Das brennende Gewand
dem Hexenmeister am Neuen Markt. Ihr wisst schon, der die Leichen im Keller hat.«
»Und jetzt hat er den Vergolder umgebracht. Einfach ersäuft hat er ihn. Im Braukessel. Bloß weil der das Klosterbier getrunken hat.«
»Der soll ja auch gerade mal mit letzter Not dem Scheiterhaufen entgangen sein. Diese Klosterbrüder decken ihre Leute. Wer weiß, was der noch alles verbrochen hat!«
»Wisst ihr noch, vor Ostern? Als die Lissa im Adler ermordet wurde. Niemand weiß, wer das war.«
»Und die Parlerstochter - das weiß auch keiner.«
»Ja, und der Schreinemaker, da weiß man auch nicht genau, was passiert ist. Aber die Lena, die glaubt nicht, dass die Schiffer ihn umgebracht haben.«
»Den Vergolder hat er gewiss ersäuft. Sie haben ja sogar sein Brevier bei der Leiche gefunden.«
»Ja, er hat ihn schon im Kloster halb erschlagen, heißt es.«
»Huh, wenn ich daran denke, dass ich ihm hier begegnet bin!«
Übelkeit und Entsetzen würgten in Almuts Kehle. Was für ein hässliches Gebräu wurde hier gekocht? Beschuldigte man Ivo des Mordes? Das war doch absurd? Wer hatte dieses Gerücht aufgebracht?
Ein Schauder kroch über ihren Rücken, als sie an Rigmundis’ Gesicht dachte. Wenn es eine Heuchlerin gab, die derartiges Geschwätz verbreitete, dann war es kein bisschen harmlos. Sie brauchte mehr Wissen darüber, was in den Gassen geschwätzt wurde, aber bestimmt nicht von den Gänschen, die es nun zu unterrichten galt. Sie raffte sich zusammen. Den plappernden Jungfern wollte sie keine Blöße zeigen.
Sie schaffte es, die Rechenstunde durchzuhalten, aber mehrmals sah Pitter sie verdutzt an, weil sie zu falschen Ergebnissen kam. Auch die Mädchen wurden unruhig, denn sie merkten, dass ihre Lehrerin nicht ganz bei der Sache war. Als die halbe Unterrichtszeit herum war, verließ Almut mit der Entschuldigung, einen Text suchen zu müssen, den Raum, und glücklicherweise lief ihr die Edle von Bilk über den Weg.
»Edle Frau, ich habe eine dringende Angelegenheit zu erledigen. Darf ich um Eure Hilfe bitten?«
»Wenn ich nicht eigenhändig - mhm - Hühner schlachten soll, will ich es gerne tun.«
»Nein, weit weniger blutig ist das, was Ihr tun könnt. Dort im Schulzimmer sitzen elf junge Hühnerchen, die einen Text lesen und abschreiben sollen. Sie brauchen dabei eine leitende Hand.«
»Nun, das dürfte keine Schwierigkeit sein.«
»Danke.«
Sie geleitete die Edelfrau in das Schulzimmer, stellte ihr die Jungfern vor und forderte von ihnen strengste Aufmerksamkeit. Pitter hingegen bat sie: »Könntest du mich bitte auf einem Weg begleiten?«
»Klar!«
Mit einer weiteren Mahnung zur Disziplin entkam sie ins Freie.
»Ihr macht Euch Sorgen um den Pater, was?«
»Ist etwas dran an dem Geschwätz, Pitter?«
Der magere Junge zuckte mit den Schultern und zerrte verlegen an seiner schäbigen Gugel.
»Es gibt einen Ankläger, hab ich gehört. Besser, Ihr geht zum Adler. Da weiß man wohl mehr.«
»Genau das hatte ich vor.«
Mit flatternden Röcken eilte Almut voran zur Schmiede und erhielt hier zunächst nur eine etwas wirre Auskunft der Wirtin, die mitten in den Vorbereitungen zum Mittagsmahl steckte. Immerhin erfuhr sie so viel, dass ein schwarzhaariger, vornehmer Herr am gestrigen Tag vorbeigekommen war, der recht harsch verlangt hatte, den Vorfall am Samstag geschildert zu bekommen. Er nannte sich einen Freund des Verstorbenen und hatte dann auch den Braukessel sehen wollen. Nach kurzer Suche hatte er in einer staubigen Ecke ein kostbares Brevier gefunden. Danach seien die Wachen gekommen und hätten den Schmied und die Wirtin noch einmal ausgefragt, was dem Paar überhaupt nicht geschmeckt hatte. Sie hatten beide eine tiefe Abneigung gegenüber der Obrigkeit, und fürchteten um den guten Ruf ihres Gasthauses. Tatsache aber war, dass sich Ivo vom Spiegel am nämlichen Tag in der Schmiede aufgehalten hatte, um ein Pferd zu erstehen. Das Pergament mit dem kryptischen Text hingegen sagte weder Franziska noch Simon irgendetwas, seine Herkunft blieb im Dunkeln.
Mühsam bedankte sich Almut, und als sie wieder auf der Straße waren, sagte sie heiser: »Sie können ihm doch daraus keinen Strick drehen.«
Das Brevier, ahnte sie, war vermutlich das Geschenk Estebans. Ivo mochte es in der Schmiede verloren haben. Aber den Vergolder hatte er gewiss nicht umgebracht.
»Können sie schon. Ihr wisst doch, wie der Vogt ist.«
»Ich muss zu ihm, Pitter.«
»Müsst Ihr, aber ich brauche eine Wegzehrung.«
»Du denkst
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