Das Bourne-Vermächtnis
Bourne die hohe Kunst des Eindringens in Datenbanken von US-Regierungsbehörden gelernt. In seinem Beruf war das eine unentbehrliche Fertigkeit. Das Problem war, dass der Firewall, der das CIA-Netzwerk vor unerwünschtem Zugriff schützte, besonders schwer zu überwinden war. Das wöchentlich wechselnde Passwort war zusätzlich mit einem flexiblen Algorithmus gekoppelt. Aber Deron hatte Bourne gezeigt, wie man das System überlisten konnte. Er spiegelte dem Server vor, er kenne das Passwort, bis der Rechner es ihm zur Verfügung stellte.
Überwinden ließ der Firewall sich durch den Algorithmus, der eine Variante des Kern-Algorithmus war, mit dem der Inhalt der Zentraldatenbank verschlüsselt wurde. Die Formel kannte Bourne, weil Deron darauf bestanden hatte, dass er sie auswendig lernte.
Auf der CIA-Seite öffnete sich ein Fenster, das Bourne aufforderte, das aktuelle Passwort einzugeben. Stattdessen tippte er den Algorithmus, der aus weit mehr Buchstaben und Zahlen bestand, als das Kästchen aufnehmen konnte. Andererseits erkannte das Programm nach der dritten Schlüsselgruppe, was hier eingegeben wurde, und war vorübergehend perplex. Der Trick war, hatte Deron gesagt, den gesamten Algorithmus einzugeben, bevor das Programm merkte, was man tat, und einem den Zugang verweigerte, indem es sich abschaltete. Die Formelreihe war sehr lang; man durfte keinen Fehler machen oder auch nur einen Augenblick zögern, und Bourne begann zu schwitzen, weil er nicht glauben konnte, dass die Software so lange blockiert bleiben würde.
Schließlich gelang es ihm jedoch, den Algorithmus einzugeben, bevor das Programm sich abschaltete. Das Fenster verschwand, das Design des Bildschirms veränderte sich.
»Ich bin drin«, sagte Bourne aufatmend.
»Unglaublich«, flüsterte Annaka fasziniert.
Bourne navigierte zur Entwicklungsabteilung für nichttödliche taktische Waffen. Er gab den Namen Schiffer ein, aber das angezeigte spärliche Material war enttäuschend. Nichts über Schiffers gegenwärtige Arbeit, nichts über seinen Werdegang. Hätte Bourne es nicht besser gewusst, hätte er tatsächlich glauben müssen, Dr. Felix Schiffer sei irgendein unbedeutender Wissenschaftler, nur ein kleines Rädchen in der Entwicklungsabteilung.
Doch es gab noch eine weitere Möglichkeit. Wie er von Deron gelernt hatte, benützte er den Hintereingang, den auch Conklin benützt hatte, um sich darüber auf dem Laufenden zu halten, was sich im Verteidigungsministerium hinter den Kulissen ereignete.
Sobald er drin war, rief er die DARPA-Seite auf und navigierte zum Archiv. Zu seinem Glück arbeiteten die staatlichen Computerfachleute notorisch langsam, wenn es darum ging, veraltete Dateien zu löschen. Schiffers Personalakte war noch da und enthielt einiges über seinen Werdegang. Er hatte am MIT studiert und gleich nach der Promotion bei einem Pharmakonzern ein eigenes Labor bekommen. Schon nach weniger als einem Jahr hatte er sich selbstständig gemacht und einen Kollegen, einen Dr. Peter Sido, mitgenommen, mit dem er fünf Jahre lang zusammengearbeitet hatte, bevor er sich von der DARPA hatte anwerben lassen. Weshalb er seine Selbstständigkeit aufgegeben hatte, um zum Staat zu gehen, wurde nicht erläutert, aber so waren manche Wissenschaftler eben. Sie waren für eine normale Existenz so ungeeignet wie viele Häftlinge, die nach der Entlassung aus dem Gefängnis sofort die nächste Straftat verübten, nur um wieder in eine klar definierte Welt zurückgeschickt zu werden, in der ihnen jegliche Verantwortung abgenommen wurde.
Bourne las weiter und entdeckte, dass Schiffer im Defense Sciences Office gearbeitet hatte, das – was nichts Gutes ahnen ließ – mit Biowaffensystemen befasst war.
In seiner Zeit bei der DARPA hatte Dr. Schiffer an einem Verfahren gearbeitet, das es ermöglichen sollte, mit Milzbranderregern infizierte Räume biologisch zu »reinigen«.
Doch als er weiterblätterte, konnte er keine näheren Angaben über Schiffers Arbeit finden. Was ihn beunruhigte, war die Tatsache, dass diese Informationen keine Erklärung für Conklins starkes Interesse an Schiffer lieferten.
Annaka sah ihm weiter über die Schulter. »Lässt sich darin irgendein Hinweis auf Dr. Schiffers gegenwärtiges Versteck finden?«
»Nein, das glaube ich nicht.«
»Also gut.« Ihre Hände umfassten seine Schultern, drückten sie leicht. »Der Kühlschrank ist leer, und wir müssen beide etwas essen.«
»Ich denke, ich bleibe lieber hier, wenn ich darf,
Weitere Kostenlose Bücher