Das Brandhaus - Roman
nicht um ein Verbrechen handelt, gibt es keinen Grund, warum Sie uns seine Identität verschweigen sollten. Egal wer er war, wir möchten seinen Namen wissen«, sagte er bestimmt.
Molander seufzte und begann das Papier, in dem das Gebäck gewesen war, immer kleiner zu falten. Zum Schluss sah das Papierchen aus wie eine ovale Kugel. Da schaute er auf und sah Fryxender direkt an.
»Ich habe während meiner Unterhaltungen mit Ihnen oder mit Herrn Andersson kein einziges Mal gelogen. Ich habe aber
nicht unbedingt die ganze Wahrheit gesagt. Ich erzählte doch, dass ich Calle und einem älteren Paar begegnete, als ich Ende August’83 nachmittags von der Arbeit nach Hause kam. Sie wollten zum Liseberg. Was ich nicht erwähnte, war, dass es zwischen uns gefunkt hat, als mir der Blick des Mannes begegnete. Ich habe mich dann in den Wochen nach der Begegnung mit ihm getroffen. Es war Calles Verwandter Oscar Leutnerwall.«
»Was fangen wir jetzt mit dieser Information an?«, fragte Andersson.
»Ich weiß nicht. Da es nicht Mats Persson war, der zusammen mit Molander gesehen wurde, hat es nichts mit dem Mord an ihm zu tun. Aber es hat mit Oscar Leutnerwall zu tun! Und dieser ist, auf die eine oder andere Art, in allerhöchstem Grade in die Sache verwickelt. Glaube ich.«
Die beiden Kriminalkommissare saßen in ihrem Dienstzimmer und versuchten konstruktiv zu denken.
»Du glaubst also, dass er etwas mit der Sache zu tun hat?«, fragte Andersson.
»Wenn nicht direkt, dann indirekt. Er weiß auf jeden Fall mehr, als er erzählt hat.«
»Vielleicht sollten wir uns die alte Vogelscheuche noch einmal vorknöpfen?«
»Meinst du Astrid Leutnerwall? Nein. Sie ist womöglich noch durchtriebener als er. Unter der blonden Perücke verbirgt sich ein glasklarer Verstand. Glaub mir!«
Andersson war erstaunt.
»Wie kannst du dir da so sicher sein?«, fragte er.
»Research. Ich habe Nachforschungen über sie angestellt. Imponierend, die Alte. Sie war eine der ersten Rechtsanwältinnen Schwedens mit eigener Kanzlei. Sie fing nach dem Examen in der Kanzlei ihres Vaters an, und als dieser erkrankte und später starb, übernahm sie den Laden. Unter ihrer Leitung entwickelte dieser sich zu einer der größten Kanzleien des Landes für Wirtschaftsrecht. Ihre Mandanten und Kollegen
bringen ihr größten Respekt entgegen. Sie ist noch immer die Chefin. Obwohl die meisten praktischen Dinge von angestellten Juristen erledigt werden, arbeitet sie immer noch ein paar Stunden die Woche, jeden Tag. Und nächste Woche wird sie neunzig!«
»Dann kann sie das Kleid anziehen, auf dessen Kauf wir bei unserem letzten Besuch angestoßen haben«, seufzte Andersson.
»Das Kostüm«, korrigierte Fryxender ihn.
»Auch egal. Irgendeinen Fetzen wird sie schon anhaben. Kleid oder Kostüm, ist doch egal. Stimmt es, dass sie dreimal verheiratet war?«
»Ja. Aber sie hat keine Kinder. Oscar auch nicht. Ihr Cousin Calle war ein Einzelkind und hatte ebenfalls keine Kinder. Die Geschwister Leutnerwall haben ihn beerbt. Nicht dass er ihnen sonderlich viel Geld hinterlassen hätte. Wenn ich die Sache recht verstehe, gibt es für das Vermögen von Oscar und Astrid Leutnerwall keinen Erben.«
»Sie sind also reich?«
»Und ob. Beide verfügen über ein Privatvermögen von etlichen Millionen. Zusammen besitzen sie eine Kunstsammlung, die für x Millionen versichert ist. Außerdem gehört ihnen das große Haus am Näckrosdammen. Allein das Haus ist ein Vermögen wert.«
»Dass Oscar keine Kinder hat, ist doch nicht so verwunderlich, da er schwul ist. Astrid konnte vermutlich keine bekommen. Und dieser Calle hatte auch keine Kinder. War er je verheiratet? Oder war er ebenfalls schwul?«, überlegte Andersson.
»Dass Schwule keine Kinder bekommen können, stimmt ja offenbar nicht. Staffan Molander und sein Partner haben zwei. Die Mütter sind ein lesbisches Paar. Sie haben zwei Reihenhäuser nebeneinander. Die Nähe ist gut für die Kinder. Ich habe das nur der Ordnung halber überprüft.«
»Klar doch«, erwiderte Andersson säuerlich.
Fryxender warf ihm einen scharfen Blick zu, beschloss dann
aber, das Thema auf sich beruhen zu lassen. Stattdessen sagte er:
»Wir wissen nicht, ob Calle Adelskiöld etwas mit dem Mord an Mats Persson zu tun hatte, aber ich halte es für wichtig, dass wir uns näher mit ihm befassen. Wir müssen versuchen, so viel wie möglich über die Geschwister Leutnerwall und ihren Cousin herauszufinden. Wer weiß, vielleicht stoßen wir
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