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Das Bourne-Vermächtnis

Das Bourne-Vermächtnis

Titel: Das Bourne-Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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lassen.«
    »Chan, das könnten manche Leute auch von dir behaupten.« Bournes Stimme klang so sanft, dass klar war, dass er keinen Tadel, sondern nur eine Wahrheit aussprach, die seinem Sohn vielleicht entgangen war.
    Er wandte sich wieder der Terroristin zu. »Es ist wichtig, dass du mir deinen Namen sagst, nicht wahr?«
    Ihre Lippen öffneten sich weiter, und sie sagte mit rasselnder, röchelnder Stimme: »Sina.«
    »Nun, Sina, das Spiel befindet sich in der Schlussphase«, sagte Bourne. »Jetzt gibt’s nur noch Leben oder Tod.
    Du hast allem Anschein nach bereits den Tod gewählt.
    Betätigst du den Abzug, sind dir Ruhm und Ehre, ist dir das Paradies gewiss. Aber ich frage mich, ob es dazu kommen wird. Was lässt du schließlich zurück? Tote Landsleute, von denen du mindestens einen selbst erschossen hast. Und natürlich Stepan Spalko. Wohin er wohl verschwunden ist? Tut nichts zu Sache. Wichtig ist nur, dass er dich im entscheidenden Augenblick im Stich gelassen hat.
    Er hat dich sterbend zurückgelassen, Sina, und ist feige geflüchtet. Deshalb wirst du dich fragen müssen, was passieren wird, wenn du den Abzug betätigst. Wirst du zu ewigem Ruhm erhöht – oder wirst du verworfen, weil Munkir und Nekir, die beiden Befrager, dich für unwürdig befinden? Wirst du ihnen angesichts deines Vorlebens antworten können, Sina, wenn sie dich fragen: ›Wer ist dein Schöpfer? Wer ist dein Prophet?‹ Nur die Gerechten können sich an diese Namen erinnern, das weißt du.«
    Sina weinte jetzt hemmungslos. Das Schluchzen erschütterte ihren ganzen Körper, und Bourne fürchtete, ein plötzlicher Krampf könnte bewirken, dass sie reflexartig den Abzug betätigte. Wenn er sie erreichen wollte, musste er sich beeilen.
    »Wenn du abdrückst, wählst du den Tod, und dann
    wirst du ihnen nicht antworten können. Das weißt du, Sina. Du bist von denen, die dir am nächsten gestanden haben, verlassen und verraten worden. Und du hast sie deinerseits verraten. Aber es ist noch nicht zu spät. Auch für dich kann es die Erlösung geben; es gibt immer einen Ausweg.«
    In diesem Augenblick erkannte Chan, dass Bourne
    ebenso mit ihm wie mit Sina sprach, und diese Erkenntnis durchzuckte ihn wie ein Stromstoß. Der Impuls lief durch seinen Körper, bis in Chans Gliedmaßen und seinem Gehirn Funken sprühten. Er fühlte sich nackt, letztlich auch bloßgestellt, hatte vor nichts mehr oder weniger Angst als vor sich selbst – vor seinem eigenen wahren Ich, das er vor so vielen Jahren in den Dschungeln Südostasiens begraben hatte. Das war so lange her, dass er sich nicht mehr genau erinnern konnte, wo und wann er das getan hatte. Tatsächlich war er sich selbst fremd. Er hasste seinen Vater dafür, dass er ihm diese Wahrheit vor Augen geführt hatte, aber er konnte nicht länger abstreiten, dass er ihn dafür auch liebte.
    Jetzt kniete er neben dem Mann nieder, von dem er wusste, dass er sein Vater war, legte die Kalaschnikow so nieder, dass Sina sie sehen konnte, und streckte eine Hand nach der Liegenden aus.
    »Er hat Recht«, sagte Chan in völlig anderem Tonfall als sonst. »Man kann Wiedergutmachung üben für Sünden der Vergangenheit, für die Morde, die man begangen hat, und für den Verrat an Menschen, die einen geliebt haben, vielleicht ohne dass man’s geahnt hat.«
    Seine Hand schob sich Zentimeter für Zentimeter vor, bis sie Sinas bedeckte. Langsam und sanft löste er ihren Zeigefinger vom Abzug. Darauf sank sie leicht zurück und ließ zu, dass er die Waffe aus ihrer kraftlosen Umarmung nahm.
    »Danke, Sina«, sagte Bourne. »Chan kümmert sich
    jetzt um dich.« Er stand auf und drückte kurz die Schulter seines Sohns; dann wandte er sich ab und trabte rasch und lautlos den Korridor entlang hinter Spalko her.
    Kapitel dreißig
    Stepan Spalko hastete den kahlen Betonkorridor hinunter und hielt dabei Bournes Keramikpistole schussbereit.
    Er wusste, dass die wilde Schießerei jede Menge Sicherheitsleute in die Kellergeschosse unter dem Hauptgebäude des Hotels locken würde. Vor sich erkannte er Fahd al-Sa’ud, den Sicherheitschef der Araber, und zwei seiner Männer. Spalko wich in einen Quergang zurück. Sie hatten ihn nicht gesehen, und er nutzte das Überraschungsmoment, lauerte ihnen auf und erschoss sie, bevor sie reagieren konnten.
    Einige atemlose Augenblicke lang stand er über den Zusammengebrochenen. Al-Sa’ud stöhnte laut, und Spalko erledigte ihn mit einem aufgesetzten Kopfschuss. Der Sicherheitschef bäumte

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