Das Brandhaus - Roman
Das deutsche Heer und die deutsche Luftwaffe griffen Polen an, genau eine Woche nachdem Stalins und Hitlers Außenminister einen Nichtangriffspakt unterzeichnet hatten.
Einen Monat später wurde Elof Persson mit etwa zehn Kollegen, die sorgfältig von der Ordnungspolizei ausgewählt worden waren, zu einer Besprechung bestellt. Sie sollten bei dem neugegründeten Sicherheitsdienst anfangen. Der Allgemeine Sicherheitsdienst war bereits im Juni 1938 von der Regierung eingerichtet worden, nahm seine Arbeit aber erst bei Kriegsausbruch auf. Neue Gesetze wurden erlassen, und es gab eine Erklärung zur allgemeinen Sicherheit, aber beides unterlag der Geheimhaltung. Von dem eben erst eingerichteten Allgemeinen Sicherheitsdienst erfuhren die meisten Mitglieder des Reichstags, die meisten Behördenmitarbeiter und die Öffentlichkeit bis Kriegsende fast überhaupt nichts.
Ohne eine Ausbildung erhalten zu haben, nahmen die Polizisten ihre Arbeit auf. Sie versuchten schwedischen und ausländischen Spionen und Saboteuren auf die Spur zu kommen und sie zu erfassen. Auch der Propagandakrieg der verschiedenen politischen Gegner war von Interesse. Obwohl es schon unter Gustav III. Ende des 18. Jahrhunderts eine Geheimpolizei gegeben hatte, hatte in Schweden diese Art modernen Nachrichtendienstes keine Tradition.
Die Beamten durften niemandem erzählen, wo sie arbeiteten und mit welchen Aufgaben sie betraut waren. Nicht einmal ihre engsten Verwandten und Angehörigen durften etwas erfahren. Wer gegen diese Regel verstieß, wurde sofort entlassen.
Obwohl es anfänglich viele Schwierigkeiten gab, fand sich Elof sofort gut zurecht. Mit großem Ernst und Elan nahm er seine Arbeit beim Überwachungsamt, wie die Abteilung des Sicherheitsdienstes hieß, die mit der Überwachung verdächtiger Personen betraut war, in Angriff. Die Beamten vom Sicherheitsdienst nannten die Verdächtigen »rote und braune Sozialisten«, um sie unterscheiden zu können. Die Ideologien waren sich verwirrend ähnlich, obwohl Hitler in der zweiten Hälfte
der 30er Jahre ein zunehmend undurchsichtiges nationalistisches und faschistisches Element eingeführt hatte. Der Antizionismus verband die Roten und Braunen jedoch sowie der Hass auf die Homosexuellen. Nach dem Angriff der Deutschen auf die Sowjetunion wurde es einfacher, die beiden Gruppen zu unterscheiden. Da bezogen die Roten ganz klar Stellung für die Sowjetunion, während die Braunen sich auf die Seite der Deutschen schlugen.
Im Herbst 1940 wurde Elof gebeten, zu einem Spezialauftrag nach Göteborg zu fahren. Dort gab es Probleme mit dem Engländer George Binney. Dieser bemühte sich, Kugellager, Maschinen zur Herstellung von Kugellagern und Spezialstahl an die Alliierten zu verschiffen. Gleichzeitig unterstützte er die dänische Widerstandsbewegung. Auf seiner Seite hatte er die Russen, schwedische Kommunisten und Torgny Segerstedt. In der Göteborger Handels- und Seefahrtszeitung führte Segerstedt den publizistischen Kampf gegen die Nazis.
Gegen sich hatte George Binney den Abwehrchef Georg Wagner, Offiziere des deutschen Nachrichtendienstes, ihre schwedischen Agenten und norwegische Quislinge. Eine große Anzahl schwedischer Offiziere sympathisierte mit der deutschen Wehrmacht. Auch große Teile der schwedischen Öffentlichkeit waren Hitler gegenüber positiv eingestellt, insbesondere während der erfolgreichen ersten Kriegsjahre.
Der Sicherheitsdienst wollte wissen, weshalb Binney nach Göteborg gezogen war und was er für Pläne hatte. Elof und seine Kollegen hatten den brillanten Einfall, ein Mikrofon durch den Schornstein in den offenen Kamin herabzulassen und Binney abzuhören. Ein weiteres Mikrofon wurde in einen Lüftungsschlitz im Wohnzimmer montiert.
Die Leute vom Nachrichtendienst kamen recht bald zu dem Schluss, dass Binney eine Aktion mit dem Decknamen »Beton« plante. Vom Göteborger Hafen aus sollten fünf norwegische Frachtschiffe die deutsche Skagerraksperre verstärken. Diese Sperre bestand aus über zehntausend Minen zwischen Kristiansand an der norwegischen Südküste und Hanstholm an der
dänischen Nordwestküste. Die Schiffe sollten mit Kugellagern und Spezialstahl und anderen kriegswichtigen Gütern beladen werden.
Während seines Aufenthalts in Göteborg lernte Elof die junge Marianne Strandberg kennen. Diese hatte eben die Volksschullehrerinnenausbildung abgeschlossen und war in Göteborg geboren. Als Elof nach einigen Monaten um ihre Hand anhielt, gab sie ihm ohne zu
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