Das brennende Gewand
immer nur an deinen Magen!«, fauchte Almut, und der Päckelchesträger zuckte zurück. Dann aber schloss er sich ihrem geschwinden Schritt an und begleitete sie zum Haus derer vom Spiegel.
Die Haushälterin, blass und ebenfalls verstört, empfing sie.
»Ist der Herr vom Spiegel zu sprechen, Frau Nelda?«
»Der alte Herr schläft, Frau Almut, und der Herr Ivo ist heute Morgen ins Kloster zurückgekehrt.«
»Warum, Frau Nelda?«
»Die Büttel des Vogts waren hier.« Sie knetete die Schürze und sah unglücklich drein. »Der Herr hat nicht viel gesprochen. Er hat nur seine Kutte angelegt und ist fortgegangen. Ich konnte es dem Herrn Gauwin doch nicht sagen. Ich habe Angst, Frau Almut.«
»Lasst Meister Krudener rufen. Und ich will sehen, ob ich vom Abt empfangen werde.«
Doch Theodoricus war nicht zu sprechen, und von den schlimmsten Vorstellungen gequält kehrte Almut mit Pitter zum Konvent zurück.
Als sie an Lenas Pastetenbäckerei vorbeikamen, hielt sie jedoch inne und trat an den Stand, an dem Corinne Beckersche eine Reihe Kunden bediente. Sie erstand für Pitter eine besonders saftige Fleischpastete, die er mit einem dankbaren Grinsen entgegennahm.
»Macht Euch nicht son Driss, Frau Almut. Der Pater wird sich schon zu helfen wissen. Im Kloster können ihn die Wachen zumindest nicht gefangen nehmen.«
Das war der einzige Lichtblick in dieser gesamten, verworrenen Situation. Die Kleriker unterlagen nicht der weltlichen Gerichtsbarkeit, sondern der kirchlichen. Und hier hatte zunächst Theodoricus zu urteilen.
Als sie den Pastetenstand verließen, drängte sich ein hagerer Mönch in einer braunen Kutte an ihnen vorbei, der aus der Backstube gekommen war. Weder Almut noch Pitter schenkten ihm Beachtung.
11. Kapitel
»Ich bin zurückgekehrt, ehrwürdiger Vater, und bitte demütig um Aufnahme!«
Pater Ivo stand im Zimmer des Abtes, die Hände in den Ärmeln seiner Kutte verschränkt.
»Was soll das heißen, Ivo? Hat dich der Heilige Geist berührt?«
Der leichte Tonfall des Abts prallte an der versteinerten Miene des Benediktiners ab.
»Es gibt Gründe, ehrwürdiger Vater. Gewichtige Gründe.«
»Dann schildere sie mir. Aber ich wäre dir sehr verbunden, wenn du dich dazu hinsetzen würdest, mein Sohn. Denn ich schaue nicht gerade gerne zu einem schwarzen Gebirge in Gewitterwolken auf.«
Pater Ivo gehorchte und berichtete von den Vorwürfen, die man gegen ihn erhoben hatte. Theos Miene wurde darüber immer ernster, und schließlich fasste er zusammen: »Du hast gegenüber einem Betrunkenen die Haltung verloren und ihn niedergeschlagen. Du warst zur falschen Zeit am falschen Ort. Du hast dort dummerweise dein Brevier verloren. Das alles macht dich doch nicht zum Mörder.«
»In deinen Augen nicht.«
»Hast du dich in der letzten Zeit mit dem Vogt angelegt?«
»Nein.«
»Mit einem anderen als dem unseligen Thomas?«
»Nein.«
»Warum suchst du dann hier Unterschlupf?«
»Weil ich noch an einem anderen Ort zur falschen Zeit war.«
»Berichte.«
»Als ich vergangene Woche von Villip kam, sah ich vor mir zwei Stadtwachen, die eine leblose Gestalt auf ein Pferd legten. Damals dachte ich mir nicht viel dabei. Heute sieht es anders aus. Ich vermute, das war der erzbischöfliche Kurier, den sie gefunden hatten.«
»Ja, und?«
»Er hatte kein Pferd bei sich.«
»Das werden die Wegelagerer sich schon unter den Nagel gerissen haben.«
»Vermutlich. Doch inzwischen steht es in den Ställen meines Vaters.«
»Verd...«
»Richtig. Und ich hatte ja einen guten Grund, den Boten umzubringen, da der Dispens nicht erteilt wurde.«
»Was für ein Blödsinn, Ivo. Du hast wohl Erbsenbrei im Hirn. Der Dispens war noch in seiner Tasche.«
»Man wird behaupten, ich sei beim Ausrauben unterbrochen worden.«
»Du bist selbst der Advokat des Teufels, Ivo.«
»Ich betrachte die Angelegenheit nur mit den Augen derer, die das Offensichtliche deuten, ehrwürdiger Vater.«
»Dann beweise ihnen, was sich unter der Oberfläche verbirgt, Ivo. Herrgott im Himmel, du bist doch sonst nicht so mutlos.«
Pater Ivo behielt seine steinerne Miene bei und erwiderte nichts. Theodoricus erhob sich aus seinem Sessel, und nun wanderte er im Raum auf und ab. Manch einer unterstellte dem rundlichen Abt eine gewisse geistige Trägheit, denn seine Antworten auf kritische Fragen ließen oftmals lange auf sich warten. Dann aber verblüfften sie oftmals seine Gesprächspartner.
»Die Vergangenheit holt dich ein, denkst du«, stellte
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