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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Glocken zur Non läuteten, war Almut wieder so weit ansprechbar, dass sie der Meisterin, die alle Stunde nach ihr schaute, berichten konnte, was ihr geschehen war. Danach döste sie wieder ein und wurde eine Weile später von einem seltsamen Gefühl an ihrem Ohrläppchen geweckt.
    Es saugte jemand daran.
    Sie tastete nach ihrem Ohr und bekam einen kleinen, kratzigen Tatzenhieb auf die Finger.
    »Das hat sie bei mir auch gemacht. Ich werde eine eitrige Wunde davontragen. Du weißt doch, wie empfindlich meine Haut ist«, nörgelte Clara, die neben ihrem Bett saß.
    Über Almuts Brust tappste Mirriam, drehte sich ein paar Mal in einer Deckenfalte um sich selbst und fiel in den prompten Katzenkinderschlaf.
    Almut legte ihre Hand um den kleinen Tigerpelz und schloss dankbar die Augen.
    Noch immer war ihr Mund trocken und ihre Pupillen waren unnatürlich erweitert, was, wie Clara sie aufklärte, Elsa der Wirkung von Tollkirsche und Mandragora zuschreiben konnte. Von ihren sorgsam gehüteten Vorräten dieser starken Arzneien fehlte denn auch ein Quantum.
    Wer auch fehlte, war die Edle von Bilk.

41. Kapitel
    Mit Staunen sah Fredegar zu, wie der Alchemist das flüssige Silber in einen Tiegel gab. Noch nie hatte er einen solchen Stoff gesehen. Schwer wog das Zeug, er hatte die Flasche in der Hand gehalten. Als bei dem Umfüllen in das Mischgefäß einige Tropfen auf den Tisch fielen, bildeten sie nicht etwa eine Lache, sondern kleine, lebendig herumhüpfende Perlen. Der Mann fing sie ein und ließ sie ebenfalls in den Tiegel fallen, wo sie sich sofort mit der restlichen Flüssigkeit verbanden. Unter dumpfen Beschwörungen ließ er dann einen übel riechenden Rauch aufsteigen, der den Tiegel umhüllte. Dann wog er auf einer kleinen Apothekerwaage ein geringes Quantum Goldflimmer ab und rührte es in das Quecksilber. Auch dabei vollführte er einige geheimnisvolle Gebärden. Doch viel erstaunlicher als das Gewedel mit den Händen fand Fredegar die Tatsache, dass sich das edle Metall einfach in der metallischen Flüssigkeit aufzulösen schien wie Salz in Wasser.
    Das aufgeputzte Weib neben ihm gab einen empörten Laut von sich, als sie das Gold verschwinden sah.
    »Keine Angst, es ist nicht verloren«, beruhigte sie Roderich von Kastell und legte ihr den Arm um die drallen Hüften. »Das ist die Goldhefe, die ihre Kraft in der Mischung entfalten wird.«
    Mit theatralischer Geste hielt der Alchemist nun ein recht lieblos gehämmertes Bronzekreuz in die Höhe, damit alle sich von der Qualität der Arbeit überzeugen konnten. Dann spülte er es mit einer Flüssigkeit ab, die er Quickbeize nannte, und mit allerlei gewichtigen Handlungen trug er das silbrige Amalgam aus dem Tiegel mit einer feinen Metallbürste auf die Oberfläche auf. Wieder zeigte er das Kreuz vor und dann begann er, einige unverständliche Worte zu murmeln, während er es mit einer Zange über ein schwach glühendes Holzkohlefeuer hielt und immer wieder mit einer Hasenpfote bestrich. Dabei verwandelte sich das Amalgam allmählich, und als er das Kreuz schließlich aus der Hitze nahm, erstrahlte es wie durch Magie in reinem Gold.
    Roderich von Kastell lachte laut auf über Fredegars verdutzten Blick.
    »Ja, so einfach ist es, Gold zu machen, junger Freund.«
    Die drei Frauen und zwei weitere männliche Gäste brachen in Beifallsrufe aus, und Diener reichten mit Wein gefüllte Pokale herum.
    Dass sich Fredegar in dieser illustren Gesellschaft befand, hatte er Gauwin vom Spiegel zu verdanken. Oder besser gesagt, dem ausgetüftelten Plan der Herren Ivo und Leon und Hardwins Fingerfertigkeit. Tags zuvor war man nämlich übereingekommen, dass es an der Zeit war, sich Roderich, als der Ramon sich ausgab, an die Fersen zu heften. Auf Fredegar war die Wahl gefallen, da er für den Fälscher ein völlig Unbekannter war. Zudem sprach für ihn, dass er die Sitten der vornehmen Gesellschaft beherrschte.
    »Wir müssen uns Zutritt zur Burg verschaffen und herausfinden, ob er sich dort aufhält, und wenn ja, welche Pläne er hat«, hatte der Herr vom Spiegel gefordert. »Darum, Knappe, wirst du als Bote des Venedighändlers vanme Hirze dort vorsprechen und dem Herrn der Burg ein Angebot von Waren vorlegen.«
    Leon hatte hinzugefügt: »Der Herr Gauwin hat uns darauf gebracht, Fredegar. Mit dem vanme Hirze stehen die Overstoltzens in Geschäftsbeziehung, und der Johann Overstoltz ist bekannt dafür, dass er einen Großteil seines Vermögens für ausgefallene Ingredienzien

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