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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Pelzchen in die Hand und besah es sich. Richtig, das Fellmuster ergab den Buchstaben M über den Augen. Teufelchen, um ihr Kind besorgt, strich ihr um die Beine und maunzte. »Mirr iam, mirr iam.«
    Pater Henricus verabschiedete sich von Clara, und Almut, im Staunen gefangen, setzte die Tigerkatze seiner Mutter vor die Nase.
    »Hier hast du deine kleine Mirriam zurück«, flüsterte sie.
    »Brrrip«, lobte Teufelchen sie und begann, ihre Tochter gründlich zu putzen.
    »Also, ich muss schon sagen, unsere Meisterin hat eine gute Wahl mit Pater Henricus getroffen«, bemerkte Clara. »Ein außergewöhnlicher Mann, belesen, gelehrt und großmütig im Geist. Und ernsthaft bemüht, seinen Hochmut zu besiegen.«
    Sie schlenderten über den Hof zurück zu ihrem Häuschen.
    »So hochmütig fand ich ihn gar nicht. Aber jetzt, wo du es erwähnst - ich hätte ihn fragen sollen, wer sein Vetter, der Tropf, ist. Denn der scheint mir ein erstrebenswertes Ziel von Roderich von Kastell zu sein.«
    »Aber das hat er doch gesagt.«
    »Hat er das?« Sie kletterten die Stiege hoch, und über ihre Schulter erklärte Clara mit einem kleinen Grinsen:
    »Overstoltz.«
    »Ei wei! Pater Henricus stammt von den Overstoltzens ab? Na, dann hat er wirklich mit seinem Hochmut gekämpft. Ein beachtenswerter Mann, in der Tat. Ein Overstoltz, der zu den Minderbrüdern geht. Aber nun, Clara, verrat mir endlich, was du herausgefunden hast.«
    Sie betraten Claras Kammer, und die Gelehrte schlug den Folianten wieder auf und deutete mit einem Finger auf einen Satz.
    »Dies ist die Warnung, die der Sohn des Harfenspielers uns zu beachten mahnt: luxuriosa res vinum et tumultuosa ebrietas quicumque his delectatur non erit sapiens. ›Der Wein macht Spötter, und starkes Getränk macht wild: Wer davon taumelt, wird niemals weise.‹«
    »Stimmt. Und jetzt?«
    »Jetzt werde ich diese Botschaft bald enträtselt haben.«
    »Und wie?«
    Clara zwinkerte mit den Augen. »Lass mir meine Geheimnisse.«
    »Na gut. Aber warte nicht zu lange damit. Du weißt, alles ist wichtig, was mit dem Vergolder zusammenhängt.«
    »Ja, ich weiß, Almut.« Clara war wieder ernst geworden. »Übrigens - entschuldige, dass ich vorhin gelauscht habe. Absichtlich tat ich es nicht. Aber Lena mag für übles Geschwätz sorgen und unsere Besucherin schmähen, aber wenn unsere Edle auch keinen bösen Blick hat, neugierig ist sie allemal. Sie hat hier und da Fragen nach dem schönen Leon gestellt.«
    »Verständlich, oder?«
    »Natürlich. Du solltest es nur wissen.«
    »Ja, danke. Gertrud hat sie auch als neugierige Edelnase bezeichnet. Aber ganz ehrlich, Clara - eine kleine Schwäche hat doch jeder Mensch. Ihre ist eben die Neugier.«
    »Die, die dir ebenfalls eigen ist - nur auf anderen Gebieten, nicht wahr?«
    »Richtig. Genau deswegen werde ich Meister Krudener einen Besuch abstatten.«
    »Um ihn auf den wissbegierigen Franziskaner aufmerksam zu machen?«
    »Das, und um ihn nach dem alchemistischen Overstoltz zu fragen. Außerdem, Clara, dein böser Ausschlag heilt zwar allmählich ab, aber ich könnte ihn nach einem Mittel fragen, das gegen die Schmerzen hilft.«
    »Ja, sie sind immer noch stark. Manchmal - manchmal könnte ich weinen«, seufzte sie und legte den Kopf in die Hände.
    »Dann will ich hören, was er empfiehlt. Oder willst du mich gar begleiten?«
    »Wann suchst du ihn auf?«
    »Warum nicht gleich? Bis zur Vesper ist noch lange Zeit.«

28. Kapitel
    Bei der müden Frau in der Hinterstube eines Hauses auf dem Berlich war es nicht die Natur, die für die frühzeitig einsetzenden Wehen sorgte, sondern eine wohldosierte Menge Mutterkorn. Sie kannte diese Prozedur bereits, es war nicht das erste Mal, dass sie schwanger geworden war. Ihr Beruf brachte dieses Risiko mit sich. Ihr schlaffer, erschöpfter Leib krümmte sich in Krämpfen, während die Hebamme bei ihr saß und über allgemeinen Klatsch und Tratsch plauderte. Wenn es die Schmerzen erlaubten, antwortete die Hure ihr, und so sammelte die Wehmutter allerlei delikate Neuigkeiten über die Kundschaft des Hauses am Berlich. Schließlich war es so weit, und das ungewollte, ungeliebte Kind eines hohen Geistlichen verließ seine vergiftete Heimat, noch bevor die Seele den Körper betreten hatte.
    Geschwind sorgte die Hebamme dafür, dass die Spuren der Geburt verschwanden, gab der Frau noch einen stärkenden Trank und verließ mit ihrem großen Beutel über den Hinterausgang das beliebte, aber heimliche Haus.
    Eine kurze

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