Das Brandhaus - Roman
Zugfahrten zwischen Göteborg und Malmö hätte verschleiern können.
»Wie hat er es nur angestellt?«, rief Irene entrüstet.
Sie sah Jens fragend an, aber dieser schüttelte nur den Kopf.
»Du musst ihn übersehen haben«, sagte Kommissarin Thylqvist und warf Irene einen kühlen Blick zu.
»Nein. Ich bin ganz langsam gegangen. Ich habe kontrolliert, ob Leute auf den Toiletten waren. Wenn dort jemand gewesen wäre, dann hätte er auf seinem Platz gesessen, als ich zurückgegangen bin«, erwiderte sie.
»Vielleicht befand er sich ja im Speisewagen?«, schlug Tommy vor.
»Im Bistrowagen arbeitete niemand am Computer. Da war zu viel Lärm und außerdem zu viele Leute. Der Mann an der Kasse hatte wahnsinnig viel zu tun. Der Zug war brechend voll«, sagte Irene mit Nachdruck.
»Und einen Gepäckwagen hat so ein X 2000 auch nicht«, warf Hannu Rauhala ein.
»Aber irgendwo muss er gesessen haben«, stellte die Kommissarin fest.
Sie betrachtete die versammelten Ermittler vor sich und sagte dann:
»Was machen wir jetzt?«
Es blieb lange stil, schließlich räusperte sich Tommy und erwiderte:
»Plan B.«
Sie hatten nur noch den Donnerstag und Freitag zur Verfügung. Freitagabend um sechs musste alles klappen. My Björkman wurde verständigt und tauchte genau eine Stunde später im Dezernat auf. Sie war nicht einmal 150 cm groß, sehr zart und sah keinen Tag älter aus als fünfzehn, wenn man sie aus der Ferne sah. Auf bis zu den Knien reichenden Stiefeln mit dezimeterhohen Absätzen segelte sie graziös ins Konferenzzimmer. Sie trug eine schwarze Lederjacke, schwarze Röhrenjeans und einen smaragdgrünen Pullover. Ihr taillenlanges Haar fiel ihr wie ein funkelnder Wasserfall auf den Rücken. Ihre mandelförmigen Augen dominierten ihr schmales Gesicht. Als sie jedoch zu sprechen begann, verflog der Eindruck, es mit einem Teenager zu tun zu haben, sofort. Ihre Stimme war überraschend tief und sehr wohlklingend. Kein Zweifel, dass es sich um eine geschulte Stimme handelte. Sie schien eine reife junge Frau zu sein, die sich vollkommen darüber im Klaren war, worauf sie sich eingelassen hatte.
»Ich kenne Åsa, seit ich denken kann. Sie ist die beste Freundin meiner Schwester, und wir haben viel zusammen unternommen. Mir ist klar, dass der Mörder, den Sie suchen, gefährlich ist, aber wenn ich dabei behilflich sein kann, ihn festzunehmen, dann bin ich selbstverständlich dazu bereit.«
Sie sagte das so, als wäre das die natürlichste Sache der Welt. Die Kommissarin wirkte jedoch nicht überzeugt.
»Die ganze Sache macht mich nicht froh. Wir dürfen nur Polizeibeamte als Lockvögel einsetzen. Falls etwas schiefgeht...«
»Ich übernehme die gesamte Verantwortung«, sagte Tommy, bevor Efva Thylqvist noch weitere Einwände vorbringen konnte.
Er wich Irenes Blick aus, als er das sagte.
»Ich habe dir diese Idee unterbreitet, und ich habe mit Irene und Åsa gesprochen. Du hast diesem Plan die ganze Zeit skeptisch gegenübergestanden, aber wir wollen ihn trotzdem durchziehen, weil wir glauben, dass er unsere einzige Chance darstellt, den Mann zu fassen. Und wir müssen ihn fassen, bevor er den nächsten Mord begeht! Er wird erst damit aufhören, wenn
wir ihn haben. Und seit dem letzten Mord sind bereits vier Monate vergangen.«
Die Kommissarin schien über seine Worte nachzudenken.
»Einverstanden«, erwiderte sie.
Bevor sie noch jemand fragen konnte, worauf man sich nun eigentlich geeinigt habe, war sie schon durch die Tür verschwunden.
»Wenn es schiefgeht, dann wird sie abstreiten, je von etwas gewusst zu haben«, stellte Jonny gleichmütig fest.
Niemand widersprach ihm. Es war offensichtlich, dass sich ihre Chefin nicht zur Rechenschaft ziehen lassen wollte, falls etwas danebenging.
Tommy Persson rief alle, die an der Operation teilnehmen würden, im Konferenzzimmer zusammen. Einschließlich My Björkman waren sie zu siebt.
»Wir brauchen mehr Leute«, sagte Jonny.
»Ich will versuchen, noch einige vom Einsatzdienst zu bekommen. Ich rede mit ihrem Chef, sobald wir hier fertig sind«, sagte Tommy.
»Ruf ihn sofort an, dann wissen wir, mit wie vielen Leuten wir rechnen können«, schlug Irene vor.
Tommy verließ das Konferenzzimmer, um den Anruf zu tätigen. Åsa sah My an und fragte:
»Bist du dir immer noch sicher, dass du dich für diese Sache zur Verfügung stellen willst? Du brauchst das nicht zu tun, falls du es dir anders überlegt hast...«
»Ich weiß, worauf ich mich einlasse. Ich bin
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