis. Der alte Mann sah wieder auf seine Uhr, denn alles hing jetzt vom Timing ab - das war die Methode des Monseigneur, das war die Methode des Schakals. Noch zwei Minuten verstrichen, und der ältliche Kurier stand schwankend auf, ging in das Seitenschiff, beugte das Knie, so gut sein Körper es ihm erlaubte, und lief mit kleinen Schritten zum zweiten Beichtstuhl zur Linken. Er zog den Vorhang zur Seite und ging hinein.
»Angelus Domini«, flüsterte er, kniete nieder und wiederholte die Worte, die er in den vergangenen fünfzehn Jahren mehrere hundertmal ausgesprochen hatte.
»Angelus Domini, Kind Gottes«, antwortete die verborgene
Figur hinter dem schwarzen Gitter. Die Segnung war begleitet von einem leisen, rasselnden Husten. »Sind deine Tage angenehm?«
»Angenehmer gemacht durch einen Freund... mein Freund.«
»Was sagt der Doktor über deine Frau?«
»Er sagt zu mir, was er zu ihr nicht sagt, dank der Gnade von Jesus Christus. Es scheint, dass ich sie trotz allem überleben werde. Die verheerende Krankheit breitet sich aus.«
»Tut mir Leid. Wie viel Zeit hat sie noch?«
»Einen Monat, nicht mehr als zwei. Bald wird sie im Bett bleiben müssen. Bald wird der Vertrag zwischen uns ungültig.«
»Warum das?«
»Sie werden mir gegenüber keine Verpflichtungen mehr haben, und ich akzeptiere das. Sie sind gut zu uns gewesen, und ich habe etwas gespart, und meine Bedürfnisse sind gering. Ehrlich gesagt, seit ich weiß, was mich erwartet, fühle ich mich entsetzlich müde.«
»Du unerträglicher, undankbarer Mensch!«, flüsterte die Stimme hinter dem Beichtgitter. »Nach allem, was ich getan habe, nach allem, was ich dir versprochen habe!«
»Wie bitte?«
»Würdest du sterben für mich?«
»Natürlich, das ist unser Vertrag.«
»Dann, umgekehrt, wirst du auch leben für mich!«
»Wenn es das ist, was Sie wollen, werde ich es natürlich tun. Ich wollte Sie nur einfach wissen lassen, dass ich bald keine Last mehr für Sie sein werde. Ich kann leicht ersetzt werden.«
»Keine Frechheiten, nicht mit mir!« Der Zorn entlud sich in einem Husten, einem Husten, der das Gerücht, das sich in den Straßen von Paris ausbreitete, zu bestätigen schien. Der Schakal selbst war krank, vielleicht todkrank.
»Sie sind unser Leben, unsere Verehrung. Warum sollte ich?«
»Du hast es gerade getan... Nichtsdestoweniger, ich habe einen Auftrag für dich, der euch beiden den Weggang deiner
Frau erleichtern wird. Du wirst in einem bezaubernden Teil der Welt Ferien machen, ihr beide zusammen. Du wirst dir das Geld und die Papiere am üblichen Ort abholen.«
»Wohin sollen wir gehen, wenn ich fragen darf?«
»Auf die karibische Insel Montserrat. Die Anweisungen werden dir dort auf dem Flughafen von Blackburne ausgehändigt. Befolge sie genau.«
»Natürlich... Noch mal, wenn ich fragen darf, was ist meine Aufgabe?«
»Eine Mutter und zwei Kinder zu finden und dich mit ihnen anzufreunden.«
»Und dann?«
»Sie zu töten.«
Brendan Prefontaine, ehemaliger Bundesrichter am Obersten Bezirksgericht in Massachusetts, kam aus der Boston Five Bank mit fünfzehntausend Dollar in der Tasche. Es war eine berauschende Erfahrung für einen Mann, der in den vergangenen dreißig Jahren in knappen Umständen gelebt hatte. Seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis hatte er kaum jemals mehr als fünfzig Dollar bei sich gehabt. Dies war ein besonderer Tag.
Aber es war noch mehr als das. Es war auch ein verwirrender Tag, weil er niemals nur einen Moment daran geglaubt hatte, dass Randolph Gates ihm eine nur annähernd so hohe Summe, wie er sie verlangt hatte, tatsächlich zahlen würde. Gates hatte einen großen Fehler gemacht. Denn indem er seiner Forderung nachgab, enthüllte er die Gewichtigkeit seines Unternehmens. Er hatte sich von einem rücksichtslosen, allerdings bislang nicht unbedingt verhängnisvoll machtgierigen Mann zu einem potenziell tödlich machtgierigen Menschen entwickelt. Prefontaine hatte keine Ahnung, wer die Frau und die Kinder waren, noch wie ihre Beziehung zu Lord Randolph of Gates waren, aber wer immer sie waren,
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