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Das Bourne-Vermächtnis

Das Bourne-Vermächtnis

Titel: Das Bourne-Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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hat, als wir in László Molnars Apartment waren.«
    »Das weiß ich nicht.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube dir nicht. Nur damit lässt sich erklären, weshalb du mich belogen hast.
    Du wolltest mich nicht beunruhigen, weil du behauptet hattest, in meiner Wohnung wären wir sicher. Was hat sich geändert?«
    Bourne zögerte einen Augenblick, dann sah er ein, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als ihr die Wahrheit zu sagen. »Als wir aus dem Café gekommen sind, habe ich an deiner Klavierbank frische Kratzer gesehen.«
    »Was?« Sie machte große Augen und schüttelte den
    Kopf. »Das verstehe ich nicht.«
    Er dachte an den elektronischen Empfänger in Chans Ohr. »Komm, wir gehen in deine Wohnung, dann zeige ich’s dir.«
    Sie zögerte noch, als er sich in Bewegung setzte. »Ich weiß nicht recht …«
    Er drehte sich nach ihr um. »Was weißt du nicht?«, fragte er müde.
    Ihr Gesichtsausdruck hatte sich verhärtet, doch
    zugleich wirkte er irgendwie wehmütig. »Du hast mich angelogen.«
    »Das habe ich getan, um dich zu schützen, Annaka.«
    Ihre großen Augen glitzerten feucht. »Wie soll ich dir jetzt noch vertrauen?«
    »Annaka …«
    »Sag’s mir bitte, weil ich’s wirklich wissen möchte.«
    Sie blieb unbeirrbar stehen, und er wusste, dass sie keinen einzigen Schritt in Richtung Treppe machen würde.
    »Ich brauche eine Antwort, an die ich mich klammern, an die ich glauben kann.«
    »Was soll ich denn sagen?«
    Sie hob die Arme, ließ sie mit einer Geste, die ärgerliche Verzweiflung ausdrückte, herabfallen. »Merkst du eigentlich, was du tust – dass du alles, was ich sage, gegen mich verwendest?« Sie schüttelte den Kopf. »Wo hast du gelernt, Leute so zu behandeln, dass sie sich wie ein Haufen Scheiße fühlen?«
    »Ich wollte verhindern, dass dir etwas passiert«, sagte er. Annaka hatte ihn zutiefst gekränkt, und obwohl er sich um einen gleichmütigen Gesichtsausdruck bemühte, vermutete er, dass sie das sehr wohl wusste. »Ich dachte, ich hätte das Richtige getan. Dieser Meinung bin ich noch immer, auch wenn es bedeutet hat, dir die Wahrheit vorzuenthalten – zumindest für gewisse Zeit.«
    Sie starrte ihn lange an. Der böige Wind fuhr in ihr kupferrotes Haar, breitete es wie Vogelschwingen aus.
    Von der Fo utca drangen die gereizten Stimmen von Leuten herauf, die wissen wollten, was für Geräusche das gewesen waren – Fehlzündungen eines Automotors oder doch Schüsse? Als sie keine Antwort bekamen, wurde es in der Umgebung wieder still, nur ab und zu kläffte ein Hund.
    »Du hast geglaubt, du könntest die Situation meistern«, sagte Annaka. »Du hast geglaubt, du könntest ihn meistern.«
    Bourne ging steifbeinig zur vorderen Brüstung und beugte sich darüber. Obwohl das unwahrscheinlich war, stand der Leihwagen noch immer dort, war weiterhin leer. Vielleicht gehörte er gar nicht Chan, oder Chan war zu Fuß geflüchtet. Leise ächzend richtete Bourne sich auf. Die Schmerzen kamen in Wellen, die immer gewaltiger gegen den Strand seines Bewusstseins brandeten, weil die Wirkung der durch das Schocktrauma freigesetzten Endorphine abzuklingen begann. Jeder Knochen seines Körpers schien zu schmerzen, aber Unterkiefer und Rippen am allermeisten.
    Endlich überwand er sich dazu, ihr ehrlich zu antworten: »Ja, das stimmt wohl.«
    Sie hob eine Hand, strich ihr Haar von der Wange zurück. »Wer ist er, Jason?«
    Damit hatte sie ihn zum ersten Mal mit seinem Vornamen angesprochen, aber er registrierte diese Tatsache kaum. Im Augenblick bemühte er sich – und scheiterte dabei –, ihr eine Antwort zu geben, die ihn selbst befriedigen würde.
    Chan lag ausgestreckt auf der Treppe des Hauses, auf dessen Dach er hinübergesprungen war, und starrte blicklos die nichts sagenden Wände des Treppenhauses an. Er wartete darauf, dass Bourne kommen würde, um ihn zu liquidieren. Oder, das fragte er sich mit der Entschlusslosigkeit eines unter Schock stehenden Mannes, wartete er darauf, dass Annaka Vadas ihre Pistole auf ihn richten und abdrücken würde? Er hätte in seinem Leihwagen sitzen und davonrasen müssen, aber stattdessen lag er hier: reglos wie eine in einem Spinnennetz gefangene Fliege.
    Das Wort »hätte« beherrschte seinen auf Hochtouren arbeitenden Verstand. Er hätte Bourne erschießen sollen, als er ihn erstmals im Visier gehabt hatte, aber damals hatte er einen Plan gehabt, der ihm vernünftig erschienen war, den er sorgfältig ausgearbeitet hatte, der ihm – das hatte er

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