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Das Bourne-Vermächtnis

Das Bourne-Vermächtnis

Titel: Das Bourne-Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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und ruhe mich ein bisschen aus.«
    »Du hast Recht. In dieser Verfassung kannst du
    schlecht draußen rumlaufen.« Sie lächelte, als sie ihren Mantel anzog. »Ich gehe nur rasch um die Ecke und hole uns etwas zu essen. Möchtest du etwas Bestimmtes?«
    Er schüttelte den Kopf und sah ihr nach, als sie zur Tür ging. »Annaka, sei bitte vorsichtig.«
    Sie drehte sich um, zog ihre Pistole halb aus ihrer Umhängetasche. »Keine Sorge, mir passiert nichts.« Sie öffnete die Wohnungstür. »Bin in ein paar Minuten wieder da.«
    Bourne hörte sie hinausgehen, aber seine Aufmerksamkeit galt bereits wieder dem Bildschirm. Er spürte, dass sein Pulsschlag sich beschleunigte, und er versuchte erfolglos, sich zu beruhigen. Trotz seiner ernsten Absicht zögerte er noch. Er wusste, dass er weitermachen musste, aber er merkte auch, dass sein Vorhaben ihn ängstigte.
    Während er seine Hände beobachtete, als gehörten sie einem anderen, verbrachte er die folgenden fünf Minuten damit, den Firewall der U.S. Army zu durchbrechen.
    An einer Stelle wäre er fast nicht weitergekommen. Das IT-Team des Militärs hatte den Firewall vor kurzem durch eine dritte Ebene verstärkt, von der Deron ihm nichts gesagt oder die er wahrscheinlich selbst noch nicht gesehen hatte. Seine Finger schwebten über der Tastatur wie Annakas über den Klaviertasten, und er zögerte einen Augenblick lang. Noch kannst du umkehren, sagte er sich, das wäre keine Schande. In den vergangenen Jahren hatte er stets das Gefühl gehabt, alles was mit seiner ersten Familie zusammenhing, auch die in den Datenbanken der U.S. Army über sie gespeicherten Informationen, sei für ihn tabu. Er litt schon genug unter ihrem Tod, wurde von Schuldgefühlen gepeinigt, weil er ungefährdet in einer Besprechung gesessen hatte, als der Tiefflieger sie im Sturzflug mit einem Geschosshagel eingedeckt hatte.
    Bourne konnte nicht anders: Er musste sich erneut selbst quälen, indem er sich ihre letzten von Schrecken erfüllten Minuten vorstellte. Als Kind des Krieges musste Dao die durch den heißen Sommerhimmel herandröhnenden Triebwerke natürlich gehört haben. Anfangs würde sie die aus der weiß glühenden Sonne kommende Maschine nicht gesehen haben, aber als ihr Röhren anschwoll, ihre Metallmasse größer wurde als die Sonne, hatte sie zweifellos die Gefahr erkannt. Noch während Entsetzen ihr Herz erfüllte, würde sie versucht haben, ihre Kinder an sich zu reißen in dem vergeblichen Versuch, sie mit ihrem Leib vor den Kugeln zu schützen, die nun das schlammige Wasser des Flusses aufspritzen ließen. »Joshua! Alyssa!
    Schnell zu mir!« , würde sie gekreischt haben, als sei sie in der Lage, sie vor dem zu bewahren, was kommen würde.
    Vor Annakas Computer sitzend merkte Bourne, dass
    er weinte. Einige Augenblicke ließ er seinen Tränen freien Lauf wie seit vielen Jahren nicht mehr. Dann schüttelte er sich, wischte sich das Gesicht mit dem Ärmel ab und machte weiter, bevor er sich die Sache anders überlegen konnte.
    Er fand eine Möglichkeit, die letzte Ebene des Firewalls zu umgehen, und war nach fünf Minuten qualvoller Arbeit endlich eingeloggt. Bevor er in seinem Entschluss wankend werden konnte, rief er das Sterberegister auf und gab in den dafür vorgesehenen Feldern die Namen und das Todesdatum von Dao Webb, Alyssa Webb und Joshua Webb ein. Er starrte die Namen an und sagte sich: Das war meine Familie, Wesen aus Fleisch und Blut, die geweint und gelacht, mich umarmt und mich »Darling«
    und »Daddy« genannt haben. Aber was waren sie jetzt?
    Namen auf einem Bildschirm. Statistiken in einer Datenbank. Das Herz drohte ihm zu brechen, und er spürte wieder einen Anflug von Wahnsinn wie im ersten
    Schmerz nach ihrem Tod. Das darf sich nicht wiederholen , dachte er. Sonst zerbrichst du daran . Voll namenloser Trauer drückte er die Eingabetaste. Er hatte keine andere Wahl; es gab kein Zurück mehr. Niemals zurückgehen –
    das war sein Motto seit dem Augenblick gewesen, in dem Alex Conklin ihn angeworben und ihn erst zu einem anderen David Webb, dann zu Jason Bourne gemacht hatte. Weshalb hörte er dann noch immer ihre Stimmen?
    »Darling, du hast mir so gefehlt!«
    »Daddy, du bist wieder da!«
    Diese Erinnerungen, die durch die durchlässige Barriere der Zeit nach ihm griffen, hielten ihn in ihrem Netz gefangen, sodass Bourne nicht gleich darauf reagierte, was auf dem Bildschirm erschien. Er starrte ihn über eine halbe Minute lang an, ohne die entsetzliche

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