Das brennende Land
war der Krieg, und im Krieg geht es niemals wohlgeordnet zu. Ich glaubte, dass Harald mir folgen würde, und ich vertraute darauf, dass Steapa den größeren Teil von Alfreds Armee hinter Harald bringen konnte, aber ich konnte Edward nichts versprechen. Er wollte Sicherheit, aber ich plante eine Schlacht, und ich war erleichtert, als er ging, um mit seinem Vater zu beten.
Steapa ging ebenfalls, sodass ich allein hinter der Brustwehr stand. Die Späher machten einen Bogen um mich, wohl weil sie meine elende Stimmung spürten, und als ich Schritte hörte, achtete ich nicht darauf, weil ich hoffte, dass, wer immer es auch sein mochte, mir meinen Frieden lassen würde.
«Der Herr Uhtred», sagte eine Stimme mit freundlichem Spott, als die Schritte hinter mir anhielten.
«Die Herrin Æthelflæd», sagte ich im selben Tonfall, ohne mich umzudrehen.
Sie trat an meine Seite, ihr Umhang berührte meinen. «Wie geht es Gisela?»
Ich berührte meinen Thorshammer. «Sie hat wieder eine Geburt vor sich.» «Das vierte Kind?»
«Ja», sagte ich und sandte ein Gebet zum Sitz der Götter, dass Gisela die Geburt überleben möge. «Und wie geht es Ælfwynn?», fügte ich hinzu. Ælfwynn war Æthelflæds Tochter, sie war noch ein Kleinkind.
«Sie gedeiht.»
«Ohne Geschwister?»
«Und das wird auch so bleiben.» Æthelflæd hatte das mit Bitterkeit gesagt. Ich sah sie von der Seite an. Ihr Profil wirkte sehr zart im Mondlicht. Ich kannte sie, seit sie ein Kind gewesen war, das glücklichste, sorgloseste von Alfreds Kindern, doch nun lag ein wachsamer Ausdruck auf ihrem Gesicht, so als sei sie gerade aus einem schlechten Traum erwacht. «Mein Vater ist verärgert über dich», sagte sie.
«Wann wäre er das nicht?»
Die Andeutung eines Lächelns huschte über ihr Gesicht und war schon wieder vergangen. «Er will, dass du Edward deinen Eid leistest.» «Ich weiß.»
«Warum tust du es dann nicht?»
«Weil ich kein Sklave bin, den man einfach so an einen neuen Herrn weitergibt.»
«Oh!» Das klang bissig. «Also bist du keine Frau?» «Ich gehe mit meiner Familie in den Norden.»
«Wenn mein Vater stirbt», sagte Æthelflæd und hielt dann inne. «Falls mein Vater stirbt, was geschieht dann mit Wessex?» «Es wird von Edward regiert werden.»
«Er braucht dich», sagte sie. Ich zuckte mit den Schultern. «Solange du lebst, Herr Uhtred», fuhr sie fort, «überlegen es sich die Dänen zweimal, ob sie angreifen.»
«Harald hat nicht zweimal überlegt.» «Weil er ein Narr ist. Und morgen tötest du ihn.»
«Vielleicht», sagte ich vorsichtig.
Da erklang Stimmengewirr. Eine Gruppe Männer kam aus der Kirche. «Mein Gemahl», sagte sie. In diesen beiden Worten lag aller Abscheu der Welt. «Er hat eine Botschaft an Herrn Aldhelm geschickt.»
«Führt Aldhelm nicht die mercischen Truppen?»
Æthelflæd nickte. Ich kannte Aldhelm. Er war der Liebling meines Cousins und ein Mann von unbändigem Ehrgeiz, dazu noch hinterhältig und gerissen. «Ich hoffe, Euer Gemahl hat Aldhelm nach Fearnhamme befohlen.»
«Das hat er», bestätigte sie. Dann sprach sie mit gesenkter Stimme weiter. «Aber er hat auch angeordnet, dass sich Aldhelm Richtung Norden zurückziehen soll, falls er den Feind für zu stark hält.»
Das hatte ich beinahe erwartet. «Also soll Aldhelm die Armee von Mercien schonen?»
«Wie sollte mein Gemahl sonst Wessex einnehmen, wenn mein Vater stirbt?», fragte Æthelflæd in unschuldsvollem Ton. Ich sah auf sie herunter, doch sie hielt ihren Blick auf die Feuer von Godelmingum gerichtet.
«Wird Aldhelm kämpfen?», fragte ich sie.
«Nicht, wenn das bedeutet, die mercische Armee zu schwächen.» «Dann werde ich morgen Aldhelm an seine Pflichten erinnern müssen.»
«Aber du hast keine Befehlsgewalt über ihn», erinnerte mich Æthelflæd. Ich klopfte auf Schlangenhauchs Heft. «Ich habe das hier.» «Und er hat fünfhundert Männer. Aber es gibt einen Menschen, dem er gehorchen wird.» «Euch?»
«Deshalb werde ich morgen mit dir reiten», sagte sie. «Das wird Euer Gemahl verbieten.»
«Gewiss würde er das», sagte sie ruhig, «wenn er es wüsste. Und du wirst mir einen Dienst erweisen, Herr Uhtred.»
«Ich stehe Euch immer zu Diensten, meine Herrin.» «Tust du das?», fragte sie und sah mir in die Augen.
Ich betrachtete ihr liebliches, trauriges Gesicht und wusste, dass diese Frage ernst gemeint war. «Ja, meine Herrin», sagte ich sanft.
«Dann tötest du sie morgen alle. Töte alle Dänen. Tu das
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