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Das Bourne-Vermächtnis

Das Bourne-Vermächtnis

Titel: Das Bourne-Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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vorgeführt. Das dürfen wir nicht auf uns sitzen lassen. Heutzutage wird einfach zu viel geschnüffelt. Und wo geschnüffelt wird, werden peinliche Fragen gestellt, und wenn solche Fragen nicht gleich beantwortet werden, haben sie unweigerlich schlimme Konsequenzen.« Die Augen des CIA-Direktors glitzerten. »Uns fehlt nur ein wichtiges Element, damit wir diese betrübliche Episode abschließen und auf den Müllhaufen der Geschichte werfen können.«
    »Und das wäre, Sir?«
    »Wir brauchen einen Sündenbock, Martin – jemanden, an dem die ganze Scheiße hängen bleibt, während wir wie Rosenknospen im Mai duften.« Er starrte seinen Stellvertreter durchdringend an. »Haben Sie jemanden, der sich für diese Rolle eignet, Martin?«
    Lindros hatte das Gefühl, in seinem Magen bilde sich ein Eisklumpen.
    »Los, los, Martin!«, drängte der Direktor scharf. »Reden Sie schon!«
    Aber Lindros starrte ihn weiter stumm an. Seine
    Stimme schien ihm den Dienst zu versagen.
    »Klar haben Sie jemanden, Martin«, knurrte sein Boss.
    »Das macht Ihnen Spaß, stimmt’s?«
    Diese Beschuldigung ließ den Direktor innerlich zusammenzucken. Nicht zum ersten Mal war er froh, dass seine Söhne nicht in dieser Branche waren, in der er sie hätte decken müssen. Niemand würde ihn übertreffen; dafür würde er sorgen. »Wenn Sie den Namen nicht sagen wollen, sage ich ihn: Detective Harris.«
    »Das dürfen wir ihm nicht antun«, sagte Lindros mit gepresster Stimme. Er fühlte Zorn in sich aufwallen, wie Kohlensäure in einer eben aufgerissenen Getränkedose aufsteigt.
    »Wir? Wer hat irgendwas von ›wir‹ gesagt, Martin?
    Dies war Ihr Fall. Das habe ich von Anfang an klar gemacht. Jetzt bleibt’s ganz Ihnen überlassen, Schuldzuweisungen vorzunehmen.«
    »Aber Harris hat nichts falsch gemacht.«
    Der Direktor zog die Augenbrauen hoch. »Das bezweifle ich sehr, aber wen kümmert das, selbst wenn’s wahr wäre?«
    »Mich kümmert’s, Sir.«
    »Auch gut, Martin. Dann sind Sie sicher bereit, die Verantwortung für die Pleiten in der Old Town und am Washington Circle zu übernehmen.«
    Lindros presste die Lippen zusammen. »Ist das die Wahl, die mir bleibt?«
    »Ich sehe keine andere – Sie etwa? Das Hexenweib
    legt’s darauf an, mir sein Pfund Fleisch aus den Rippen zu schneiden. Muss ich jemanden opfern, wäre mir ein ältlicher Kriminalbeamter der Virginia State Police verdammt viel lieber als mein eigener Stellvertreter. Welches Licht würde es auf mich werfen, wenn Sie sich in Ihr Schwert stürzen, Martin?«
    »Jesus«, sagte Lindros vor Wut kochend, »wie zum
    Teufel haben Sie es bloß geschafft, in dieser Schlangengrube so lange zu überleben?«
    Der CIA-Direktor stand auf und zog seinen Mantel
    an. »Worauf führen Sie das zurück?«
    Bourne erreichte den gotischen Steinbau der Matthiaskirche um 23.40 Uhr. Die folgenden zwanzig Minuten verbrachte er damit, die Umgebung der Kirche zu erkunden.
    Die Luft war still und kühl, der Nachthimmel klar. Aber am Horizont im Westen stand eine dunkle Wolkenwand, und der auffrischende Wind brachte feuchten Regengeruch mit. Zwischendurch weckten einzelne Laute oder Gerüche Teile seiner verschütteten Erinnerungen. Er wusste bestimmt, dass er schon einmal hier gewesen war, konnte sich aber nicht erinnern, wann und mit welchem Auftrag das gewesen war. Als er wieder die Leere aus Verlustgefühl und Sehnsucht empfand, dachte er so intensiv an Alex und Mo, dass er sie in diesem Augenblick fast hätte heraufbeschwören können.
    Mit einer Grimasse setzte er seine Arbeit fort, kontrollierte die Umgebung der Kirche und vergewisserte sich so gut wie irgend möglich, dass der Treffpunkt nicht unter feindlicher Überwachung stand.
    Als es Mitternacht schlug, näherte er sich der gewaltigen Südfassade der Matthiaskirche mit ihrem achtzig Meter hohen gotischen Steinturm, der mit Wasserspeiern überladen war. Auf der untersten Stufe der zum Portal hinaufführenden Treppe stand eine junge Frau. Sie war groß, schlank und auffallend schön. Ihr langes rotes Har leuchtete im Licht der Straßenlaternen. Hinter ihr, über dem Portal, befand sich ein Relief aus dem 14. Jahrhundert, das die Jungfrau Maria zeigte. Die junge Frau wollte seinen Namen wissen.
    »Alex Conklin«, antwortete er.
    »Ihren Pass, bitte«, sagte sie so energisch wie eine Kontrolleurin auf dem Flughafen.
    Er gab ihn ihr und beobachtete, wie sie ihn durchblätterte und das Papier zwischen Daumen und Zeigefinger prüfte. Sie hatte

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