Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)
Irlands in Arbeit und Brot setzen und für den Wohlstand, die Sicherheit und Unabhängigkeit dieser Königreiche von größerer Bedeutung sind und es noch auf Jahrhunderte hinaus bleiben werden.»[ 20 ]
Doch kaum war der Friede geschlossen, sahen sich all jene in England getäuscht, die sich vom Ende der direkten französischen Bedrohung der eigenen Kolonien eine Reduzierung des kostspieligen militärischen Engagements in Nordamerika erhofft hatten. Dabei waren es nicht die neuen Untertanen im Gebiet des ehemaligen Nouvelle France, die Schwierigkeiten bereiteten, sondern die eigenen Siedler. Diese sahen sich nun nicht länger durch französische Forts in ihrem Drang nach Westen gehemmt, zumal ein großer Teil der Kolonien, wie z.B. Virginia, South Carolina und Georgia, auf der Grundlage ihrer Charters eine offene Westgrenze für sich beanspruchten. Damit waren Konflikte mit den östlich des Mississippi ansässigen Indianerstämmen vorprogrammiert, die sich nun der Möglichkeit, gegebenenfalls mit den Franzosen gegen die englischen Eindringlinge zu paktieren, beraubt sahen und daraufhin unter der Führung des Ottawa-Häuptlings Pontiac den bislang größten und umfassendsten Versuch unternahmen, einem weiteren Vordringen der Engländer in ihre Jagdgründe Einhalt zu gebieten. Was Engländer und Amerikaner abschätzig als «Pontiac’s Rebellion» bezeichneten, stellte sie in Wahrheit vor erhebliche militärische und politische Probleme. Zunächst konnten sich nur wenige Forts vor dem Ansturm der Indianer behaupten, wobei Detroit eine sechsmonatige Belagerung zu überstehen hatte. Es dauerte zwei Jahre bis zur vollständigen Niederwerfung des Gegners, und da abermals englische Truppen und nicht die Milizen der Kolonien die Hauptlast des Krieges getragen hatten, trachteten die Briten fortan danach, dergleichen Konflikte tunlichst zu vermeiden. Bereits im Oktober 1763 erklärte die Regierung alles Land westlich der Wasserscheide der Alleghenies und Appalachen zum Indianerterritorium, in dem Kolonisten nicht siedeln durften. Doch die Amerikaner ignorierten diese Grenze und erzwangen damit, daß diese bereits 1768 weiter nach Westen verlegt wurde. Hier nun traten englische wie auch einheimische Landspekulanten in einen erbitterten Konkurrenzkampf, und zugleich sah der indianische Stamm der Shawnees seine Jagdgebiete bedroht. Schließlich verschärfte die Québec Act von 1774, mit der die Verwaltung des ehemals französischen Kanada geregelt wurde, die Situation zusätzlich. Mit ihr wurde nämlich das Gebiet zwischen Ohio und Mississippi der neuen Provinz Québec zugeschlagen und Virginias Ansprüche auf diese Region durchkreuzt. Hier zeichnete sich erstmals eine Situation ab, die vor allem im 19. Jahrhundert nachgerade typisch für die Expansion des Empire werden sollte: der Widerstreit zwischen den politischen Zielsetzungen der Reichsregierung, die vorwiegend auf Konfliktvermeidung ausgerichtet waren, und denen der Siedler, der ‹men on the spot›, deren Expansionsdrang die Grenze in eine ‹turbulent frontier› verwandelte.
Die Differenzen zwischen Großbritannien und seinen amerikanischen Kolonien, die aus solcher verstärkter Kontrolle der Westgrenze durch die Londoner Zentrale herrührten, waren jedoch für den Fortgang der Ereignisse von geringer Bedeutung im Vergleich zu den allgemeinen Konsequenzen, die London aus ‹Pontiac’s Rebellion› zog. Dieser Indianerkrieg hatte gezeigt, daß auch nach dem Sieg über die Franzosen nur eine starke militärische Präsenz des Mutterlandes vor Ort weiterhin die Sicherheit der Kolonien gewährleisten könne. Denn im Zeichen einer neuen Empire-Politik, die nicht nur an der Handelsbilanz orientiert war, sondern die Regierung in der Verantwortung für den unversehrten territorialen Bestand des Kolonialreichs sah, bedeutete ein verstärktes politisches Engagement in den Kolonien zugleich auch die Fortdauer der Verpflichtung zu deren militärischem Schutz. Für deren Umsetzung in die Praxis mußte sich daher die Frage stellen: Wer trägt die Kosten für Truppenstationierung und Zivilverwaltung? Bereits 1748 hatten dafür 70.000 Pfund im Jahr aufgewendet werden müssen, und dieser Betrag stieg nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges auf 350.000 Pfund. Es war dies eine enorme Summe, besonders angesichts der gleichzeitig auf 130 Mio. Pfund angewachsenen Staatsschuld, für deren Zinsen und Tilgung acht Millionen Briten mittlerweile im europäischen Vergleich die höchsten
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