Das Brandhaus - Roman
mir ein, dass Calle Anfang der 80er den Brenner der Ölzentralheizung austauschen ließ. Das könnte durchaus im Sommer 1983 gewesen sein. Ich erinnere mich nämlich, dass Sommer war. Da wurden auch Maurerarbeiten am Kamin durchgeführt. Aber Calle war, wie er war, und ich glaube … oder ich weiß... dass er im Keller nicht aufgeräumt hat, nachdem die Handwerker dort gewesen waren. Es dürfte dort noch einiges an Ziegelsteinen und Zement herumgelegen haben.«
»Jemand hätte sich also Zutritt zum Keller verschaffen und Persson dort einmauern können, ohne dass Calle etwas gemerkt hätte! Vorausgesetzt, dass sich Calle in einer seiner Phasen befand«, meinte Astrid.
Sie schien die Theorie ihres Bruders geschluckt zu haben. Die Beamten waren da schon etwas skeptischer.
»Oder er hat Persson selbst erschossen und eingemauert«, stellte Andersson sachlich fest.
»Und was hätte er für einen Grund gehabt? Er kannte diesen Persson doch nicht einmal«, meinte Oscar Leutnerwall reserviert.
»Sind Sie sich da vollkommen sicher?«
»Ja. Calle lebte sehr zurückgezogen, nachdem er nach Göteborg zurückgekehrt war. Er wollte das so. Er war... ein gebrochener Mann.«
Oscar verstummte und sah zum ersten Mal so aus, als bereute er eine Bemerkung.
»Gebrochen? Aus welchem Grund?«
Astrid presste erst die Lippen zusammen und beantwortete die Frage dann für ihren Bruder.
»Ihm wurde gekündigt, beziehungsweise legte man ihm nahe, in Rente zu gehen. Er hatte sich grenzenlos blamiert, als er sich bei einem großen Empfang bis zum Umfallen betrank. Noch dazu war es nicht das erste Mal gewesen.«
»Das stimmt. Er musste von einem Tag auf den anderen aufhören. Er schämte sich und zog sich zurück, da er es nicht riskieren wollte, jemandem zu begegnen, der über den Vorfall Bescheid wusste. Er pflegte nur mit Astrid und mir Umgang. Er verbrachte seine Zeit vor dem Fernseher oder mit einem Buch in seinem Sessel. Er sagte immer, das Leben sei vollkommen, wenn er ein gutes Buch, eine gute Zigarre und einen guten Cognac genießen könne, und dazu noch etwas gute Musik im Hintergrund.«
Eine längere Stille trat ein. Andersson hörte, wie irgendwo anders in der Wohnung eine Uhr drei Mal schlug. Die Katze hatte sich wieder zusammengerollt und schnurrte zufrieden, während ihr Besitzer sie streichelte.
»Und Sie sind sich vollkommen sicher, dass ihn nie jemand besuchte und dass er den Namen Mats Persson nie erwähnt hat?«, fragte Fryxender schließlich.
Oscar nickte nachdrücklich.
»Es gab da ja auch noch die Mieter! Haben Sie in Erfahrung gebracht, wer im Sommer’83 in dem Haus wohnte?«, fragte Astrid.
Andersson und Fryxender sahen sich an. Andersson seufzte.
»Wie sollen wir das rauskriegen? Wissen Sie, wer damals bei ihm im Haus wohnte?«
Kopfschütteln und bedauerndes Gemurmel war die einzige Antwort. Verdammt, wieder ins Archiv, dachte Andersson düster.
»Nun ist es an der Zeit, dass ich mich verabschiede und in meine Wohnung hinuntergehe«, sagte Astrid Leutnerwall plötzlich.
Sie erhob sich vom Sofa und hielt ihnen graziös ihre Hand hin. Einen Augenblick lang dachte Andersson verwirrt, dass sie vielleicht einen Handkuss erwartete, aber Leif Fryxender befreite ihn aus dieser Verlegenheit, indem er sich ebenfalls erhob und ganz einfach die Hand ergriff und herzlich schüttelte. Er sah sie lächelnd durch seine dicken Brillengläser an. Astrid Leutnerwall erwiderte das Lächeln. Niemand schien diese Frau aus der Ruhe bringen zu können.
Oscar Leutnerwall erhob sich ebenfalls und begleitete sie in die Diele.
»Lassen Sie doch wieder von sich hören, falls etwas auftauchen sollte, womit ich Ihnen behilflich sein kann«, sagte er.
Wie wäre es, wenn du endlich die Wahrheit sagen würdest?, hätte Andersson um ein Haar gesagt. Denn obwohl die Geschwister scheinbar ehrlich und freimütig auf die Fragen geantwortet hatten, hatte er das deutliche Gefühl, dass sie etwas zurückhielten. Wer konnte die Wahrheit wohl besser verschweigen als ein Berufsdiplomat? Vielleicht eine Frau, die 65 Jahre lang als Anwältin gearbeitet hatte.
Kann jemand mein Bereitschaftswochenende mit mir tauschen?«, fragte Fredrik Stridh in die Kaffeepause am Mittwochnachmittag.
Das gesamte Dezernat außer Hannu Rauhala und Efva Thylqvist war versammelt. Hannu kümmerte sich zu Hause um sein krankes Kind, und die Kommissarin wohnte einem ihrer unzähligen Meetings bei.
Zwei Wochen zuvor war Fredrik Vater eines kleinen Wunders namens
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