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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wende
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ebenso flexibel. Hier setzten sie angesichts der ethnisch-religiösen Vielfalt des riesigen Landes, in dem keine Basis für die Entstehung einer übergreifenden Nationalbewegung existierte, ein eher föderalistisches Konzept um. Mit starker afrikanischer Beteiligung erhielt der Staat eine Verfassung, in der das politische Gewicht bei den Parlamenten dreier regionaler Staaten lag, die ihre Delegierten in ein mit begrenzten Kompetenzen ausgestattetes Bundesparlament entsandten.
    Doch bei aller Bereitschaft zu pragmatischen Lösungen hielt die britische Dekolonisierungspolitik an ihrem obersten Ziel fest, nach Möglichkeit parlamentarische Demokratien an die Stelle alter Kolonien treten zu lassen. Dies war nach 1945 das Gebot der Stunde – die Botschaft der westlichen Großmächte an den Rest der Welt. Im Sog eines allgemeinen Antiimperialismus konnte auch Großbritannien nicht nur nicht länger die Diskrepanz von heimischer Demokratie und autokratischer Herrschaft in Übersee ignorieren, geschweige denn überbrücken, sondern betrachtete es als letzte Aufgabe seiner überseeischen Mission, Demokratien als Erben der Kolonien des Empire einzusetzen. Dabei sah es sich besonders in denjenigen Kolonien, wo vorwiegend britische weiße Siedler eine zwar zahlenmäßig geringe, aber ökonomisch und politisch gewichtige Minorität bildeten, vor erhebliche Schwierigkeiten gestellt: in Süd- und Nord-Rhodesien sowie in Kenia.
    Dort strebten die weißen Kolonisten danach, den Dominionstatus bei gleichzeitiger Sicherung der eigenen Vorherrschaft im Innern des neuen Staates zu erreichen. Selbst wenn die weißen Rhodesier den Anschluß an die Südafrikanische Union ablehnten, nahmen sich dennoch viele deren Apartheidspolitik zum Vorbild. Dem stand die seit der Zwischenkriegsära gültige allgemeine Richtlinie der Afrikapolitik des Londoner Kolonialministeriums entgegen, die politische Selbständigkeit der Kolonien auf das Prinzip der Partnerschaft der jeweils ‹verschiedenen Elemente› zu gründen; und das hieß auch und vor allem: auf echte Partnerschaft zwischen Europäern und Afrikanern. Bereits 1923 hatte es in einer offiziellen Erklärung in London im Hinblick auf Kenia geheißen, daß es «African territory» sei, in dem «die Interessen der eingeborenen Afrikaner in erster Linie Berücksichtigung finden müssen, und für den Fall, daß deren Interessen zu denen der eingewanderten Rassen in Widerspruch stehen, soll ersteren stattgegeben werden».[ 19 ] Und als nach dem Krieg in dem unabhängigen Südafrika unter Führung der von den Buren dominierten Afrikaner National Party eine rassistische Apartheidspolitik dominierte, hielt London am Prinzip des ‹non-racialism› fest, wie ein Grundsatzpapier des Kolonialamts vom Mai 1959 betonte.[ 20 ] In Kenia gelang es dann auch, mit der Unabhängigkeit die uneingeschränkte politische Gleichheit durchzusetzen; die weißen Siedler verloren alle ihre bisherigen Privilegien, blieben aber in ihrer Mehrheit vorerst noch im Lande. Doch in Süd-Rhodesien, wo die Weißen durch anhaltende Einwanderung mittlerweile 5 % der Bevölkerung stellten und 49 % des Grund und Bodens besaßen, scheiterte das Konzept. Hier, im südlichen Zentralafrika, erfuhr die britische Kolonialpolitik der Epoche nach Palästina ihr zweites Fiasko.
    Als 1923 die Herrschaft der British South African Company endete, die das Erbe von Cecil Rhodes’ Expansionspolitik angetreten hatte, wurde Nord-Rhodesien Protektorat der britischen Krone, wie es das benachbarte Njassaland bereits seit 1891 war. Süd-Rhodesien hingegen erlangte den undefinierbaren Status einer de facto selbständigen Kolonie, in der die weiße Minderheit die politische Selbstverwaltung monopolisiert hatte und die Gewährung des Dominionstatus nur eine Frage der Zeit zu sein schien. Großbritannien hatte sich allerdings wichtige ökonomische Kompetenzen und die Zuständigkeit für die Eingeborenenpolitik vorbehalten – beides jedoch ohne praktische Auswirkungen auf die Dominanz der Weißen. Als von diesen nach 1948 die Gefahr eines eventuellen Anschlusses an die Südafrikanische Union drohte, kam die britische Regierung schließlich den Plänen der rhodesischen Siedler entgegen, ihr Land gemeinsam mit Nord-Rhodesien und Njassaland in einer zentralafrikanischen Föderation zu vereinen, die mit den reichen Kupferschätzen Nord-Rhodesiens und Njassalands als Arbeitskräftereservoir das Gegengewicht zu der die Region dominierenden Südafrikanischen Union

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