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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wende
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sämtlichen Leeward-Inseln. Und 1655/56 wurde Jamaika als wichtigste Beute aus Cromwells Feldzug gegen Spanien den englischen Besitzungen in diesem Raum hinzugefügt. Schon bald lockten die neuen Kolonien in der Karibik mehr Engländer an als Virginia und Maryland, denn hier winkte die Aussicht auf raschen materiellen Gewinn und sozialen Aufstieg. Bis zum Ende des Jahrhunderts zog es über die Hälfte der britischen Auswanderer auf diese Inseln, wo man 1660 schon ca. 47.000 weiße Siedler zählte, mehr als die Hälfte davon auf Barbados als dem ökonomischen Zentrum der Region.
    Dabei folgte man anfangs dem Beispiel von Virginia und setzte ganz auf den zunächst äußerst profitablen Tabakanbau. Doch als nach dem Tabakboom der 30er Jahre die Preise fielen, gelang es innerhalb kurzer Zeit mit Hilfe holländischer Experten, die wirtschaftliche Katastrophe abzuwenden, indem die Anpflanzung von Tabak durch den Anbau von Zuckerrohr ersetzt wurde. Dieser ökonomische Wandel hatte jedoch tiefgreifende soziale Umwälzungen zur Folge. Der wesentlich arbeitsintensivere Anbau von Zuckerrohr rentierte sich nur, wenn er in großem Stil betrieben wurde, er verlangte mithin beträchtlichen Kapitaleinsatz auf großen Plantagen mit zahlreichen billigen Arbeitskräften. Auf Barbados verringerte sich daher zwischen 1645 und 1667 die Zahl der Landbesitzer von 11.200 auf nurmehr 745, wobei die Betriebsgröße zwischen 80 und 400 ha lag. Diesem Konzentrationsprozeß fielen im Laufe des 17. Jahrhunderts nicht nur die Besitzer und Pächter kleinerer Plantagen zum Opfer, sondern auch die Arbeitskraft der weißen Tagelöhner und indentured servants, die nun zunehmend durch aus Afrika importierte Sklaven ersetzt wurden, deren Zahl mit über 100.000 gegen Ende des Jahrhunderts deutlich die der weißen Bevölkerung übertraf.
    Gleichzeitig wuchs die ökonomische Bedeutung der karibischen Kolonien unaufhaltsam, so daß sie bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts als «the brightest jewel in his Majesty’s crown» galten. Denn mit ihrer Monokultur befriedigten sie die ständig wachsende Nachfrage nach Zucker, der, anfangs so teuer wie Zimt oder Gewürznelken, allmählich vom Luxusartikel zu einem Artikel des Massenkonsums geworden war; so wurde etwa im Jahre 1686 für mehr als eine halbe Million Pfund Zucker aus Westindien nach London importiert, eine Summe, die den Gesamtwert der Importe aus den nordamerikanischen Besitzungen um nahezu das Dreifache überstieg. Und das bedeutete nicht nur riesige Gewinne für die meist sogar in London residierende Pflanzeraristokratie, sondern auch erkleckliche Zolleinnahmen für den Staat. Hier waren endlich Kolonien entstanden, die sich ebenso augenfällig wie unmittelbar rentierten, allerdings – wie sich bald herausstellen sollte – auf Kosten wachsender sozialer Mißstände, die besonders in den Lebensumständen einer Sklavenpopulation zum Ausdruck kamen, die Mitte des 18. Jahrhunderts mit knapp 300.000 die Zahl der 44.000 dort lebenden Weißen bei weitem übertraf.
    In seinen karibischen Besitzungen wurde besonders deutlich, in welchem Ausmaß das Empire von der Sklaverei und dem Sklavenhandel profitierte; hier wurde, um unter den besonderen Bedingungen eines mörderischen Klimas maximale Gewinne aus einer tropischen Landwirtschaft zu erzielen, die wohl brutalste Form rücksichtsloser Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft entwickelt, wobei der Arbeiter – der aus Afrika gewaltsam verschleppte Schwarze – zur im Eigentum seines Besitzers stehenden rechtlosen ‹Sache› erklärt wurde. Da das englische Recht hierfür keine Handhabe lieferte, erließen die einzelnen Kolonien die einschlägigen Verfügungen. So konstatierte das entsprechende Gesetz von Barbados eingangs die grundsätzliche Rechtlosigkeit des Sklaven: «Da die Pflanzungen und Güter dieser Insel ohne die Arbeit und Dienste einer großen Anzahl von Negern und anderen Sklaven nicht effektiv bewirtschaftet werden können und besagte Neger und andere Sklaven von Natur aus barbarisch, wild und ungezähmt sind, erweisen sie sich als völlig ungeeignet, gemäß den Rechten, Gesetzen und Gebräuchen unserer Nation regiert zu werden.»[ 7 ] Unter solchen Voraussetzungen trafen die zwangsverschifften Afrikaner, nachdem sie die Torturen ihres Transports über den Atlantik lebend überstanden hatten, und das Brandzeichen ihres neuen Herrn sie als dessen Eigentum auswies, auf dessen Plantage Arbeits- und Lebensbedingungen von unvorstellbarer Härte

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