Das brennende Gewand
und nieder stieg.
»Ich geh und horch mal, Frau Meisterin.«
»Tu das, mein Junge.«
Der Herr war im Haus, Frau Almut hatte noch niemand gesehen - das war die Auskunft, die der Päckelchesträger von der Haushälterin bekam. Da Pitter aber keine halben Sachen machte, stellte er auf eigene Faust einige Befragungen an. Frau Almut war am späten Nachmittag mit Bertram zusammen von Groß Sankt Martin zum Eigelstein gegangen und hatte dort ihr Heim nachweislich betreten. Wenn die Meisterin besorgt war, muss sie am Abend oder in der Nacht verschwunden sein. Wenn er die Frage richtig gedeutet hatte, dann glaubte sie, dass sie mit dem Pater ausgerückt war. Das aber glaubte Pitter nicht. Seine Begegnungen mit Pater Ivo und seine umfängliche Menschenkenntnis hatten ihn gelehrt, dass dieser Mann vor nichts fortlaufen würde. Also war die Begine alleine ausgebüxt. Und das möglicherweise nicht freiwillig.
Pitter kannte genug Kameraden, die gerne den Nachtdienst übernahmen. Angezechten Besuchern von außerhalb konnte man leicht den Beutel schneiden, andere suchten artige oder unartige Unterhaltung und zahlten gerne für die Vermittlung von allerlei Spielgefährten, wieder andere brauchten einfach einen ortskundigen Fackelträger oder handfesten Begleiter, um sich gegen die Rabäuche zu schützen, die in finsteren Ecken lauerten, um ihnen die Beutel zu leeren.
Manches ging Hand in Hand.
Augen und Ohren hatten sie alle in diesem Gewerbe. Doch die nächtlichen Arbeiter hatten die Augen derzeit geschlossen. Es brauchte eine Weile, bis Pitter von sechs seiner Kumpels Antworten erhielt. Aber was er zu hören bekam, weckte die schlimmsten Befürchtungen. Zwar hatte niemand Frau Almut erkannt, aber irgendwann nach Mitternacht waren die Wachen gerufen worden, weil am Kirchhof von Sankt Lupus Geschrei gewesen sei. Ein anderer wusste von einer Tollwütigen im Hemd, die Gräber schändete und von zwei Bewaffneten überwältigt werden musste.
Bedrückt trottete Pitter zum Eigelstein zurück.
Magda von Stave erwartete ihn mit sorgenvollem Gesicht.
»Hat Frau Almut heute Nacht ihr Zimmer verlassen, Frau Meisterin? Vielleicht nur im Hemd?«
»Pitter - großer Gott, ja. Also ist es wahr?«
»Ein närrisches Weib wurde aufgegriffen, hochedle Dame. Ich weiß, Frau Almut ist nie närrisch. Aber sie könnte schlecht geträumt haben und ist vielleicht wandeln gegangen.«
»Wo hat man das närrische Weib hingebracht?«
»Die Wachen werden sie in die Tollkammer im Turm gebracht haben. Es hieß, sie habe sehr lautes Getöse gemacht.«
»Danke, Pitter. Schweig bitte darüber. Hier ist dein Botenlohn.«
Einige Münzen wurden ausgehändigt, und noch bedrückter schlich sich Pitter in die Schulstube, um an den Lektionen teilzunehmen. Doch kurz darauf schickte Frau Clara auf einen Wink der Meisterin die Lerneifrigen fort.
»Heilige Jungfrau Maria!«, rief Magda aus, als sie das schlammige, zerzauste Bündel Mensch sah, das mit starken Lederriemen gebunden war. »Befreit sie augenblicklich von den Fesseln!«, herrschte sie den Wächter an.
»Nein, Frau. Sie ist toll und gefährlich.«
»Das ist sie nicht. Macht sie los. Auf der Stelle!«
»Sie ist eine Unholde, und wir müssen die Stadt vor den Irrwitzigen schützen.«
Die Meisterin hatte wenig Geduld mit dem Sturköpfigen, und mit Eissplittern in der Stimme beschied sie den Mann: »Dein Hauptmann, Idiot, wird wissen, wie er mit dir zu verfahren hat, wenn ich mit ihm gesprochen habe.«
Sie rauschte hinaus, und Clara setzte sich zu Almut auf die Bettkante.
»Bleibt von ihr fort. Sie ist gewalttätig.«
»Noch ein Wort, und ich werde ebenfalls gewalttätig!«, erwiderte Clara mit ruhiger Stimme. Doch es mochte etwas in ihren Augen gestanden haben, das den Wächter einen Schritt zurücktreten ließ. Ein anderer Bewohner der Tollkammer ließ herzhafte Winde fahren, ein dritter begann zu lallen und zu sabbern.
»Almut, hörst du mich?«
Heiser und ganz leise kam es: »Ja, Clara.«
Sacht streichelte Clara das schmutzige Gesicht und wischte ihr die dreckverklebten Haare aus der Stirn. Es dauerte eine Weile, bis Magda zurückkehrte, in ihrem Schlepp den kleinlauten Hauptmann, der den knappen Befehl gab, das Weib loszubinden und in die Obhut der Beginen zu geben.
Clara, die vorausschauend ein Bündel Kleider mitgebracht hatte, half der zitternden Almut in ihr graues Gewand, dann stützten sie sie beide, und sehr langsam wanderten sie die Straße zum Konvent hinunter.
Erst als die
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