Das Bronze-Bataillon
»Mindestens ein direkter Treffer, Sir! Sie verliert Luft!«
»Verstanden«, erwiderte Krasnitskv. »Wie sieht's bei den Computern aus?«
»Jämmerlich, Sir!«, gab Segedin knapp zurück. »Ich musste die Ressourcen auf die Verteidigungssysteme umleiten. Die meisten Vögelchen fliegen ab jetzt allein.«
»Na ja, bald ist es ja vorbei«, meinte der Captain dann, gerade als eine neue Salve Saint-Geschosse das Schiff erschütterte. »So oder so.«
Kapitel 10
Roger umklammerte die Armlehnen des Kommandosessels, als eine weitere Erschütterung das Shuttle zittern ließ wie ein Segel im Wind.
»Das«, merkte er ruhig an, »macht gar keinen Spaß.«
»Hmmm«, erwiderte Pahner nichtssagend. »Werft doch mal einen Blick auf den Laderaum-Monitor!«
Der Prinz fand die entsprechenden Instrumente, drückte einige Tasten und aktivierte die Videoüberwachung im Laderaum. Was er dort zu sehen bekam, überraschte ihn: die meisten Soldaten schliefen, und die wenigen, die noch wach waren, vertrieben sich die Zeit mit den verschiedensten Freizeitaktivitäten.
Zwei schienen mit Computern gegeneinander zu spielen. Andere spielten Karten, mit richtigen, echten Karten, oder sie lasen. Einer hatte sogar ein echtes, altmodisches Buch dabei, es wirkte schon beträchtlich zerlesen. Roger schwenkte den Blick und schaute, ob er irgendjemanden wiedererkannte – und dann bemerkte er, dass er die Namen von höchstens drei oder vier Soldaten dieser ganzen Kompanie kannte.
Poertena schlief, den Kopf zurückgelegt, den Mund weit geöffnet.
Gunnery Sergeant Jin, der dunkelhäutige, breitschultrige Koreaner, der den Dritten Zug anführte, hielt ein Pad in der Hand und las darauf langsam einen längeren Text. Roger vergrößerte den Bildausschnitt und musste überrascht feststellen, dass der NGO einen Roman las. Aus irgendeinem Grund hatte Roger erwartet, es müsse eine Dienstvorschrift oder etwas Vergleichbares sein, und nun vergrößerte er neugierig den Bildausschnitt noch weiter, um dem Sergeant beim Lesen sozusagen über die Schulter zu schauen. Was er dann zu sehen bekam, hatte er nun wirklich überhaupt nicht erwartet: Der Sergeant las einen recht drastisch geschriebenen Homosexuellen-Liebesroman. Der Prinz schnaubte, schwenkte dann die Kameras seitwärts und verminderte die Vergrößerung. Der Geschmack des Sergeants ging allein diesen Sergeant etwas an.
Wie von allein blieb die Kamera auf dem Gesicht des weiblichen Sergeants hängen, die ihn abgeholt hatte, als ihm gerade seine Panzerrüstung angelegt werden sollte. Sie hatte das Gesicht eines Engels: hohe Wangenknochen und ein spitzes Kinn, dazu auffallend volle Lippen. Als ›hübsch‹ hätte man dieses Gesicht kaum bezeichnen können, wohl aber als ›schön‹ oder ›attraktiv‹. Auch sie las ein Pad, und aus irgendeinem Grund, von dem er nicht wusste, ob er ihn gerne jemand anderem erklärt hätte, suchte er nach einer Überwachungskamera, die es ihm ermöglichen würde, auch ihr über die Schulter zu schauen. Als er diese gefunden hatte, schwenkte er die Kamera hinunter und war plötzlich regelrecht erleichtert – warum allerdings er so erleichtert darüber war, dass sie die bekannten Fakten über Marduk studierte, war etwas, worüber er selbst lieber nicht genauer nachdenken wollte.
Dann schaltete er wieder auf den anderen Monitor zurück und vergrößerte einen Ausschnitt des Chamäleon-Anzugs dieses Sergeants. Da war es! Auf der rechten … Brust. Despreaux. Ein schöner Name.
»Sergeant Despreaux«, sagte Pahner trocken, und der Prinz schlug regelrecht gegen den Trackball und schwenkte den Monitor von ihrem Namensschild fort.
»Ja. Die habe ich wiedererkannt – die ist hereingeplatzt, als mir die Rüstung angepasst wurde«, erläuterte er eilends. »Mit ist gerade eben erst klar geworden, von wie wenigen dieser Gardesoldaten ich den Namen kenne.« Er räusperte sich unbehaglich und war aus irgendeinem Grund dankbar, dass der Captain in diesem Moment sein Gesicht nicht sehen konnte.
»Ist nichts falsches daran, wenn Ihr deren Namen kennen lernt«, kommentierte Pahner ruhig. »Aber Ihr solltet auch deren Einstellungen kennen lernen«, fuhr er dann fort, als eine weitere Salve das Schiff erfasste.
»Wir haben gerade die Graser Vier und Neun verloren, dazu Rohr Drei. Bei den Abwehrgeschossen sind wir auf fünfundzwanzig Prozent runter. Bei den Laserclustern noch mehr«, erläuterte Commander Talcott. Er machte sich nicht die Mühe hinzuzufügen, dass der Rumpf der
Weitere Kostenlose Bücher