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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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westsächsischen Drachen, und Ælfwolds Mercier zeigten eine lange Flagge mit dem christlichen Kreuz.
     «Ich will mein eigenes Banner», erklärte mir Æthelflæd.
    «Dann mach dir eins», sagte ich.
    «Es werden Gänse darauf sein.»
    «Gänse? Keine Enten?»
    Sie schnitt eine Grimasse. «Gänse sind das Zeichen der heiligen Werburgh», erklärte sie. «Einmal hat ein riesiger Schwärm Gänse ein Kornfeld heimgesucht, und sie hat gebetet, und darauf hat Gott die Gänse fortgeschickt. Es war ein Wunder!»
    «So etwas hat die Äbtissin von Lecelad getan?»
    «Nein, nein! Die Äbtissin wurde nach Sankt Werburgh genannt. Die Heilige ist schon vor langer Zeit gestorben. Vielleicht zeige ich auch sie selbst auf meinem Banner. Ich weiß, dass sie mich beschützt! Ich habe gestern Abend zu ihr gebetet, und siehst du, was sie getan hat?» Sie deutete auf die Männer, die ein Stück hinter uns ritten. «Meine Gebete wurden erhört!»
    Ich fragte mich, ob sie gebetet hatte, bevor oder nachdem sie in mein Zimmer gekommen war, doch dann beschloss ich, dass diese Frage besser ungestellt blieb.
    Wir ritten am Nordrand der eintönigen Marschen entlang, die sich an der Temes erstreckten. Dies war ostanglisches Gebiet, doch es gab keine großen Anwesen in der Nähe Lundenes. Einst hatten hier beeindruckende Herrensitze und geschäftige Dörfer gestanden, doch die zahlreichen Raubzüge und Vergeltungsmaßnahmen hatten jeden einzelnen Palas in Asche gelegt und in den Dörfern Angst und Schrecken verbreitet. Der dänische König Eohric von Ostanglien war angeblich Christ und hatte einen Friedensvertrag mit Alfred unterzeichnet, in dem er zusagte, dass seine Dänen sich sowohl aus Mercien als auch aus Wessex    heraushalten würden, doch die beiden Könige hätten ebenso ein Abkommen darüber unterzeichnen können, dass künftig kein Mann mehr Ale trinken würde. Die Dänen kamen immer wieder über die Grenze, und die Sachsen rächten sich, und deshalb ritten wir nun durch verarmte Siedlungen. Die Leute sahen uns kommen und flüchteten in die Marschen oder in die Wälder auf den wenigen niedrigen Hügeln. Wir beachteten sie nicht weiter.
    Beamfleot lag am südlichen Ende der großen Hügelkette, die sich wie ein Riegel vor uns erstreckte. Die meisten Hügel waren mit dichtem Wald bestanden, doch über dem Dorf Beamfleot, dort, wo die steilen Hänge zur größten Höhe anstiegen, sahen wir die alte Festung auf der entwaldeten grünen Kuppe über dem Fluss. Wir schwenkten nach Norden und ritten mit geschärfter Aufmerksamkeit einen stark ansteigenden Pfad hinauf, der nach Thunresleam führte, denn falls die Dänen uns kommen sahen, konnten sie uns mit Leichtigkeit einen Angriffsverband entgegenschicken, während wir uns durch den dichten Baumbestand arbeiteten. Ich hatte Æthelflæd und ihre beiden Mägde in die Mitte unseres Zuges geschickt und den Männern befohlen, mit den Schilden am Arm und kampfbereiten Waffen zu reiten. Ich lauschte auf die Fluchtgeräusche der Vögel im Blattwerk, auf das metallische Geräusch von Rüstungen, auf dumpfen Hufschlag auf dem feuchten Waldboden, auf den unvermittelten Ruf, der einen Angriff berittener Wikinger hügelabwärts ankündigen würde, doch die einzigen Vögel, die in den Zweigen flatterten, waren die Tauben, die wir selbst erschreckten. Die Verteidiger Beamfleots wollten uns den Hügel offenbar überlassen, und kein einziger Däne unternahm den Versuch, uns aufzuhalten.
    «Das ist aberwitzig», sagte Finan, als wir den Gipfel erreichten. «Sie hätten zwanzig von uns töten können.»
    «Sie sind sich ihrer sicher», entgegnete ich. «Sie wissen, dass wir an der Wallanlage ihrer Festung nicht weiterkommen.»
    «Oder sie verstehen ihr Handwerk nicht», sagte Finan.
    «Wann hast du zum letzten Mal einen Dänen getroffen, der nichts vom Kämpfen versteht?»
    Wir schickten Kundschafter in den Wald, als wir uns dem alten Palas von Thunresleam näherten, doch noch immer zeigte sich kein Feind. Wir waren vor Jahren bei diesem Palas gewesen, damals, als wir mit den Normannen Sigefrid und Erik verhandelten, und danach hatten wir einen erbitterten Kampf bei dem Wasserlauf unterhalb der Festung ausgetragen. Diese Ereignisse erschienen mir nun sehr weit weg, und sowohl Sigefrid als auch Erik waren tot. Haesten hatte diesen lange vergangenen Kampf überlebt, und nun war ich gekommen, um ihm erneut entgegenzutreten, auch wenn keiner von uns wusste, ob Haesten selbst nach Beamfleot zurückgekehrt war.

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