Das brennende Land
Ælfwolds Banner empor, das ein christliches Kreuz zeigte. Ich hatte es mir ausgeliehen, um deutlich zu machen, dass wir keine Dänen waren. Offenkundig beruhigte das Kreuz darauf den Einäugigen, denn er kniete vor uns nieder und winkte seinen Begleitern, es ihm gleichzutun. «Ich bin Pater Heahberht», sagte er.
Er erklärte mir, er sei der Priester dieses und noch zweier weiterer Dörfer weiter östlich. «Ihr seht aber nicht wie ein Priester aus», sagte ich.
«Wenn ich wie ein Priester aussehen würde, Herr, dann wäre ich schon tot», sagte er. «Die Hexe in der Festung tötet die Priester.»
Ich blickte kurz Richtung Süden, doch von hier aus war die alte Festung auf dem Hügel nicht zu sehen. «Die Hexe?»
«Sie heißt Skade, Herr.»
«Ich kenne Skade.»
«Sie hat unsere Kirche niedergebrannt.»
«Und sie hat die Mädchen mitgenommen», sagte eine Frau unter Tränen, «sogar die kleinen. Sie hat meine Tochter mitgenommen, sie war erst zehn Jahre alt, Herr.»
«Warum nimmt sie ...», begann Æthelflæd und unterbrach sich dann unvermittelt, weil die Antwort allzu offensichtlich war.
«Haben sie die alte Festung aufgegeben?», fragte ich. «Die Festung oben auf dem Hügel?»
«Nein, Herr», antwortete Pater Heahberht, «sie benutzen sie, um die Gegend zu beobachten. Und wir müssen Nahrungsmittel hinaufbringen.» «Wie viele Männer sind dort?»
«Ungefähr fünfzig, Herr. Sie halten auch die Pferde dort oben.»
Ich zweifelte nicht an den Worten des Priesters. Doch die Dänen hatten uns kommen sehen, und ich vermutete, dass sie daher inzwischen ihre Kräfte auf der alten Festung verstärkt hatten. «Und wie viele Männer sind in der neuen Festung?»
«Sie lassen uns nicht an die neue Festung heran, Herr, aber ich habe sie mir von dem Hügel bei Haethlegh aus angesehen, und ich konnte nicht alle Männer zählen, die in der Festung waren.» Er sah unruhig zu mir herauf. Sein totes Auge war milchweiß und vereitert. Er zitterte vor Angst, aber nicht, weil er uns für Feinde hielt, sondern weil wir Herren waren. Er zwang sich dazu, so ruhig zu sprechen, wie er es nur vermochte. «Es sind Hunderte an der Zahl, Herr. Dreitausend Männer sind nach Westen geritten, Herr, aber sie haben all ihre Frauen und Kinder in Beamfleot gelassen.»
«Habt Ihr diejenigen gezählt, die weggeritten sind?»
«Ich habe es versucht, Herr.»
«Ihre Frauen und Kinder sind hier?», fragte Æthelflæd nach. «Sie leben auf den Schiffen, die sie auf den Strand gesetzt haben, Herrin», sagte Heahberht.
Der Priester war ein aufmerksamer Mann. Ich belohnte ihn mit einer Silbermünze. «Und wer führt den Befehl über die neue Festung?», fragte ich. «Ist es Haesten selbst?»
Pater Heahberht schüttelte den Kopf. «Es ist Skade, Herr.»
«Skade! Sie hat den Befehl?»
«So hat man uns gesagt, Herr.»
«Ist Haesten noch nicht zurück?»
«Nein, Herr», sagte Heahberht, «davon haben wir nichts gehört.» Er erklärte uns, dass Haesten mit dem Bau der neuen Festung begonnen hatte, sobald seine Flotte aus Cent eingetroffen war. «Wir mussten Eichen und Ulmen für sie fällen, Herr.»
«Ich muss mir diese neue Festung ansehen», sagte ich und gab Heahberht eine weitere Münze. Dann lenkte ich mein Pferd zwischen zwei Hütten hindurch auf ein Gerstenfeld. Ich dachte an Skade, an ihre Grausamkeiten, an ihre verzweifelte Gier, eine Herrscherin zu sein. Sie konnte Männer allein durch ihre Willenskraft führen, doch besaß sie auch die Fähigkeit, sie in der Schlacht zu befehligen? Haesten war kein Narr, er hätte ihr den Befehl nicht überlassen, wenn er an ihrem Geschick gezweifelt hätte, und ganz sicher hatte er ihr ausreichend Männer überlassen und fähige Berater an die Seite gestellt. Ich trieb das Pferd erneut an und ritt südlich des Dorfes in den Wald. Meine Männer folgten mir. Ich ritt unvorsichtig und sorgte mich nicht, dass die Dänen Männer im Wald haben könnten. Skades Männer waren es sicher zufrieden, sich hinter den Wällen zu verschanzen. Sie vertrauten darauf, jedem Angriff standhalten zu können.
Wir erreichten den Rand des Hügelkamms. Vor uns fiel das Land steil zu dem Netz aus Wasserläufen und Zuflüssen ab, die sich durch die Marschen zogen. Dahinter lag die breite Temes. Ihr südliches Ufer war gerade noch in der dunstigen Ferne erkennbar. Vier Schiffe lagen bewegungslos inmitten dieser riesigen Ausdehnung spiegelnden Wassers. Es waren Dänen, die nach Beute Ausschau hielten und nach
Weitere Kostenlose Bücher